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Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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nannte ihr ihre Namen, und sie heilte sie. Die Namen der Greifen liefen ihr schmelzend über die Zunge, schmeckten dabei nach Asche und Kupfer und ließen sich unruhig im Hintergrund ihres Denkens nieder. Sie glaubte, dass sie sich für den Rest ihres Lebens an jeden einzelnen Greifen erinnern würde, den sie geheilt hatte, dass sie seinen Namen wie die Zeile eines Gedichtes aufzurufen vermochte.
    Benommen von der Sonne und den machtvollen Namen stellte sie zu guter Letzt erstaunt fest, dass keine weiteren auf ihre Berührung und das heilende Licht warteten. Sie stand im Schatten eines roten Felsens, zu dem Kairaithin sie geführt hatte, und betrachtete ihn in stummer Verwirrung. Der einzige Greif in unmittelbarer Nähe war Opailikiita Sehanaka Kiistaike, und Kes wusste, dass die kleine braune Greifin keine weitere Heilung benötigte.
    »Ruhe jetzt, Kereskiita», schlug Kairaithin vor. Er klang weder sanft noch freundlich. Etwas anderes schwang in der Stimme mit. Nicht wirklich Mitgefühl, aber vielleicht ... eine seltsame Art von Aufmerksamkeit.
    Das schien Kes fürs Erste freundlich genug. Opailikiita rührte sich und öffnete eine ihrer Schwingen teilweise - eine Geste, die einladend wirkte oder etwas Ähnliches ausdrückte. Komm, sagte sie, ein sachtes Streichen über den Rand von Kes' Geist. Auch der Ton dieser Gedankenstimme war einladend.
    Kes hatte gar nicht gewusst, wie tief ihre Erschöpfung reichte, bis ihr die Gelegenheit geboten wurde, sich auszuruhen. Sie antwortete der schmalen braunen Greifin nicht, denn sie glaubte nicht, dass sie noch sinnvolle Worte aneinanderreihen konnte. Doch sie trat auf Opailikiita zu und sank in den Schatten, wo die Hitze eine Spur weniger drückend war. Sie lehnte den Kopf an Opailikiitas gefiedertes Vorderbein, als die Greifin sich drehte, um Kes dieses Kissen anzubieten, und versank sofort in feuerdurchwirkter Dunkelheit.

Kapitel 2
    An einem besonders schönen Morgen im Spätfrühling fand sich Bertaud, der Sohn von Boudan und Fürst des Deltas, auf dem Innenhof des königlichen Winterhauses in Tihannad wieder und sah zu, wie der König von Farabiand die zierlichen Wurzeln junger Lilien auseinanderstrich, um sie ästhetisch möglichst ansprechend in einer Auslageschachtel zu arrangieren. An einem so wunderschönen Morgen wäre Bertaud lieber auf die Jagd gegangen, vielleicht auch mit den Falken, oder hätte lieber im Hofraum in Gesellschaft der Königin und ihrer Damen auf Ziele geschossen, um sich im Applaus der weiblichen Zuschauer zu sonnen. Iaor Safiad wünschte jedoch - vielleicht in übertriebener Zuneigung zu seiner jungen Gemahlin - durch die Gärten seines Winterhauses zu spazieren, die Hände in warme dunkle Erde zu tauchen und mit Blumen herumzuspielen. Bertaud trat von einem Bein aufs andere und bemühte sich, nicht zu seufzen.
    Der König wurde mit der Arbeit an den Lilien fertig und wusch sich in einem Becken die Hände. Er ignorierte das Handtuch, das Bertaud ihm reichte, und schüttelte die Hände in der Luft trocken. Schließlich musterte er Bertaud mit einem Funkeln in den Augen. Der König war nicht ganz so groß wie der Fürst und nicht ganz so dunkel; wenngleich beide Männer viel Zeit im Freien verbrachten, wurde die Haut des Königs in der Sonne eher golden als braun, und die noch von keinerlei Grau gezeichneten dunklen Haare entwickelten sonnengebleichte Strähnen und wurden so fast lohfarben. Äußerlich glich Iaor viel mehr seiner Mutter als dem Vater, der wie ein mächtiger schwarzer Stier wirkte. Als er jedoch Bertaud jetzt von der Seite anblickte und feststellte: »Du langweilst dich«, da ähnelte der spöttische Unterton sehr dem des alten Königs.
    Bertaud zog die Brauen hoch. »Mich langweilen? Wie wäre das möglich?«
    Iaor lachte - sein ganz persönliches Lachen. In seinem Verhalten und seinen Gefühlsregungen zeigte er sich viel weniger zurückhaltend, als sein Vater gewesen war. Zudem enthielt sein Humor eine schelmische Süffisanz, die so ganz anders war als bei seiner Mutter.
    Das Lachen des Königs rührte an unbehaglich tiefe Stellen in Bertauds Herz. Er konnte nichts daran ändern; konnte nicht umhin, Iaor Safiad mehr als jeden anderen Menschen in Farabiand zu bewundern und zu ehren - und, ja, zu lieben. Bertaud hätte ihn niemals beleidigt, indem er behauptete, für ihn das Gleiche zu empfinden wie für seinen Vater. Aber das, was er für einen älteren Bruder empfand - den besten und bewundernswertesten aller älteren Brüder

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