Gray Kiss (German Edition)
beherrschen kann, Jordan. Ich verliere langsam die Kontrolle, und das ängstigt mich.“
Sie trat näher an mich. Bevor ich mich versah, stand auch ich - ihre Seele zog mich unwillkürlich an.
„Du wirst mich nicht küssen“, befahl sie unsicher und streckte die Arme aus, um mich abzuwehren.
„Glaub mir, Jordan. Du bist der letzte Mensch auf der Welt, den ich küssen möchte. Und nicht nur, weil du ein Mädchen bist. Ich bin mir sicher, Stephen würde dich zu gern selbst verwandeln, doch wenn er dich küsst, wird er …“ Ich schluckte. „Wird er dich töten.“
„Stephen …“, flüsterte sie und schauderte zurück. „Hast du schon jemanden geküsst?“
Ich nickte. „Zwei sogar.“
„Und? Hast du jemanden getötet?“, fragte sie atemlos.
„Noch nicht.“
Sie begann zu zittern. „Oh mein Gott. Das darf doch alles nicht wahr sein!“
Ich konnte sie nur noch verschwommen sehen. Jordan ging wieder auf Distanz zu mir, dennoch machte mich der Duft ihrer Seele wahnsinnig. Ich beobachtete sie wie ein Wolf ein kleines, verängstigtes Kaninchen.
Sie versuchte, mutig zu wirken und selbstsicher. „Streng dich einfach, dich zu beherrschen. Du bist stärker als dein Hunger!“
Meine Gedanken wirbelten davon wie der Tornado im Zauberer von Oz . Ich wollte sie fassen, ehe sie alle verschwunden waren. Da fiel mir plötzlich etwas sein. „Warte! Ich war nicht hungrig, solange ich bewusstlos war. Ich habe nur Hunger, wenn ich wach bin!“
Voller Panik starrte sie mich an. „Du willst, dass ich dich k. o. schlage?“
Ich nickte wie von Sinnen. „Ja. Tu es.“
Und dann schien Jordan sich aufzulösen, und alles, was ich sehen konnte, war ihre Seele - verführerisch und glänzend. Die Heilung all meiner Schmerzen, die Antwort auf meine Hungerqualen. Sie griff nach irgendetwas, während ich immer näher auf sie zuschritt. Ich packte ihre Schulter, mit meiner verletzten rechten Hand, und drückte sie an mich.
Sie schrie auf und holte aus.
Ein stumpfer Schmerz durchzuckte meinen Schädel, dann wurde ich bewusstlos.
Mein Schädel dröhnte, als ich das nächste Mal aufwachte. Doch mit dem Schmerz kam eine zittrige Klarheit.
Und mein Hunger war natürlich immer noch da.
„Falls ich dich noch mal schlage, kriegst du eine Gehirnerschütterung“, warnte Jordan mich. „Oder einen Schädelbruch. Oder ein Blutgerinnsel. Oder ein Aneurysma. Oder irgendwas anderes Schlimmes.“
Ich stöhnte und schaute zu ihr rüber. Sie hockte zusammengekauert in der gegenüberliegenden Zimmerecke und hielt den Backstein fest umklammert. „Oder ich bekomme Amnesie und vergesse das alles.“
Der Streifen Tageslicht, der durch das kleine Fenster eindrang, ließ darauf schließen, dass es langsam zu dämmern begann. Ich war also nicht allzu lange bewusstlos gewesen. Eine der Neonröhren an der Decke flackerte, als würde sie bald den Geist aufgeben. Der Raum war gespenstisch erleuchtet.
„Er war nicht noch mal da“, informierte mich Jordan und warf einen verstohlenen Blick auf die Tür.
„Das kommt noch.“
„Aber wann?“
„Sobald es vorbei ist. Wenn du dich verwandelt hast. Wenn ich mich an dir gelabt habe.“ Das klang so übel, wie es war. In einer Ecke entdeckte ich auf einmal eine kleine Überwachungskamera, die mir vorher nicht aufgefallen war. Ich deutete darauf. „Er beobachtet uns.“
Jordan stellte sich vor die Kamera und streckte demonstrativ den Mittelfinger hoch. „Leck mich, Stephen! Ich hasse dich!“
„Ich auch“, murmelte ich. Im nächsten Moment zuckte ich zusammen. „Autsch! Mein Kopf.“
Auf Jordans Miene trat ein entschlossener Ausdruck. Offensichtlich verlieh ihr die Wut auf Stephen zusätzliche Kraft. „Bleib, wo du bist. Oder ich benutze den Stein noch mal.“
Ich schaute sie kurz an. „Nur zu. Aber dir ist schon klar, dass das nur eine zeitweilige Lösung ist. Mein Hunger ist schlimmer als je zuvor. Ich muss bald etwas zu mir nehmen.“
„Aber nicht mich.“
„Ich denke nicht, dass wir eine andere Wahl haben. Wenn ich hier in die Stase verfalle, wird mich der Backstein auch nicht mehr aufhalten.“ Gerne hätte ich mir einen Plan ausgedacht, aber ich war zu müde und zu hungrig, und mir tat alles weh. Ich wollte nicht nachgeben, doch vermutlich würden mich meine Kräfte bald verlassen.
„Was ist mit diesen Engeln und Dämonen, die Stephen erwähnt hat? Kennst du sie?“
„Das kann man so sagen.“
„Wo sind sie?“
„Leider nicht hier.“
Ich wünschte, Bishop würde in
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