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Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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wütend aus. »Aber das ist viel zu wenig für den. Wenn’s nach mir ginge, müsste man solche Leute an die Wand stellen. Standgericht, verstehste, kurzer Prozess. Baff!«
    Jule lehnt am Baum und sieht mich bleich an. »Bist du fertig?«
    »Mit Roland?« Ich schüttle den Kopf. »Noch lange nicht.«
    Ich wende mich ab und gehe weiter. Nein, ich drehe mich nicht nach ihr um, obwohl es mir sehr schwerfällt. Ich höre sie ja hinter mir herlatschen. Mit quietschenden nassen Schuhen. Soll sie die Wahrheit erst mal verdauen. Diese blöde Kuh. Sensibelchen. Kotzbrocken!
    Plötzlich höre ich ein Geräusch. Wie von einem laufenden Dieselmotor. Dann das Klappen einer Autotür. Ich stocke, bedeute Jule, ganz still zu sein, aber sie sagt ja ohnehin nichts mehr. Leise schiebe ich mich durch die Uferböschung, teile ein paar Zweige beiseite.
    Etwas weiter entfernt haben  BGS -Beamte Jelena gestellt. Sie steht nass und zitternd in eine Decke gehüllt. Ein  VW -Bus vom Grenzschutz dieselt vor sich hin, ein Funkgerät plärrt und knackt. Irgendwo grummelt ein Hubschrauber.
    »Mist!« Hastig ziehe ich Jule weg. »Die werden gleich die ganze Gegend absuchen.«
    »Und Jelena?«
    Na also, sie kann wieder sprechen.
    »Wir können sie doch nicht einfach im Stich lassen.«
    »Wir können ihr nicht helfen«, erwidere ich kühl.
    Mit anderen Worten: Wir haben es versaut. Jule hat’s versaut.
    Und ich vermutlich auch.

53
    OBERKOMMISSAR ROMEO SCHWARTZ  hatte die Vernehmung von Tom Pagels abgeschlossen und wollte den Grenzübergang Chopinstraße eben verlassen, als ihm Liliana Pekovic in ihrer grün-weißen Polente geradewegs vor die Füße fuhr.
    »So früh hatte ich Sie hier gar nicht erwartet.« Schwartz lächelte sie fragend an. »War das jetzt der große oder der kleine Dienstweg?«
    »Sparen Sie sich die Ironie«, knurrte die Petkovic in ihr Palästinensertuch und steckte sich offenbar sehr mies gelaunt eine Zigarette an. »Warum melden Sie mir nicht, dass unser Informant ermordet aufgefunden wurde?«
    Oh verdammt. »Das habe ich versucht«, verteidigte sich Schwartz, »noch während ich am Tatort stand. Leider funktionierte Ihr modernes Funktelefon nicht in diesem Loch, hundert Meter unter Normalnull!«
    »Na und?« Die Petkovic hüllte sich in Rauchwolken. »Inzwischen sind Sie längst raus aus dem Loch.«
    »Ja, aber ich hatte noch eine Vernehmung und …«
    »Schwartz«, rief Liliana Petkovic, und ihre rauchige Stimme bekam einen schneidenden Ton. »Stefan Kaemper ist ermordet worden, und ich erfahre das so nebenher! Über solche Dinge muss ich informiert werden. Von Ihnen! Und zwar umgehend!«
    »So wie Sie mich immer umgehend informieren?« Schwartz hob hilflos die Hände. »Herrgott, ich hab’s vergessen! – Dafür ist der Mord an Kuhnt aufgeklärt«, setzte er zu seiner Entlastung hinzu.
    »Ach was!« Die Petkovic war baff. »So schnell?«
    »Tja, mir Sachsen, mir sin helle«, erwiderte Schwartz. »Es war die Nachtigall und nicht die Lerche.«
    Die Petkovic sah ihn verständnislos aus zusammengekniffenen Augen an, und ihm fiel wieder auf, wie attraktiv sie eigentlich war. Gerade weil sie so unprätentiös daherkam. Ein Mädchen, das sich um sein Aussehen nicht scherte, damit man es ernst nahm. – Süß!
    »Haben Sie was genommen?«
    »Bitte?« Schwartz wachte wieder auf. »Nein, ich habe nur seit gefühlten zwanzig Jahren nicht mehr geschlafen. – Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Kuhnt.«
    »Richtig«, nickte Schwartz, »ja, der wurde nicht von Ihren russischen Brüdern ermordet, wie Sie zunächst vermutet haben. Die Gussinskis scheinen aber für den Tod von Stefan Kaemper verantwortlich zu sein, denn seine Leiche wurde in der Dublette gefunden.«
    »Mensch, Schwartz, das sind Dinge, die muss ich unbedingt wissen!«
    »Deshalb sage ich’s Ihnen ja. Der neue Wagen der Gussinskis ist offenbar ein schwarzer Porsche. Das hat mir eben dieser Mädchenhändler da drin erzählt.« Schwartz zeigte auf die Grenzbaracke hinter sich.
    »Haben Sie den schon befragt?«
    »Bis eben«, nickte Schwartz und sah auf seine Uhr. »Der Wagen ist auf Roland Paich zugelassen, die Fahndung ist schon raus. Angeblich der Kopf der Bande …«
    »Paich ist der Kopf?« Liliana Petkovics Laune besserte sich schlagartig. »Schwartz, Sie amüsieren mich.«
    »Das behauptet zumindest dieser Tom Pagels. Angeblich sollte er für den Paich heute Nacht einen Mädchentransport über die Grenze organisieren. Getarnt als polnische Volleyballmannschaft.

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