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Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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war Schwartz draußen.
    »Du solltest dich schämen«, hörte er noch die Vorhaltungen des Herrn Rouché gegenüber seiner Frau. »Unsere Gäste derartig bei der Polizei zu denunzieren! Was wissen wir denn? – Nichts!«
    Und dann war die Tür zu. Schwartz sah, wie die beiden heftig streitend und gestikulierend im hinteren Teil ihrer Pension verschwanden, und blickte an der Fassade des »Johannishof« hoch.
    Was war das für ein Mann, von dem die Wirtin gesprochen hatte? Was für eine junge Dame wollte er hier besuchen? Und was hatte das alles mit dem Überfall auf den Hurenbus zu tun?
    Der Gottesdienst war vorbei, und die Menschen strömten aus der Kirche auf den Platz. Von einem Lautsprecherwagen des Podtsch e.V. dröhnten jetzt die Toten Hosen:
    »Ja, der Sascha, der ist Deutscher – und deutsch sein, das ist schwer – wer so deutsch wie der Sascha ist – der ist sonst gar nichts mehr …«
    Mädchen liefen mit Listen und Spendendosen herum. Sie sammelten Unterschriften für »ein Asylrecht für alle« und Geld für die maroden Flüchtlingsheime am Rande der Stadt.
    Eine junge Frau mit grünem Bürstenschnitt lächelte den Oberkommissar beruhigend an. Mach dir keine Sorgen, schienen ihre Augen zu sagen, wir geben Zittau nicht auf. Solange wir hier sind, sind Schwarze wie du in dieser Stadt immer willkommen.
    Düdeldüdeldü, riss ihn das Funktelefon aus seinen Gedanken, düdeldüdeldü …
    Schnell griff er in seine Tasche. »Anruf«, meldete das Display, doch kaum hatte er die grüne Taste gedrückt, fiepte es schon wieder: »Kein Empfang«.
    Ach so! Schwartz fiel die Antenne ein, und er zog sie hastig heraus. Dann hatte er erneut Liliana Petkovic am Ohr.
    »Setzen Sie sich sofort ins Auto«, forderte sie, »und geben Sie Gas! Wir haben den Halter des silbergrauen Mercedes. Die beiden Russen sind damit mehrmals am Standort des Hurenbusses im Tagebau aufgetaucht. Kaemper hatte das Kennzeichen schon vor einigen Tagen an uns weitergeleitet.«
    »Und das haben Sie jetzt erst gemerkt?«
    »Wir haben es jetzt erst überprüfen können«, gab Liliana Petkovic zu, »da waren uns die Ereignisse etwas voraus.«
    »Dann sollten wir sie zügig wieder einholen«, fand Schwartz.
    »Richtig«, knurrte die Petkovic. »Wir treffen uns in genau zwei Stunden an der Schillerstraße neun in Dresden-Loschwitz, schaffen Sie das? Das ist am ›Blauen Wunder‹.«
    Ich weiß, wo die Schillerstraße ist, dachte Schwartz und fragte: »Was soll ich da?«
    »Die Russen festnehmen«, antwortete Liliana Petkovic lakonisch, »was sonst? Ich besorge uns ein  SEK , Sie leiten die Aktion.«
    »Ich?« Schwartz war entsetzt. »Wieso ich?«
    »Weil ich dazu nicht befugt bin«, schnauzte die Petkovic. »Herrgott, machen Sie’s doch nicht immer so kompliziert!«
    »Ich bin auch nicht befugt.«
    »Doch, das sind Sie«, widersprach die Petkovic. »Als Beamter der Dresdner Polizeidirektion sind sogar nur Sie befugt. Ich habe den zuständigen Staatsanwalt diesbezüglich bereits unterrichtet.« Sie atmete geräuschvoll durch den Hörer, und Schwartz konnte ihren Zigarettenrauch fast riechen.
    »Na, das haben Sie sich ja prima ausgedacht«, schimpfte er. »Sie bleiben schön im Hintergrund, und ich muss den Kopf hinhalten.«
    »Wollen Sie noch länger weiterdiskutieren? Oder können Sie sich entschließen, jetzt einfach mal zu handeln?« Auch die Petkovic wurde sauer. »Uns rennt die Zeit davon, Schwartz! Diese Typen haben Kaemper! Und wahrscheinlich auch die Mädchen. Also sehen Sie zu, dass Sie endlich in die Puschen kommen!«
    Die habe ich schon an, dachte Schwartz und hörte, wie die Petkovic den Hörer auf die Gabel knallte. Oder auch nicht, denn so ein Funktelefon hatte ja keine Gabel mehr, auf die man wirkungsvoll einen Hörer knallen konnte. Man drückte lediglich eine Taste. Nicht sehr spektakulär.
    Armseligen Zeiten gehen wir entgegen, ahnte Schwartz. Ohne jede Dramatik. Statt großer Gesten gibt’s jetzt nur noch Düdeldü.
    Zunächst musste er tanken. Mit fünf Litern aus dem Reservetank kam man in einer Déesse nicht weit. Jedenfalls nicht bis Dresden.
    Also fuhr Schwartz zurück zu jener Nachttanke an der Bundesstraße 99, die ihm durchaus noch schmerzlich in Erinnerung war. Aber der Neonazi war übler weggekommen. Wenn er überhaupt weggekommen war, dem hatte er es ja ordentlich gegeben. Und wenn nicht, dann gab’s jetzt gleich noch einen drauf.
    Grimmig stoppte Schwartz den Wagen an einer der Zapfsäulen und tankte voll. Im Shop

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