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Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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ganz andere Kandidaten zusammengeflickt.« Er versorgte Schwartz mit einer Mullkompresse und Heftpflaster. »Mir tun ja nur die Mädels leid«, wechselte er unvermittelt das Thema. »Hoffentlich tun die denen nichts Böses an. Junge Dinger dabei, wirklich. Die gehören eigentlich noch in die Schule. – So!« Er betrachtete den Oberkommissar. »Das sieht doch schon viel besser aus.«
    Schwartz stand wieder auf und guckte sich erneut in den Spiegeln hinter dem Tresen an. Der alte Herr verstand sein Werk. Schwartz sah aus, als wäre er lediglich gegen einen Türpfosten gerannt. Eine Mullkompresse zierte die Stirn, sonst war alles wieder schön. Kein blutverschmiertes Gesicht mehr, die Nase gerade, die Lippen unversehrt. Nicht mal ein blaues Auge hatte er. Sehr gut!
    »Glauben Sie, dass der Überfall den Mädchen gegolten hat?«
    »Das war wie beim Raub der Sabinerinnen«, erklärte der Mann. »Die haben die sich einfach geschnappt und ab durch die Mitte. Mistkerle, verdammte!«
    »Einer von denen war kürzlich noch hier«, erklang eine Frauenstimme mit unverkennbar rheinischem Akzent.
    Westler! Inzwischen waren sie überall. Schwartz sah auf. In der Tür stand eine ältere Dame im Morgenmantel. Offenbar hatte sie schon geschlafen.
    »Tut mir leid, dass wir Sie geweckt haben. Sind Sie Frau Rouché?«
    »Und Sie?« Frau Rouché guckte skeptisch. »Sind Sie wirklich bei der Polizei?«
    »Aber ja«, erklärte ihr Mann, »er hat mir doch seinen Ausweis gezeigt …«
    Schwartz hörte plötzlich wieder ein Düdeldüdeldü. Das Funktelefon, na, so was! Er zog es aus der Innentasche seiner Barbourjacke und starrte auf das Display. »Anruf«, stand da. Düdeldüdeldü.
    »Entschuldigen Sie.« Er drückte die grüne Taste und hielt sich das Telefon ans Ohr. Aber es war nur ein Rauschen zu hören, dann kam ein höllisches Fiepen, dass es Schwartz fast die Trommelfelle zerriss. Hastig nahm er das Telefon vom Ohr. »Kein Empfang«, stand jetzt auf dem Display. Dennoch begann das Telefon erneut mit seinem Düdeldüdeldü, und dann stand auf dem Display wieder »Anruf« und »Kein Empfang« und wieder »Anruf«. Düdeldüdeldü.
    Ja, was denn nun, dachte Schwartz verwirrt. Gottverdammte Westtechnik! Hilflos lächelte er die Rouchés an.
    »Ähm … Kann ich bei Ihnen mal aufs Dach? Vielleicht reicht auch ein Obergeschoss, der Empfang hier ist …«
    »Kein Problem, kommen Sie.« Der alte Herr marschierte vor, und die Rouché lief ihm nach. »Nun kommen Sie schon!«

26
    OKAY, DIE SIND BESCHÄFTIGT,  dachte Julia, als sie Herrn und Frau Rouché sowie den Schwarzen die schmale Stiege zum Dachboden hochklettern sah.
    Zweimal schon hatte sie versucht, Swetlana unauffällig ins Haus zu holen, und jedes Mal war ihr die neugierige Wirtin dazwischengekommen.
    Nun aber war der Weg frei. Hastig lief Julia hinunter ins Restaurant und von da aus in die Küche. Nach hinten raus gab es ein Fenster, das hatte sie mit Swetlana schon von draußen aus recherchiert. Julia öffnete es vorsichtig und spähte in den nachtdunklen Garten.
    »Swetlana?«
    Nichts rührte sich. Hatte die Weißrussin etwa die Nerven verloren und war abgehauen?
    »Swetlana!«
    Endlich! Zwischen zwei aus der Form geratenen Buchsbäumen ragte ihr bleiches Gesicht auf.
    Julia winkte hektisch. »Beeil dich!« Das fehlte noch, dass die Rouché sie hier entdeckte. Die hatte vorhin schon so komisch geguckt.
    »Du lieber Gott, Fräulein Latte, Sie sind ja ganz nass. Hat es denn geregnet?«
    »Nein, Frau Rouché, ich war nur baden.«
    Das hatte die Wirtin zwar enorm verwundert, war aber dreimal besser, als zu erzählen, was wirklich los war. Dafür schätzte Julia Frau Rouché als zu geschwätzig ein. Wenn die von Swetlana erfahren würde, wüsste morgen ganz Zittau, dass einem der Mädchen aus dem Bus die Flucht gelungen war. Das fehlte noch, dass Kudella und seine Truppe dann eine Hatz auf Swetlana veranstalteten. Nur weil die Rouché ihren Mund nicht halten konnte. Es gab solche redseligen Leute auch in Düsseldorf. Die meinten es oft gar nicht böse, die waren einfach so. Die konnten nicht anders, die erzählten völlig unbekümmert jedem alles und allen jedes, Datenschutz hin oder her.
    Swetlana kam heran, sah sich vorsichtig um und enterte übers Fensterbrett. »Und jetzt?«
    »Zu mir!« Julia lächelte triumphierend und zog Swetlana eilig durch Küche und Flur die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
    »Geschafft!« Die Mädchen fielen erschöpft aufs Bett.
    Julia hatte sich wenigstens

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