Gray Kiss (German Edition)
…“
„Das hättest du mir sofort erzählen müssen, nicht erst heute!“
Sie fuhr bei seinen harschen Worten zusammen. „Sie wollte, dass wir sie in Ruhe lassen. Ich dachte nicht …“
„Genau. Du dachtest nicht.“ Er hielt sich die Hände über die Augen und krümmte sich. „Nicht denken … Ich kann nicht denken. Ich kriege es nicht zusammen. In meinem Kopf herrscht so ein großes Durcheinander.“
„Komm schon, Bishop“, munterte Zach ihn auf. „Du bist stark. Du schaffst das. Wir glauben an dich.“
Bishop schnaubte verächtlich, als er das hörte. Trocken, humorlos - wie sein Bruder. „Diese Seele.“ Er nahm die Hände vom Gesicht und krallte seine Hand in sein T-Shirt. „Sie zerstört alles.“
„Dann bearbeite dich doch wieder mit dem Dolch“, schlug Kraven vor. Er stand am weitesten weg, lässig gegen die Glastür eines Gebäudes gelehnt. „Wenn du jemanden brauchst, der dir das Messer führt: Ich gehe gerne zur Hand.“
„Warum sagst du so etwas?“, fuhr Connor ihn an. Für denjenigen von ihnen, der sonst immer nur Scherze machte, hörte er sich reichlich angepisst an.
Kraven zuckte mit den Schultern. „Jetzt bleib mal locker, Alter.“
„Das hilft nicht mehr. Nichts hilft mehr. Nur … sie.“ Bishop ballte die Hände zu Fäusten und schaute seinen Bruder wütend an.
Kraven zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Wieso wirfst du mir deinen Todesblick zu? Was kann ich dafür, dass sich das Gray-Mädchen unerlaubt von der Truppe entfernt hat?“
Bishop fluchte, und seine Stimme hatte einen leichten Klang von Wahnsinn, der mir Angst machte. Er verlor eindeutig den Verstand. Und je wirrer er sich anhörte, desto undeutlicher wurde unsere Verbindung, wie bei einem Fernseher mit Störung. „Ich muss sie finden. Ich kann sie allerdings nicht finden, ich spüre sie nicht - nicht wie früher. Wo ist sie nur?“
Vorsichtig kam Cassandra näher und umarmte Bishop. „Wir werden sie finden. Das verspreche ich dir.“
Bishop sah über die Blondine hinweg Roth an, der seinen Blick mit unverhohlener Feindseligkeit erwiderte. Seine Augen glühten rot im Dämmerlicht.
Sehr hilfreich, der Dämon. Am liebsten hätte ich ihm kräftig in den Schritt getreten.
Zach und Connor standen links neben Roth und betrachteten Bishop nervös.
„Was sollen wir tun?“, fragte Zach. „Sag es uns.“
„Helft mir, sie aufzuspüren.“
Zach runzelte die Stirn. „Aber wie?“
Roth stieß einen Seufzer aus. „Es reicht. Wir müssen jetzt Grays jagen. Und falls ihr es vergessen habt: Da ist noch ein anderer Dämon in der Stadt unterwegs, der alles dafür tut, eure lieben kleinen Menschen zu vernichten. Klar?“
Cassandra wurde blass. Sie strich sich mit zitternder Hand durchs Haar. „Er hat recht. Wir müssen uns auf die Mission konzentrieren. Ich gehe mit Roth auf Patrouille. Ihr anderen solltet Samantha suchen.“
Bishop gab zunächst keine Antwort, dann schaute er Cassandra und Roth an. „Gut. Geht jetzt.“
Sie zögerten nicht. Ein letzter suchender Blick des Engels, ein unangenehmes Starren des Dämons, dann rannten die beiden die Straße hinunter und verschwanden hinter der nächsten Ecke.
Es fühlte sich hoffnungslos an, nur zusehen und nichts machen zu können.
Moment! Vielleicht unterschätzte ich meine Fähigkeiten ja! Schließlich war es mir auch gelungen, mich über das kleine Stückchen von Bishops Seele hierher zu transportieren, und zwar gewollt!
Vielleicht konnte ich also auch gewollt mit ihm kommunizieren.
„Bishop!“ Ich schickte seinen Namen durch das hauchdünne silberne Band, das uns verband.
Er führte die Hände zum Kopf und hielt für einen Moment die Luft an.
„Das ist doch lächerlich“, sagte da Kraven. „Reiß dich zusammen. Was sollen wir unternehmen, Boss? Sprich jetzt oder schweige für immer still.“
„Ich habe gerade geglaubt, ich höre …“, flüsterte Bishop. „Nein, das ist unmöglich.“
Ich sah überrascht zu. Hatte er mich wahrgenommen?
„Was ist denn?“, erkundigte sich Zach und kam näher. In seinen grünen Augen spiegelte sich Besorgnis.
„Ich dachte gerade, ich hätte sie gehört. Sie rief nach mir.“
Zach und Connor sahen sich an.
„Bishop!“, rief ich lauter. Mein Herz hämmerte. „Ich bin es. Ich bin hier!“
„Ich bitte dich“, meinte Kraven.
„Ruhe! Ich muss mich konzentrieren! Ich muss meinen Verstand klarkriegen, damit ich weiß, ob das echt ist!“
„Und wie sollen wir das machen?“, erkundigte sich
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