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Grenzfall (German Edition)

Grenzfall (German Edition)

Titel: Grenzfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kröger
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mich.«
    »Was heißt das denn jetzt? Du weißt genau, dass ich extra die zwei Wochen Urlaub eingeplant habe.«
    »Hmmm. Ja, das mit dem Urlaub ist gut. Dann kannst du Azim nehmen. Ich würde gern noch was zu Ende bringen hier.« Er deutet auf den Laptop.
    »Du schreibst?« Ihre Stimme klingt alarmiert. Angespannt. Nicht nett jedenfalls. »Machst du jetzt doch den Artikel zu Bombay fertig?«
    »Nein.« Warum fällt es ihm bloß so schwer? Als würde er etwas Verbotenes tun. »Volker und Bettina haben mich gebeten –«
    »Volker und Bettina? Du schiebst die beiden vor? Wie billig, Nikolaus.« Ihre Stimme wird scharf. Azim plumpst wieder auf den Hintern. »Du und Mattie, ihr habt den Fall doch überhaupt erst angeschleppt. Bettina hat mich gestern angerufen und mir gesagt, wie toll sie es findet, dass du mit im Boot bist. Und ich wusste nicht mal was davon!«
    Nick ist ruhiger, jetzt wo es raus ist. »Ich wollte es dir heute sagen.«
    »Und unser Urlaub? Ist dir egal?«
    »Nein, Jasmin. Ich dachte, wir könnten vielleicht gucken, ob wir in Kollwitz ein Ferienhaus oder so was finden. Dann könnt ihr an den Strand, und ich kann trotzdem arbeiten. Gibt auch ein Delfinarium da.«
    »Ich gehe prinzipiell in keinen Zoo, das weißt du.« Stimmt ja, sie mag keine eingesperrten Tiere. Der arme Azim wird lange warten müssen, bis er seinen ersten Elefanten in freier Wildbahn sieht. »Und Kollwitz ist echt der allerletzte Ort, wo ich gerade Ferien machen will. Liest du keine Zeitung? Da ist Wahlkampf. Die NPD geht los und rekrutiert Kinder vor einem Supermarkt!«
    »Na ja, Azim ist vielleicht noch ein bisschen klein für so was.«
    »Und was ist mit der radioaktiven Reststrahlung? Dafür ist er nicht zu klein.«
    Nick muss lachen. Jasmin würde jedes Argument heranziehen, um nicht in den ehemaligen Osten zu müssen. »Hat deine Partei nicht immer gesagt, Atomkraft sei sicher?«
    »Du erpresst mich, Nikolaus: entweder Kollwitz oder gar kein Urlaub.« Sie steht auf und geht zu Azim, der gerade ein paar Schritte geschafft hat. Schon hängt er wieder in der Luft. Scheiß-Leben. »Und ich lasse mich nicht gern erpressen. Azim und ich fahren mit dem nächsten Zug nach Kiel zu meinem Vater. Er möchte seinen Enkel kennenlernen.«
    Er kann nichts mehr sagen, so schnell ist sie draußen. Zwanzig Minuten später hört er die Wohnungstür.
    Nick starrt auf den Bildschirm. Seine Gedanken fahren Karussell. Wenn er sich nicht bewegt, wird die Gravitation zu stark.
    Druck im Kopf.
    Er hat noch die Car-Sharing-Karte. Der Wagen steht da, wo er ihn gestern abgestellt hat.
    Gas geben. Die Stadt hinter sich lassen. Es zieht ihn zurück zum Tatort.
    Ein Gedanke, in seinem Hinterkopf gestern. Kurz vor dem Gemetzel auf dem Feld. Die Rehe. Umschalten.
    Richtig. Das neue Spritzenhaus ist ihm aufgefallen. Gleich am Ortseingang von Peltzow, an dem kleinen See. Löschwasser.
    Er stellt den Wagen neben die anderen und geht hinten am Haus vorbei. Ein Tisch mit Holzbänken, direkt am Wasser.
    Bier und Cola. Räucherfisch. Brot.
    Männer und Frauen in Feuerwehr-Kluft sitzen entspannt auf den Bänken oder auf Strohballen. Nick klopft auf den Tisch. »Moin!«
    Der Gruß kommt verhalten zurück. Eine Frau mit blondem Pferdeschwanz nähert sich von rechts.
    »Guten Tag. Ich bin die Wehrführerin, Freiwillige Feuerwehr Peltzow. Dies ist ein Privatgrundstück, keine Badestelle.«
    Nick sieht an sich hinunter und lacht. »Sehe ich aus, als wollte ich baden?«
    Die Frau lächelt. Sie ist mindestens so groß wie er selbst. »Nein.«
    Er öffnet seinen Rucksack und stellt ein paar Flaschen Bier auf den Tisch. Das wird mit Holzklopfen und zustimmendem Gebrumm quittiert, vor allem von den älteren Männern. Und so war es auch gedacht.
    Jemand rückt zur Seite und macht Platz für Nick. Die Blonde setzt sich direkt gegenüber und lässt ihn nicht aus den Augen. Nick entschließt sich, lieber gleich zur Sache zu kommen.
    »War jemand von Ihnen dabei, als 1992 das Feld hinten brannte?«
    Sie wissen sofort, wovon er spricht. Zögernd heben sich zwei, nein, drei Hände. Doch sie sagen nichts, warten ab.
    »Ich hab gestern mit Helmut gesprochen, der die beiden Toten gefunden hat. Oder eher den einen Toten …« Er lässt das mal im Raum stehen und nimmt sich ein Bier.
    »War nicht in Ordnung damals, dass die den Jahn und den anderen freigesprochen haben. Wusste man doch, dass die geschossen haben.« Der kleine Dicke neben ihm sieht kritisch zu, wie er den Verschluss der

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