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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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schlecht einer Autorität unterordnen«, sagte er. »Ein hässlicher Charakterzug, den wir nicht unterstützen sollten.«
    »Ich möchte gerne für NationalColor arbeiten«, sagte ich. »Für meine Bewerbung brauche ich Ihr Einverständnis.«
    »Unmöglich«, antwortete von der Malve beleidigt. »Amaranth ist der schlechteste Rot-Sortierer, den wir je hatten, und da sich Hoch-Safran als Flop erwiesen hat, brauchen wir Sie im Pavillon, um auch nur den Hauch einer Chance zu haben, die Zielvorgaben für die Farbrestesammlung zu erfüllen.«
    »Und wenn ich Ost-Karmin zur Löffelhauptstadt des Kollektivs mache?«
    »Wir dürfen keine Löffel herstellen«, antwortete er barsch. »Das ist verboten.«
    »Und wenn ich die Regeln umgehe ? Stellen Sie sich vor, welcher Reichtum durch so ein Schlupfloch der Gemeinschaft beschert würde.«
    Von der Malve starrte mich ungläubig an. Ob es ihm passte oder nicht, ich war jetzt erwachsen und mit sechsundachtzig Prozent fast ein Ebenbürtiger.
    »Reden Sie weiter.«
    Ich zeigte ihm das Gerät, das in meinem Gesäß gesteckt hatte, als ich in den Yateveobaum gestoßen worden war. Es war kein Löffel im eigentlichen Sinn, aber auch keine Gabel. Es hatte eine löffelähnliche hohle Schaufel, in die vorne drei Gabelzinken geschlitzt waren. Ich übergab es von der Malve, der es genau untersuchte.
    »Ich nenne es einen Göffel«, sagte ich.
    »Genial!«, rief Violetta, die den Anschein einer starken und fürsorglichen Ehegemeinschaft vermitteln wollte und fest entschlossen war, gleich zu Anfang zu dokumentieren, wie sie sich die Fortsetzung vorstellte. »Wie bist du nur auf diesen großartigen Namen gekommen?«
    »Er ist auf der Rückseite eingeritzt.«
    »Oh.«
    Von der Malve drehte das Instrument in den Händen. Es war etwas verrostet, weil es im feuchten Bauminnern gelegen hatte, aber es hatte keinen Schaden erlitten.
    »Bei den überschüssigen Produktionskapazitäten in der Linoleumfabrik könnten wir die am laufenden Band herstellen. Zu Tausenden«, sagte ich. »Nächstes Jahr wären wir in vollem Umfang ans Farbversorgungsnetz angeschlossen, und in drei Jahren könnten wir die Gute-Laune-Messe ausrichten.«
    Der Oberpräfekt nickte still vor sich hin.
    »Ich gebe Ihnen recht. Wenn die anderen Präfekten einverstanden sind, starten wir zur Begutachtung der Regelkonformität eine Versuchsreihe mit Ihrem Göffel. Falls sie positiv beschieden wird, bekommen Sie mein Einverständnis für die Bewerbung bei NationalColor.«
    Das Ehe-Geschäft wurde abgeschlossen, und dass ich Violetta nicht vor allen Leuten küsste, obwohl es von mir erwartet wurde, verursachte nur geringe Missstimmung. Ich war immer noch eine gute Partie, obwohl die Ehe der reinste Schwindel war. Zum Schluss der Besprechung wurde ein Datum für unsere Hochzeit festgesetzt, morgen früh um zehn Uhr, danach eine Flitterwoche im Purpur Regis, auf Kosten derer von der Malve. Auch die Frage des Familiennamens wurde besprochen, und man einigte sich darauf, dass ich meinen Namen aufgeben, das Kind aber Russett als zweiten Namen erhalten sollte. Es gab noch andere knifflige Dinge zu klären, doch nichts wirklich Beschwerliches – oder jedenfalls erschien es mir nicht beschwerlich, aber immerhin war meine Braut Violetta, da wusste man nie.

Opfer
    1. 1.01.0.008: Das Kollektiv verlangt von seinen Einwohnern Opfer zum Wohl der Gemeinschaft
    Eine halbe Stunde später ging ich zum Bahnhof, um mich von Imogen und Dorian am Zug zu verabschieden. Amaranth und von der Malve hatten bis zuletzt noch fieberhaft nach irgendeiner Regel gesucht, die ihnen das Recht gegeben hätte, die beiden aufzuhalten, aber sie konnten nichts ausrichten. Die Verliebten hatten ihre Betten gemacht, ihre Wäsche gewaschen und sogar die Hausaufgaben erledigt, die noch aus ihrer Schulzeit übriggeblieben waren. Bertie Magenta tobte vor Wut, nicht nur, weil ihm Imogen und der Abend ›zur Probe‹ flöten gegangen waren. Anscheinend hatte er auch seine Fahrkarte zur ›sicheren Aufbewahrung‹ abgegeben und von seinem Vater die Strafe aufgebrummt bekommen, sich »seine Heimfahrt zu verdienen«.
    Auch Fandango war wütend, und während sich vor Imogens und Dorians Zugabteil eine kleine Menschenmenge versammelte, die teils aus Gratulanten, teils aus Gegnern bestand, ging ich zu dem Colormann, um ihm gute Reise zu wünschen.
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte er. »Sie haben von der Malve dazu gebracht, Sie zum Eingangsexamen für NationalColor zuzulassen, wie ich

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