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Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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schon!«
    »Reichenau«, präzisiere ich, denn das ist der richtige, der korrekte deutsche Name für diesen urschlesischen Ort.
    »Jetzt heißt es Bogatynia«, widerspricht Jule und fügt nachdrücklich hinzu: »Ihr habt den Krieg verloren, Kudella. Zu Recht!«
    Ich hab gar nichts verloren, denke ich, denn ich habe diesen Krieg nicht geführt. Und wenn ich damals gelebt und über so eine schlagkräftige Wehrmacht hätte verfügen können, wäre das sicher ganz anders ausgegangen. Hitler hat unverzeihliche taktische Fehler gemacht, das war kein Feldherr, sondern ein absoluter Idiot. Allein dieser Zweifrontenkrieg! Der hätte mal besser auf seine Generäle hören sollen …
    »Das Hotel heißt ›Polonia‹«, sagt sie und zupft mich dauernd am Arm. »Was ist? Hilfst du mir nun?«
    »Jule«, ich hebe die Hände, »du redest, als wolltest du einen kleinen Spaziergang machen. Was du vorhast, ist ziemlich gefährlich.«
    »Wenn’s nicht gefährlich wäre, könnte ich es allein machen.«
    Was auch wieder so eine typisch weibliche Argumentation ist, es ist zum Haareraufen!
    »Jetzt hör mir mal einen Augenblick zu, du selbst ernannte Mutter Teresa!« Ich packe sie an den Schultern und ziehe sie zu mir heran. »Du willst dich mit Schleppern anlegen. Das ist ‘ne straff organisierte Mafia. Verstehst du? Es geht um Mädchenhandel und sehr viel Geld! Die lassen sich nicht von einer Düsseldorfer Soziologiestudentin ins Geschäft pfuschen.«
    »Deshalb sollst du ja mit.«
    »Man kann da nicht einfach so jemanden rausholen«, entgegne ich. »Die gehen über Leichen! Und ich hatte vor, noch ein bisschen weiterzuleben. Vergiss es einfach, okay?«
    »Ist das dein letztes Wort?«
    In dieser Sache ja, denke ich. Mensch, jetzt guckt sie wieder so enttäuscht, es ist nicht auszuhalten!
    »Ich …«, versuche ich es noch mal, »… ich würde dir ja wirklich gerne helfen, aber …« Ich schüttele entschieden den Kopf. »Nee! Dieses Problem kann ich nicht lösen. Tut mir leid.«
    »Wie du meinst.« Jule sieht zu Boden, dass ihr Gesicht unter ihren langen Haaren verschwindet, und wendet sich ab. »Aber ich werd’s trotzdem versuchen.« Sie steigt auf ihr Fahrrad und radelt entschlossen los.
    Das gibt’s doch nicht! Ich starre ihr erschrocken nach. Die hat nicht ein Wort von dem begriffen, was ich gesagt habe.
    »Jule«, brülle ich, »Jule, das ist Wahnsinn! Die bringen dich um!« Ich renne ihr hektisch nach. Diese Verrückte! Unglaublich!
    »Warte, Jule!«
    Sie fährt zügig, ihr Haar weht im Wind, und ich komme kaum nach, obwohl ich sprinte wie ein Irrer.
    »Jule! Bleib stehen, verdammt noch mal!  JULE !«

38
    »EINEN WUNDERSCHÖNEN  guten Morgen.« Mit diesen Worten betrat Oberkommissar Romeo Schwartz den Gummibaumdschungel von Klaus Pionteks Büro. »Hast ‘n Scheelchen Heeßen für mich?«
    »Aber klar doch.« Klaus Piontek sprang hinter seinem Schreibtisch auf und nahm die Kanne von der Maschine. »Ist ganz frisch.«
    »Egal«, Schwartz sank auf einen Stuhl und rieb sich die Augen, »Hauptsache Koffein.«
    »Hast du noch länger gemacht?«
    »Oh ja.« Schwartz nippte am Kaffee und berichtete von seinem verunglückten Einsatz mit dem  SEK  in Dresden-Loschwitz. »Hoffentlich kommt da nicht noch was nach. Schadensersatzklagen seitens der Familie Salnik oder so.« Er stellte seine Tasse ab. »Ein Wunder, dass die nicht gleich alle vor Schreck gestorben sind.«
    »Kann es sein«, fragte Klaus Piontek und setzte sich ebenfalls, »dass du dich vom Landeskriminalamt vor einen ziemlich zweifelhaften Karren hast spannen lassen?«
    »Das kann nicht nur sein«, nickte Schwartz, »das ist auch so. Ich bin deren Versuchskaninchen. Die lassen mich übers Minenfeld hoppeln und gucken, wie weit ich komme.« Er seufzte. »Aber damit ist jetzt Schluss. Ich mach den Quatsch nicht mehr mit.«
    »Dann«, Klaus Piontek verschränkte die Arme, »gehst du nach Dresden zurück? In deine Polizeidirektion?«
    »Nein, den Gefallen tue ich euch noch nicht. Nicht, solange der Kuhnt-Fall nicht zweifelsfrei gelöst ist.«
    »Aber du hast doch eben noch …«
    »Klaus«, Schwartz hob die Hände, »du selbst hast immer gesagt, dass man angefangene Sachen nicht liegen lassen soll. Dass ich mich nicht mehr vor zweifelhafte Karren spannen lasse, heißt doch nicht automatisch, dass ich meine Aufgaben nicht erfülle.« Er nahm seine Tasse und trank noch einen Schluck. »Wo ist eigentlich Tobi?«
    »Dem hab ich freigegeben«, sagte Piontek, »nach dieser

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