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Graue Schatten

Graue Schatten

Titel: Graue Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Nimtsch
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wieder an zu labern.
    „Die Frau hat Sie geschlagen! Das haben Sie ins Dokumentationssystem eingetragen. Jeder wäre da wütend geworden. Sie wollen doch nicht behaupten, dass Sie in dem Moment ruhig geblieben sind.“
    „Wer sich bei dem Job nicht unter Kontrolle hat, kann gleich aufhören. Außerdem, Leute in dem Alter kriegen nun mal leicht ein Hämatom. Vielleicht ist sie ausgerutscht, als Anna sie zum Klo führen wollte, und hat sich an der Tischkante gestoßen“, sagte Kevin spontan und bereute es sofort.
    „Woher wissen Sie, dass sie an eine Kante gestoßen ist?“
    „Ich weiß es nicht!“, sprach er, und ich sage jetzt gar nichts mehr, dachte er. Woher er das wisse? Hatte Stur nicht so was gemeint? Er hatte das wohl mitgehört. Das wollten sie doch nur, dass er spontan antwortete, statt konzentriert zu versuchen, sich zu erinnern. Er nahm sich vor, von nun an Lockes Rat für solche Situationen zu befolgen, und sein Recht auf Schweigen in Anspruch zu nehmen. Eigentlich hatte er ja schon detailliert beschrieben, wie der Donnerstagmorgen abgelaufen war.
    Während Kevin überlegte, was ein Rechtsanwalt wohl für ein Erstgespräch verlangen würde, wechselten die Bullen das Thema. Es ging nun um die vorletzte Tat, wie sie es nannten, den heimtückischen Mord an Frau Sausele. In dem Fall seien die Indizien, die gegen ihn sprächen, noch erdrückender. Der alte, weniger aufgeregte Bulle zählte Kevin noch einmal die ganzen Punkte auf, die gegen ihn sprachen. Als er behauptete, dass ein Geständnis hier das Strafmaß auf vielleicht zehn Jahre Haft verringern könnte, warf Kevin seinen Vorsatz zu schweigen spontan über den Haufen.
    „Das Ganze ist absurd. Jemand will mir was anhängen!“ Kevin wurde klar, dass das überhaupt die einzige sinnvolle Erklärung für den Schlamassel war, in dem er steckte.
    „Wer?“
    „Was weiß ich ...“, lautete Kevins kurze Antwort. Er hätte ja gerne darüber nachgedacht, aber der Jungspund fing schon wieder an zu quaken: „Also noch mal von vorn, was haben Sie zum Todeszeitpunkt von Frau Sausele gemacht, Sonntagnacht gegen zwei Uhr?“
    „Geschlafen! Wie ich schon sagte, ich habe mein Recht auf eine Ruhepause wahrgenommen.“
    „Warum haben Sie dann nicht der Nachtschwester im zweiten Stock Bescheid gesagt, so wie das üblich war?“
    Kevin musste schlucken. Es schmerzte. Er merkte, dass sein Hals ausgetrocknet war. Lydia hatten sie also auch verhört ...
    „Könnte ich ein Glas Wasser haben?“, fragte er.
    Der Alte schenkte Mineralwasser in eine Kaffeetasse ein und schob sie Kevin herüber.
    Kevin trank einen Schluck und antwortete dann: „Ich war so müde, dass ich mich einfach hingehauen habe. Ich dachte, es wird schon niemand klingeln, und wollte auch keine ganze Stunde schlafen.“
    „Es hat aber jemand geklingelt: Frau Sausele! Das hat Sie wütend gemacht. Die Dosis Diazepam, die sie ihr am Abend gespritzt hatten, war nicht hoch genug gewesen. Sie sind in ihr Zimmer gegangen und haben der wehrlosen Frau solange das Kopfkissen aufs Gesicht gedrückt, bis sie nicht mehr geatmet hat. Sie haben Frau Sausele erstickt, Herr Linde!“
    „Wie bitte? Was denn noch?“ Kevin verstand gar nichts mehr. Erst sollte er sie totgespritzt haben, jetzt erstickt. Was kam als Nächstes? Die beiden Bullen starrten ihn an, wollten wohl seine Reaktion sehen. Als Kevin entgeistert schwieg, fing der Alte wieder zu reden an.
    „Okay. Ich erzähle Ihnen jetzt, was uns Frau Hauenstein, die in jener Nacht für die Stationen C und D zuständig war, berichtet hat: Sie unterhielt sich fast eine ganze Stunde im zweiten Stock mit einer Bewohnerin, die nicht schlafen konnte. Die Dame, mit der sie sprach, hat Frau Hauensteins Aussage bestätigt. Sie hat sich noch sehr gut an die Nacht erinnert, weil da ihr Fernseher kaputt ging.
    Frau Hauenstein ging um ein Uhr dreißig in das Zimmer der Bewohnerin, also etwa zu der Zeit, als Sie sich hinlegten. Ein Uhr vierzig schaute Frau Hauenstein wieder auf die Uhr, weil das Lichtsignal für den Schwesternnotruf aufleuchtete. Sie sah auf der Anzeige im Flur, dass der Notruf aus dem ersten Stock kam. Sie ging wieder ins Zimmer der Bewohnerin und unterhielt sich mit ihr bis kurz nach halb drei. Genau zu der Zeit gingen Sie in den zweiten Stock, um Frau Hauenstein über Marta Sauseles Tod zu informieren. Sie begegneten ihr, als sie gerade aus dem Zimmer der Bewohnerin, das war Zimmer 318, herauskam. Können Sie das bestätigen?“
    „Ja, und?“ Warum

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