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Graue Schatten

Graue Schatten

Titel: Graue Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Nimtsch
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der gleichen Richtung: „Hilfe!“, dann „Nein!“ und „Mörder!“
    „Das hört sich nicht gut an“, bemerkte Strobe.
    Schell lief ein paar Schritte zurück und riss die nächste Tür auf. Im Zimmer standen zwei frischgemachte Betten.
    „Hilfe!“, dröhnte es wieder langgezogen und verzweifelt.
    Es kam aus dem Bad! Schell öffnete die Tür. Auch Strobe war inzwischen hinter ihm und sah vor einer Hightech-Badewanne einen nackten Hünen auf einem Haufen Kleidungsstücken und Windeln stehen. An einem Arm hielt ihn der Pfleger mit der Birkenstatur, am anderen eine recht stämmige Pflegerin fest. Der Pfleger war sicher einen Meter neunzig groß, doch der nackte Alte überragt ihn noch um einige Zentimeter.
    „Alles klar bei Ihnen?“, fragte Schell.
    „Helft mir! Die Mörder! Die bringen mich um!“, fing der Riese zugleich wieder an ohrenbetäubend zu schreien.
    „Die sind von der Polizei“, entgegnete die kräftige Pflegerin gelassen. „Wenn Sie nicht sofort in die Wanne steigen, nehmen die Sie gleich mit, Herr Eiche.“ Der Pfleger war damit beschäftigt, mit zwei Händen Herrn Eiches rechten Arm festzuhalten.
    „Sorry, wir haben das Geschrei gehört ...“, entschuldigte sich Schell bevor er die Tür eilig von draußen schloss. Er sah jetzt richtig weiß aus. „Ich muss kotzen“, stöhnte er. Auch Strobe wedelte sich mit der Hand vermeintliche Frischluft zu. Die Hauptursache des momentanen Luftzustandes in diesem Teil der Station war geklärt.
    „Hast du gesehen, wie die Kleider auf dem Boden aussahen?“, fragte Strobe ein bisschen schadenfroh.
    Schell lief ohne zu antworten zum Aufenthaltsbereich und riss dort ein Fenster auf. Strobe fürchtete schon, sein Bub würde aus dem Fenster reihern. Es drang aber kein entsprechendes Geräusch um die Ecke herum zu ihm. Als er ebenfalls am Aufenthaltsraum anlangte, sah er Schell sich am Fensterrahmen festhalten und tief durchatmen. Kalte Luft drang herein.
    „Zu!“, schrie eine der Bewohnerinnen, die an den Tischen saßen.
    „Das tut gut“, lächelte eine andere.
    Schell schloss das Fenster.
    „Geht's wieder?“, fragte Strobe.
    Schell nickte und schüttelte gleich darauf den Kopf: „Wie man das aushalten kann.“
    „Indem man nachts vor zwei Uhr ins Bett geht und weniger als zehn Pils trinkt. Oder waren's gestern Abend Caipirinha?“
    Frau Blanck stand noch am selben Platz ein Stück weg vom Aufenthaltsraum. Sie schob ihrer Mutter, die in schwindelerregender Schräglage über der Armlehne des Rollsessels hing, nun kleine Apfelstücke in den Mund. Als die Beamten auf sie zu kamen, begrüßte sie die beiden mit den Worten: „Herr Eiche sorgt wieder mal für Stimmung hier oben, was?“
    „Eine wahre Stimmungskanone der Mann“, antwortete Strobe. Dann stellte er sich und seinen Kollegen vor.
    „Ach deshalb ...“, fing sie an, beendete aber den Satz nicht. Sie schien zu überlegen, was man der Kriminalpolizei gegenüber wohl besser für sich behielt.
    Strobe fragte, ob sie wisse, warum sie hier seien.
    „Na, wegen dem Unglück mit der neuen Bewohnerin, am Donnerstag, denke ich doch?“
    „Das ist zum Teil richtig“, sagte Strobe. Sie schien weniger zu wissen, als sie ihrem Ruf schuldete. Oder sie sagte nicht alles, was sie wusste.
    „Es geht auch darum“, erklärte er, „dass es einen anonymen Anruf bei der Polizei gegeben hat, bei dem ein oder mehrere Mitarbeiter beschuldigt wurden, sich Bewohnern gegenüber, vorsichtig ausgedrückt, nicht ganz korrekt verhalten zu haben. Dem müssen wir nachgehen und deshalb befragen wir Bewohner, Mitarbeiter und Angehörige. Sie haben von diesem Anruf nichts mitbekommen?“
    Doch, das hatte sie schon. Aber nur so „ungefähr“.
    Strobe arbeitete seinen üblichen Fragekatalog ab, bis er auch von ihr die Bestätigung hatte, dass es im Haus keine Pflegekräfte gab, die aggressiv waren oder sich irgendwie verdächtig verhielten. Wer so etwas behaupten könne, wusste sie auch nicht zu erklären. Auf jeden Fall habe die oder derjenige keine Ahnung davon, wie schwer die Arbeit hier sei.
    Dann fragte er, ob ihr am letzten Sonntag jemand hier aufgefallen sei, den sie vorher noch nie gesehen habe.
    „Natürlich. Der hübsche junge Mann. Schwester Larissa war ja vorhin ganz aufgeregt, als ich ihr das erzählt hab. Sie hat mir aber nicht verraten, ob sie ihn auch kennt ... Komm Muttile, vergiss nicht zu kauen, ein Stückle noch.“ Sie schob der Frau im Rollstuhl eine weitere Apfelscheibe in den Mund.
    „Ich weiß

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