Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
kann.«
Sie
weinte jetzt hemmungslos. »Natürlich nicht mehr«, sagte sie mit
tränenerstickter Stimme. »Natürlich nicht. Aber meinen Vater muss das sehr beschäftigt
haben. Er war doch Georgs Sohn.«
»Was … «,
Grantner wartete noch einen Moment, »was ist denn damals Schreckliches
passiert?«
Larissa
brauchte ein, zwei Minuten, bis sie sich wieder gefangen hatte. »Er hat einen
Menschen umgebracht.«
Grantner
saß wie versteinert. Er hatte soeben von einem Mord erfahren, der
schätzungsweise mindestens 60 Jahre zurückliegen musste. Das Opfer war längst
zu Staub zerfallen, sofern man es ordnungsgemäß beerdigt hatte.
»Hat
man«, wieder zögerte er, um Larissa nicht unnötig zu belasten, »wurde er jemals
zur Rechenschaft gezogen?«
Larissa
wurde von einem Weinkrampf geschüttelt. »Mutti meint – nein.
Es ist wohl nie aufgekommen. Vati war 24, als sein Vater gestorben ist. 1980
war das.« Wieder wurde Larissa von einem Weinkrampf übermannt. »Georg hat sein
Geheimnis mit ins Grab genommen.«
Nach
einigen weiteren Minuten, während derer Grantner wortlos der Frau gegenüber
saß, hatte sie sich wieder im Griff. »Aber was uns alle sehr betroffen macht,
Herr Chefinspektor, das sind die Umstände, die nach Vatis Tod über uns
hereingebrochen sind.«
Grantner
wartete geduldig auf das, was sie sagen wollte.
»Dass
Mutti angefangen hat, sich für unerklärliche Dinge zu interessieren, hängt
nicht nur mit diesem Inserat nach dem Flugzeugabsturz zusammen, das Sie
inzwischen auch kennen.« Sie wischte sich wieder Tränen aus dem Gesicht. »Nein,
so richtig los ging das, nachdem sie davon überzeugt war, Vati versuche, die
Schuld von seiner Familie zu nehmen, um dem Opfer von damals Ruhe zu
verschaffen und der Gerechtigkeit Genüge zu tun.«
Grantner
lauschte gespannt.
Larissa
atmete schwer. »Es tut mir leid, Herr Chefinspektor, aber ich habe gestern
gelogen«, sagte sie plötzlich, und es schien so, als sei sie froh, dass es
endlich raus war.
Der
Kriminalist bemühte sich, keine Regung zu zeigen. »Das ist nicht schlimm, wenn
man noch rechtzeitig sein Gewissen erleichtert«, zeigte er sich
verständnisvoll.
»Sie
haben mich gefragt, ob ich diese Professorin kennen würde – und
ich habe Nein gesagt. Das stimmt nicht.«
Grantners
Interesse stieg. Er war inzwischen davon überzeugt, dass Larissa beschlossen
hatte, endgültig reinen Tisch zu machen.
»Frau
Platterstein«, fuhr sie entschieden fort, »ist eigentlich schuld daran, dass
wir alle nicht mehr an einen Zufall glauben.«
Grantner
ließ in einer einzigen Sekunde all das Gehörte der vergangenen Stunden durch
sein Gehirn jagen. Doch da gab es nichts, was er mit Larissas Andeutung in
Verbindung bringen konnte.
»Frau Platterstein«, erklärte die junge Frau und
schnäuzte sich, »hat herausgefunden, wen mein Großvater damals umgebracht hat.«
Grantner konnte dies alles noch nicht einordnen.
»Verzeihen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Aber wie, bittschön, ist Frau
Platterstein in dies alles eingebunden?«
Larissa schien erst jetzt bewusst zu werden, dass
Grantner dies nicht wissen konnte. »Frau Platterstein ist meine Tante.«
»Ach«, entfuhr es Grantner, der bisher keinen Moment an
solche Zusammenhänge gedacht hatte. »Ihre Tante?«, wiederholte er ungläubig.
»Die Professorin ist Ihre Tante?«
Er musste schlagartig an deren weitläufige Verwandte
denken, die angeblich von einer Geistheilerin aufgesucht worden war.
»Ja.
Hildtraud ist Vatis Schwester. Ihr Mann ist früh verstorben.«
»Aber
wieso haben Sie uns das verschwiegen?« Grantner hatte Mühe, seine Verärgerung
zu verbergen. »Ich hab Sie doch gestern konkret nach ihr gefragt.«
Larissa
sah verschämt zu Boden. »Sie hat mir’s verboten. Sie wollte nicht, dass bekannt
wurde, dass sie hier ist.«
»Hier
im Hotel?«
»Nein,
nicht hier. Sie wollte nicht, dass man sie in der Gegend sieht.« Larissa sah
ihn treuherzig an. »Sie hat sich ein Wohnmobil gemietet, welches auf dem
Campingplatz steht – drüben in Grän.«
Grantner
spürte, dass er wieder sachlicher werden konnte. »Wann hat sie Ihnen verboten,
uns etwas über sie zu sagen?«
»Gestern.
Das heißt gestern Nacht. Als ich von der Hütte runtergefahren bin, hat sie
unterwegs auf mich gewartet.« Auf ihrem Gesicht war die Andeutung eines
Lächelns zu erkennen. »Was glauben Sie, wie ich mich erschreckt hab. Mitten in
der Nacht, irgendwo da oben im Wald. Sie wollte unbedingt vermeiden, dass man
uns zusammen sieht
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