Gregor Bd. 5 - Gregor und das Schwert des Kriegers
Schlüssel aus der Tasche ziehen, wenn sie schlief, und ganz kurz hinausspähen. Er musste wissen, was los war. Außerdem könnte der Raum mal ein bisschen frische Luft vertragen. Sie benutzten einen leeren Topf an der Tür als Toilette und es stank nach Kloake.
Während Gregor darauf wartete, dass Nerissa einschlief, probierte er wieder seine Waffen aus. Er hatte immer noch Schmerzen und viel Platz hatte er hier auch nicht, aber es ging. Er schätzte, dass er im Ernstfall ungefähr drei Viertel seiner normalen Leistungskraft hätte, und das gab ihm noch mehr Zuversicht, was seinen Plan anging. Falls vor der Tür ein paar fette Ratten auf ihn warteten, könnte er es mit ihnen aufnehmen.
Als Nerissa endlich einschlief, waren Boots, Hazard und Temp ebenfalls eingenickt. Das war auch besser so, denn Gregor hatte kein gutes Gefühl dabei, den Schlüssel zu klauen. Zu leihen, verbesserte er sich selbst. Und dann lege ich ihn zurück, ehe jemand merkt, dass er überhaupt weg war. Er ging zu Nerissa und nahm ganz vorsichtig den Schlüssel aus ihrer Tasche. So leise er konnte, schlich er zur Tür und steckte ihn ins Schlüsselloch. Er wollte ihn gerade herumdrehen, als er draußen Rufe hörte. Dann Schritte, Kampfgeräusche und den Schrei eines Menschen. Etwas schlug mit solcher Wucht gegen die Tür, dass sie wackelte. Ein Scharren, wieder ein Schlag, und dann durchbohrte eine Rattenklaue genau vor Gregors Gesicht das Holz. Intuitiv ging er einen Schritt zurück und zog die Waffen. Wieder Rufe und Schritte. Ein grauenhafter Gurgellaut von der Ratte. Blut sickerte unter der Tür hindurch. Dann Stille.
Gregor drehte sich um, die anderen waren aufgewacht und starrten ihn verängstigt an. Er zog den Schlüssel aus dem Schloss und reichte ihn Nerissa wortlos. Und freundlicherweise sagte sie nicht »Ich hab es dir ja gesagt«.
Die Sekunden vergingen. Es waren also tatsächlich Ratten im Palast. Vielleicht direkt vor der Tür. Die Rattenkralle hatte ein kleines Guckloch hinterlassen, aber da es im Flur kein Licht gab, konnte Gregor nichts sehen. Seine Sorge wuchs mit jeder Minute. Ratten im Palast. Sie hatten ihn gefunden. Hatten sie auch Lizzie gefunden? Und Luxa? Was war los? Wann kam endlich jemand zu ihnen? Jetzt konnte er wieder kämpfen. Aber wenn er nun wegginge und der Raum mit den Prophezeiungen noch einmal angegriffen würde? Die Tür würde nicht lange halten. Wer sollte dann Boots, Hazard, Temp und Nerissa beschützen?
Jetzt kratzte es an der Tür und Gregor fuhr hoch. Er zielte genau und stieß das Schwert durch das Guckloch.
»Na, immerhin ist mit dir wieder was anzufangen«, hörte er Ripred hinter der Tür sagen. »Macht auf! Der Palast ist sicher!«
Nerissa schloss auf und sie sahen Ripred, der blutbefleckt, aber offenbar unverletzt war.
Fragen über Fragen sprudelten aus Gregor hervor, aber Ripred schnitt ihm das Wort ab. »Viele sind tot, aber alle, an denen dir liegt, atmen noch. Dank deiner Schwester, die den Krallencode geknackt hat, konnten wir die Stadt verteidigen. Wir haben die Nager vertrieben, doch sie werden sich neu formieren und sich um den Fluch scharen. Du wirst jetzt im Kriegszimmer gebraucht, Kleiner.« Er wandte sich an Nerissa. »Ihr anderen bekommt später Anweisungen. Wartet so lange ab.«
Gregor folgte Ripred durch die Flure, wo Kinder in seinem Alter tote Menschen, Ratten und Mäuse auf Bahren legten und wegtrugen. Manchmal brauchte es sechs Kinder, um einen Toten zu tragen. Dafür sind sie zu jung, dachte er. Dann fiel ihm ein, was Luxa und er vor Kurzem getan hatten, und im Vergleich dazu war es fast harmlos. Aber bei ihm war das natürlich etwas anderes. Er hatte die letzten Reste der Kindheit schon vor Monaten hinter sich gelassen. Oder?
Das Kriegszimmer war voller Menschen und Tiere, aber Gregor hatte nur Augen für Luxa. Offenbar hatte sie gekämpft. Ihre Kleider waren sauber, doch sie trug einen Verband um die Stirn. Und jetzt hustete sie auch wieder.
»Du hättest nicht kämpfen dürfen«, sagte Gregor und zupfte ihren Verband zurecht.
»Es geht um mein Zuhause«, sagte Luxa. »Was macht dein Rücken?«
»Bin wieder am Start«, sagte Gregor.
»Ausgezeichnet«, sagte Solovet. »Wir werden in Kürze aufbrechen und die Nager verfolgen.«
»Ich werde nach Aurora schicken lassen«, sagte Luxa.
»Nein, Luxa. Du bist nicht gesund. Und wir brauchen dich hier«, sagte Solovet.
»Du kannst nicht von mir verlangen, dass ich hierbleibe«, sagte Luxa. »Nicht nach dem, was in
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