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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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nicht irgendeinen Purpurnen, der ein bisschen niederfarbwertig ist, aber Geld wie Heu hat? Es haben sich schon einige Interessenten gemeldet, aber wirklich ernstzunehmende Kandidaten waren nicht darunter, hauptsächlich untergeordnete Fliederlilane, die mit Sprungziegen bezahlen wollten.«
    Mir fiel gleich Bertie Magenta ein. Seine klügere, ältere und etwas stärker purpurrezeptive Schwester würde die Synthetische Pigment-Anreicherungsfabrik und die Oberpräfektur des Alten Magenta erben. Bertie hatte bei seinem Ishihara im vergangenen Jahr nur klägliche dreiundfünfzig Prozent Purpur erreicht, und sein Gehirn hatte die Größe einer Saubohne. Dennoch, allein dank seines Farbrangs wäre ihm ein sehr bequemes Leben vergönnt. Wenn seine Schwester woandershin heiratete und sich kein farbhöherwertiger Purpurner fand, könnte er es sogar bis zum Oberpräfekten bringen – ein Gedanke, bei dem einem gruseln konnte.
    »Muss er unbedingt klug sein?«, fragte ich.
    »Solange er das nötige Geld hat, ist mir das egal.«
    »Ich kenne da jemanden«, sagte ich. »Nicht gerade der Allerhellste, manche würden sogar sagen, sein Verstand kommt dem eines Erdwürmchens gleich. Aber sein Vater ist Oberpräfekt.«
    »Passt doch perfekt!«, sagte Carlos grinsend. »Zwei Prozent Finderlohn für dich.«
    »Und was sagt Imogen dazu?«
    »Sie tut das, was wir für richtig halten«, antwortete Fandango in einem Ton, der mir überhaupt nicht behagte. »Außerdem wird ein Verlöbnis eine andere unpassende Bindung, die sie eingegangen ist, beenden. Würdest du ein Telegramm an deinen Freund aufsetzen und ihm Imogens sagenhafte Eigenschaften anpreisen? Nebenbei kannst du erwähnen, dass sie bereit ist, jedem ernsthaften Interessenten einen Probeabend anzubieten. Sobald ich dazu komme, besorge ich dir ein Foto und eine Liste ihrer Tugenden.«
    Er deutete mein Schweigen als Zustimmung und klopfte mir auf die Schulter. Ich war mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, er hatte soeben angeboten, seine eigene Tochter für ein bisschen DasEine an Bertie zu vermitteln, einen niederfarbwertigen Geldsack, den er überhaupt nicht kannte. Ich schüttelte den Kopf. Unmöglich! Er musste einen Probeabend mit einem Essen oder etwas anderem gemeint haben.
    »Fünfundvierzig Kilometer«, verkündete Fandango bekümmert, als wir vor dem Metallgatter in der Mauer hielten, um uns frisch zu machen und unsere Farbabzeichen wieder anzustecken. »Wenn wir weiter so viel rumfahren, ist der Ford in zwei Jahrhunderten ein Wrack.«

Lucy, Violetta und Daisy
    5.1.02.12.023 : Das Amt des Kustos steht unter der Bedingung, dass alle Gemälde, Skulpturen und andere Kunstwerke jedem Bewohner auf Verlangen gezeigt werden müssen.
    Die Ankunft des Colormanns hatte sich schnell herumgesprochen. Ich begleitete ihn zu uns nach Hause, und als wir ankamen, hatte sich eine Schar gaffender Dorfbewohner versammelt, die nicht nur Seine Farbenprächtigkeit anstarrten, sondern auch die Gangschaltung an seinem Fahrrad und den mit Farbspritzern übersäten Overall. In der relativen Ödnis von Ost-Karmin stellte der Mann einen Hoffnungsschimmer dar, ein Beispiel dafür, wie farbenfroh die Welt aussah, wenn man sich nur genug Pigmente leisten konnte und Zeit und Gelegenheit hatte, Altfarben zu sammeln.
    Ich brachte ihn nach oben auf sein Zimmer. »Sie sind anscheinend sehr beliebt«, sagte ich.
    »Die Leute sind eher von NationalColor fasziniert«, wiegelte er ab. »Es gibt welche, die stellen die unmöglichsten Dinge an, nur um an eine schön gefärbte Orchidee zu kommen. Interessieren Sie sich für Farben?«
    »Meine Senffarbentönung wurde letztes Jahr auf der Gute-Laune-Messe bester Zweitplatzierter.« Ich freute mich über die Gelegenheit, mal mit meinen Verdiensten zu prahlen. »Ich hatte mich für eine dunklere Schattierung von 33–71–67 entschieden.«
    »Hm«, sagte der Colormann, der sich die Farbe im Geist vorzustellen vermochte. »Nicht schlecht. Welche Farbe würden wir nehmen, um eine Schlüsselblume zu bemalen?«
    »62–62–98, Sir.«
    »Und für eine Möhre?«
    »31–87–97.«
    Er war beeindruckt.
    »Sie kennen sich aus mit Farben, was?«
    »Mein Lehrer war ein ehemaliger Mixer«, erklärte ich. »Greg Scarlet.«
    »Dem bin ich ein, zwei Mal begegnet«, sagte der Colormann nachdenklich. »Feiner Kerl. Sie und ich sollten in Kontakt bleiben. Binden Sie mir die Schnürsenkel auf, und ziehen Sie mir die Schuhe aus, ja? Und hier, meine Wäsche – ach, und bitte nennen Sie

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