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Gray Kiss (German Edition)

Gray Kiss (German Edition)

Titel: Gray Kiss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Rowen
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und das werden sie auch nicht.“
    „Ganz bestimmt.“
    „Was willst du noch?“
    „Versuchst du, mit mir zu handeln, Samantha?“ Ein kaltes Lächeln umspielte seine Lippen. „Sind wir so weit gekommen?“ Sein Lächeln erstarb. „Ich weiß, wieso du das machst. Du willst mich aufhalten, damit deine Freunde uns finden können, stimmt’s?“
    „Nein! Ich bin dir ganz allein gefolgt! Niemand hat uns gesehen!“
    Er verlor die Geduld. „Auf Wiedersehen, Samantha.“
    Ich klammerte mich an seinen Arm, riss ihm mit den Fingernägeln die Haut auf. „Du willst einfach abhauen? Einfach so? Dann habe ich mich also doch in dir getäuscht. Du bist ein egoistisches Arschloch!“
    Er wirbelte zu mir herum, packte mich an der Bluse und schleuderte mich weg. Meine Wut verwandelte sich in Furcht. Er hatte nichts mehr zu verlieren. In seiner Miene stand Schmerz geschrieben, endloser Schmerz. „Du hast recht. Ich bin ein egoistisches Arschloch. Aber du hattest auch recht mit Jordan. Ich liebe sie und will ihr nicht wehtun. Für sie ist es besser, wenn ich tot bin. Denn ich hoffe, dass mich die Stase heute Nacht umbringt. Denn wenn das nicht geschieht, weiß ich nicht, in was ich mich verwandele.“
    Er schubste mich noch einmal, sodass ich rücklings hinfiel und mir den Knöchel verdrehte. Während ich noch probierte aufzustehen, rannte er davon.
    Ich wollte ihm hinterherrennen, doch meinen Knöchel durchzuckte ein höllischer brennender Stich. Ich wimmerte laut und hinkte so schnell ich konnte in die Richtung, in die er verschwunden war. Ich kam nur bis zum nächsten Block, wo ich feststellen musste, dass ich ihn verloren hatte.
    Vielleicht starb er heute Nacht an der Stase, und er hatte immer noch meine und Carlys Seele.
    Es war vorbei. Ich hatte versagt.
    „Verdammt“, flüsterte ich. Tränen strömten über meine Wangen, und ich wischte sie wütend weg. Was nützte das schon? Tränen nützten nie etwas.
    „Da bist du ja!“
    Ich schaute nach rechts. Da saß jemand auf dem Bürgersteig. Es war jemand, nach dem ich die ganze Stadt auf den Kopf gestellt hatte, so wie nach Stephen.
    „Seth!“ Ich traute mich nicht, den Blick von ihm abzuwenden, aus Angst, er könnte sofort wieder verschwinden wie ein Geist. Trotzdem hielt ich weiter nach Stephen Ausschau.
    Aber er war weg.
    „Es ist vorbei.“ Ich seufzte laut und hielt nur mühsam die Tränen zurück. Jetzt spürte ich nur noch den Schmerz in meinem Knöchel. Ich ließ mich neben Seth auf den Bordstein sinken.
    „Vorbei? Es hat noch nicht mal angefangen, mein wunderschöner Stern!“ So nannte er mich immer, keine Ahnung, wieso. Eines Tages, wenn es mich wirklich interessierte, würde ich ihn fragen, wieso er mir diesen Spitznamen gegeben hatte. „Einer nach dem anderen werden sie verschwinden, bis keiner mehr übrig ist. Doch das bedeutet nicht, dass es dann vorbei ist. Noch nicht, aber bald.“
    Mir schien, in Sachen Seth hatte sich nicht viel verändert. Der gefallene Engel klang immer halb wie ein obdachloser Penner, halb wie Yoda aus Krieg der Sterne . Ich wusste, dass er Dinge sah, wichtige Dinge. Er hatte Visionen, so ähnlich wie ich manchmal. Und im Kern besaß alles, was Seth mir sagte, eine große Wichtigkeit.
    Vorbei? Es hat noch nicht mal angefangen .
    Okay. Gut zu wissen, dachte ich.
    Einer nach dem anderen werden sie verschwinden .
    Die Grays? Dank der Stase verschwanden sie. Aber auch dank der nächtlichen Patrouillen und Bishops glänzendem Dolch.
    Bis keiner mehr übrig ist .
    Ich kriegte eine Gänsehaut. Die verborgene Botschaft war leicht zu verstehen.
    Seth sah aus wie beim letzten Mal, als wir uns begegnet waren. Sein Alter war undefinierbar, irgendwas zwischen dreißig und fünfzig. Er hatte dunkle Haare, einen zotteligen, dunklen Bart und schwarze Augenbrauen. Unkoordiniert zuckende braune Augen. Er hatte kaum Fältchen um die Augen, also war er vielleicht am Ende doch jünger, als ich ihn schätzte.
    Allerdings war diesmal etwas anders an ihm.
    „Was ist das?“, fragte ich ihn.
    Er betrachtete seine Arme. Die Ärmel waren hochgekrempelt, und auf seiner Haut sah man feine Linien, fast wie Tattoos. Er zog die Ärmel herunter, weil er sie verbergen wollte.
    „Kommt alles im Paket“, klärte er mich auf. „Und von der Gegend, wie ich festgestellt habe. Hübsch, findest du nicht?“
    Nicht wirklich, aber diesen Kommentar sparte ich mir. Vielleicht bekamen Engel und Dämonen ja solche Linien, wenn sie lange genug in der Menschenwelt

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