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Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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habe, habe noch versucht, zu löschen, aber dann …« Er sah unsicher zu seinem Vater hinüber.
    »Ja, was?« Schwartz wurde ungeduldig. »Was dann?«
    »Dann sei er von einem silbergrauen Mercedes abgeholt worden«, setzte der alte Piontek hinzu. »Angeblich hatte da die Feuerwehr schon die Löscharbeiten übernommen.«
    »Kennzeichen?«
    »Von der Feuerwehr?«
    »Vom Mercedes.«
    »Fehlanzeige.« Piontek sah wieder in seiner Kladde nach. »Aber die Aussage stammt von einer Rouché, Dietlinde.« Er nickte in Richtung »Johannishof«. »Die Wirtin der Pension da drüben. Vielleicht weiß die was.«
    »Immerhin haben wir das Kennzeichen des Busses«, meinte Tobi stolz. »Das ist ja auch was wert, oder?«
    »Stimmt«, fand Schwartz. »Und?«
    »Der Bus ist noch immer auf die Spedition zugelassen, die ihn schon betrieb, als er noch im Linienverkehr fuhr«, erklärte Piontek mit Blick in seine Kladde. »Paich – Transportlogistik. In der Äußeren Weberstraße, aber …« Er sah Schwartz über den Rand seiner Lesebrille hinweg an. »… wollen wir das nicht doch lieber dem Staatsschutz …?«
    »Wollen wir nicht lieber der Staatsanwaltschaft überlassen«, unterbrach ihn Schwartz, »wer hier zu ermitteln hat? – Und solange die sich nicht eingeschaltet hat, um klare Vorgaben zu machen, tragen wir die Fakten zusammen. Ganz normal, ganz einfach.«
    »Früher«, maulte Klaus Piontek, »als du noch bei mir gelernt hast, habe ich dich nie so zusammengestaucht.«
    »Ich will dich doch gar nicht zusammenstauchen«, rief Schwartz, »aber Herrgott noch mal! Hast du keine Lust mehr, Polizist zu sein? Bist du ausgebrannt, oder wie erklärt sich, dass du so luschig deine Arbeit machst?«
    »Nun mal halblang, Brauner!«
    »Was ist, wenn zum Beispiel diese Sache hier«, Schwartz zeigte auf den ausgebrannten Bus, »mit Kuhnts Tod zusammenhängt?«
    »Wieso sollte das mit Kuhnts Ableben zusammenhängen?«
    »Wieso nicht?«
    »Glaub mir, Brauner. Das ist hier ‘ne völlig andere Baustelle.«
    »So sicher wäre ich mir da nicht.« widersprach Schwartz. »Im Prinzip hängt doch sowieso alles mit allem zusammen.«
    »Wie kommst ‘n darauf?« Tobi starrte ihn mit großen Augen an.
    »Ach, das ist doch ein uraltes Gesetz«, winkte Schwartz ab und wandte sich von den beiden ab. »Alle Dinge stehen untereinander in Beziehung. Ununterbrochen. Das Gesetz des Universums.«
    Verblüfft sahen ihm die beiden Pionteks nach. Dann wedelte sich der Alte verständnislos mit der Hand vorm Gesicht herum und machte es sich wieder im Dienstgolf bequem.
    Die Eingangstür der Pension »Johannishof« war abgeschlossen, aber im Restaurant brannte noch das Licht, und ein älterer Herr klimperte am Klavier herum.
    Schwartz kannte die Melodie, aber ihm fiel nicht ein, was es war. Energisch klopfte er an die Scheibe.
    Der alte Herr unterbrach sein Spiel, schlurfte heran und sah skeptisch durch die Scheibe. Dann öffnete er die Tür. »Brauchen Sie Hilfe?«
    »Wie man’s nimmt«, erwiderte der Oberkommissar und zeigte seinen Dienstausweis. »Schwartz, Kripo Dresden. Sie haben den Vorfall hier auf dem Platz beobachtet?«
    »Ja«, nickte der ältere Herr und bat Schwartz herein. »Haben Sie die Kerle schon verhaftet?«
    »Leider nicht«, antwortete Schwartz.
    »Aber Sie waren nahe dran, nicht wahr?« Der alte Mann bot ihm einen Platz an den Tischen an. »Warten Sie, ich hole Ihnen etwas Verbandszeug.«
    So schlimm, dachte Schwartz verwundert. Statt sich zu setzen, ging er zum Tresen rüber und suchte sich in den Spiegeln an der Rückwand. Zwischen Verpoorten-, Doornkaat- und Asbach-Uralt-Flaschen fand er sein blutig geschlagenes Gesicht. Es sah wirklich furchtbar aus. Fast hätte er sich nicht erkannt.
    Ich hätte die Kerle auch blutig schlagen müssen, dachte er, immer ins Gesicht, auf Nase, Mund und Augen, damit alle sehen, dass Nazis auch ordentlich vertrimmt werden können. Aber egal, man trifft sich immer zweimal im Leben.
    »Hier, kommen Sie!« Der alte Herr hatte einen Verbandskasten mitgebracht. »Erst müssen wir die Wunden reinigen.« Er griff nach einer Flasche im Regal. »Am besten mit Alkohol. Das desinfiziert. Nun setzen Sie sich schon!«
    Schwartz sank auf einen Stuhl und ließ sich verarzten.
    »Ich war Sanitäter im Weltkrieg, wissen Sie?«
    Nee, dachte Schwartz, woher sollte ich? – Au! Er verzog das Gesicht, denn der Alkohol brannte höllisch in den Wunden.
    »Ostfront«, erklärte der Mann, »Kursker Bogen, die Panzerschlacht, da habe ich

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