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Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)

Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)

Titel: Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Freeman
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in der so etwas sich schnell verirren kann, oder?«, erwiderte er ausweichend.
    Meine Gedanken schweiften erneut ab, während darüber diskutiert wurde, ob es besser wäre, einen Diener zu schicken oder Javes selbst gehen zu lassen. Mein Blick glitt zu dem Gobelin zurück, und ich entspannte mich. Das Schimmern musste vom Kerzenlicht erzeugt worden sein, unterstützt durch den Wein, denn der Hirsch sah jetzt vollkommen normal aus. Es war eine herbstliche Szene, und die Blätter der Bäume leuchteten rot, orange und braun, aber der Winter schien vor der Tür zu stehen. Ich konnte ihn spüren, den kalten Nebel unseres Atems, den Duft von Schnee, der aus dem Norden heranzog, das Knirschen meiner Hufe auf den gefrorenen Blättern, über die wir liefen, während uns der Mond den Weg wies. Mein Geweih hoch erhoben, meine Hinterläufe angespannt, als ich mich zum Sprung bereit machte …
    »Hase.«
    Ich blinzelte, drehte mich um und registrierte, dass Jusson und die anderen mich anstarrten. Bertram war neben mich getreten und blickte wie Ryson in meinen Pokal. Bertram schien verwirrt, als er feststellte, dass ich kaum von meinem Wein getrunken hatte.
    »Ja?«, sagte ich gewohnt schlagfertig. In diesem Moment klopfte es zum Glück an die Tür, und die Aufmerksamkeit der Anwesenden einschließlich meiner Person richtete sich auf Cais, der hinging, um sie zu öffnen. Ich hoffte wider Erwarten, dass es entweder meine Leibwächter oder, noch besser, Suiden war; dass er uns informierte, wo er gewesen war, sodass niemand mehr auf mich achten würde. Aber es waren nicht Jeff und Arlis. Und es war auch nicht mein ehemaliger Hauptmann, Laurel oder Wyln. Es war Berenice.
    Jusson erholte sich als Erster. »Ja, Lady Berenice?«, erkundigte er sich höflich.
    Berenice trat über die Schwelle und versank in einen tiefen Knicks. Sie hatte statt ihres unglaublich hässlichen braunen Kleides ein genauso hässliches gelbes Kleid angezogen, das zu dem Blau und Gelb der Beule auf ihrer Wange passte. Der Blick ihrer Augen jedoch war klar und direkt.
    »Verzeiht mir meine Anmaßung und Direktheit, Euer Majestät«, sagte Berenice, während sie aufstand. »Aber mit Eurer Erlaubnis würde ich gern mit Lord Hase sprechen. Allein.«

9
     
    Trotz Berenices Bitte um ein Gespräch unter vier Augen warteten eine stämmige Zofe und zwei untersetzte Burgbedienstete auf dem Treppenabsatz. Die Diener trugen ein Bündel und einen Korb, die Zofe hielt eine Kerze. Kaum hatten wir die Gemächer des Königs verlassen, bildeten sie einen Kreis um ihre Schutzbefohlene. Die Dienstmagd warf mir einen misstrauischen Blick zu und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Möglicherweise galt der Blick der jungen Frau, aber auch meinem Gefolge. Jusson hatte seine eigene Auffassung von Anstand und sich in dem Saal nach Arlis und Jeff umgesehen. Nachdem Thadro ihm zugemurmelt hatte, dass meine Leibwache mit seiner Erlaubnis diesen Abend bei ihren ehemaligen Kameraden in den Kasernen verbrachte, hatte der König die Stirn gerunzelt und dann Leutnant Groskin und Soldat Ryson angeschaut.
    »Sie gehen mit ihm.«
    Bei dem Befehl des Königs waren Groskin und Ryson sofort aufgestanden, während ich zum Kamin ging, um meinen Stab zu holen. Ich erwartete fast, dass die Schmetterlinge aus ihrem Schlummer erwachten, aber sie dösten weiter auf dem Kaminsims. Die Luftkugel jedoch begleitete mich, als ich zur Tür ging, gefolgt von meinen Leibwächtern, wobei ich versuchte, den anzüglichen Blicken auszuweichen, die mir Lord Huegon zuwarf. Was ihn jedoch nicht abschrecken konnte.
    »Das ist ein gutes, gesundes Weibsbild«, dröhnte der Lord der Nördlichen Gemarkungen, obwohl er vermutlich glaubte, dass er leise flüsterte. »Hat einen mächtigen Hieb eingesteckt und ist trotzdem aufgestanden und hat seine Pflichten erfüllt. Das Kind ist weder affektiert noch schüchtern. Es ist Ihretwegen hier, stimmt’s? Solche Mädchen wissen kräftige Kerle zu schätzen. Nur keine falsche Scham, mein Junge. Zeigen Sie der Kleinen, aus was für einem Holz Sie geschnitzt sind.«
    »Sicherlich, Euer Lordschaft«, murmelte ich und flüchtete.
    Berenice ließ sich nicht anmerken, ob sie die Worte des Lords gehört hatte. Als wir zu ihr auf den Treppenabsatz traten, nahm sie der Zofe die Kerze aus der Hand und ging voraus, die Treppe hinab. Ihre leichten Schritte bildeten einen deutlichen Kontrast zu dem schweren Stampfen der Dienstmagd, als wir die Wendeltreppe zur Galerie hinabstiegen.

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