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Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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waren heiß, die Granate selbst für den Tastsinn groß und prächtig. Kes schloss die Hände um die Sandkörner und Edelsteine, öffnete sie wieder und blickte hinab: Geschmolzenes, flüssiges Licht bildete in den Handflächen einen Tümpel. Sie streckte die Hände nach der verwundeten Greifin aus - und stellte ohne jede Überraschung fest, dass die Kreatur unter ihren Händen heil und ganz wurde.
    Die Greifin streckte sich langsam und erhob sich. Dann streckte sie sich erneut, so bedächtig wie eine Katze. Sie führte allerdings keinen Angriff auf Kes aus. Sie legte den Kopf auf die Seite und betrachtete die Heilerin mit undeutbarem Blick, aber ohne Spur von Gewalt. Kes lächelte. Dabei stellte sie fest, dass sich ihr Gesicht starr anfühlte, als läge es lange zurück, dass sie zuletzt gelächelt hatte. Die Greifin sprang auf den roten Felsen, der sie zuvor abgeschirmt hatte, streckte sich in der Sonne aus und zauste das Gefieder mit dem Schnabel, um es wieder in die richtige Lage zu bringen. Sie wirkte dabei in jeder Hinsicht wie ein ganz gewöhnlicher Singvogel im Garten.
    Kes blickte Kairaithin an. Auch er lächelte. Es war kein sanfter Ausdruck in seinem strengen Gesicht, aber er freute sich eindeutig.
    »Komm«, forderte er sie auf und streckte die Hand aus, um ihr den Weg zu weisen.
    »Sie hat gar nicht versucht, mich umzubringen«, sagte Kes zögernd.
    »Sie hätte es nie getan«, behauptete der Greifenmagier, ohne es zu erklären. »Der Nächste wird es aber versuchen, denke ich. Er heißt Raihaisike Saipakale. Er ist leicht reizbar und schämt sich dafür, verletzt worden zu sein. Ich werde dich jedoch schützen.«
    Kes glaubte es ihm. Sie folgte dem Magier um geborstenen Fels und sich ans Leben klammerndes, verdorrtes Gras herum und sann über Wunden nach, die von Pfeil und Speer geschlagen worden waren. Hergestellt aus Eis und Stahl ... und üblem Trachten ... »Wer stellt solche Waffen her?«
    Der Magier bedachte sie mit einem strengen Blick der schwarzen Augen. »Magier.«
    Das war eine Äußerung mit einem außergewöhnlich geringen informativen Gehalt. Kes fragte zögernd: »Kaltmagier? Casmantische Magier?«
    »Ja«, antwortete Kairaithin, äußerte sich aber nicht näher dazu.
    Kes hätte sich gern erkundigt, warum die Kaltmagier aus Casmantium das getan hatten. Aber sie blickte in sein hartes, schmales Gesicht, in die schwarzen Augen voller Feuer und Macht, in den feurigen Schatten mit den dunklen Augen und unruhigen Schwingen auf dem Rücken und brachte nicht recht den Mut auf.
    Raihaisike Saipakale lag auf einem Stück verdörrten Grases, das einst von einer Quelle mit Wasser versorgt worden war. Kes erkannte die Stelle wieder, aber die Quelle war ausgetrocknet. Der zum größten Teil überwachsene graue Fels, aus dem das Wasser gesickert war, ragte rissig und zerbrochen auf, halb von Sandverwehungen zugeschüttet. Es war seltsam und verstörend, eine vertraute Stelle so verändert zu erblicken. Kes ertappte sich bei der Frage, ob sie, wenn sie jetzt heimkehrte, auch ihr Zuhause halb von Wüstensand begraben anträfe - die Gebeine der Pferde vom Wind gepeitscht, Tesme verschwunden. Es war eine grauenhafte Vorstellung. Kes stockte entsetzt und wusste nicht, ob sie glaubte, dies könnte sich als wahr erweisen.
    »Du kannst dich um die Verletzten kümmern; die Stätten der Menschen bleiben von der Wüste verschont«, sagte Kairaithin und betrachtete ihr Gesicht. Seine schwarzen Augen verrieten nichts, was sie mit Mitgefühl in Verbindung gebracht hätte, aber ebenso keinerlei Hinterlist.
    Kes atmete bebend heiße Wüstenluft ein und wandte sich dem nächsten verwundeten Greifen zu.
    Er hatte furchtbare Wunden, die sich über Gesicht, Hals und Brust zogen; sein Blut hatte eine Menge Granate und Karneole im toten Gras verstreut. Kes war überrascht, dass er überhaupt noch lebte. Aber sie war diesmal zuversichtlich, dass sie ihn wieder heil und ganz machen konnte. Sie rief Licht in die eigenen Augen und das eigene Blut; dann verströmte sie es durch die Hände in den Greifen und spürte, wie es sich zu Sehnen und Knochen formte, zu Bronzefedern und lohfarbenem Fell. Der Name des Greifen ging ihr durch den Kopf und gab ihr Einblick in sein wildes, aufbrausendes Temperament. Sie heilte ihn und wurde vom heftigen Aufflammen der Wut, die seine Heilung begleitete, nicht überrascht.
    Zahlreiche verwundete Greifen lagen verstreut in der Umgebung, und der Magier führte Kes zu einem nach dem anderen. Er

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