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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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ihr, auf dass sie bloß nicht als Hure verrufen wär bei den Leuten und auf dass sie irgendwann doch noch eine etablierte Handwerkerfrau oder am besten Kaufmannsfrau werden könnte. Und auf dass bloß die Ursel nicht recht behielte.
    Der Lindheimer bohrt indessen nach, weil die Angeklagte abwesend wirkt.
    Ob und wie lange sie geplant habe, das Kind umzubringen?
    Sie kann nicht leugnen, sagt die Susann leise, dass sie den Gedanken schon lange hatte. Von der Zeit an, als sie das Kind sich regen gespürt hat und ihr also klar wurde, dass sie schwanger ist, seitdem habe ihr der Satan eingeredet, dass sie in dem großen Haus zur Not heimlich gebären könne und das Kind beiseiteschaffen und den Leuten erzählen, sie habe ihre Ordinaire wiederbekommen.
    Und als sie nun bei teuflischen Eingebungen schon ist, spricht sie gleich weiter. Sie erzählt von dem einsamen, schlimmen Moment auf dem Dachboden, damals, am Samstag vor der Geburt, als sie die vom Schwager Hechtel hinterlassenen Späne zusammenfegen wollte. Wie sie da plötzlich etwas getrieben hat, sich das große Gaubloch hinunterzustürzen und gleich sich und das Kind auf einmal aus der Welt zu schaffen. Wie sie es fast getan hätte, aber dann hat sie plötzlich am ganzen Körper gezittert, und sie ist wie vor Höllenmächten geflohen vom Dachboden.
    Die Geschichte vom Dachboden allerdings interessiert die Herren überhaupt gar nicht, die ihren Punkt «Verbrechen war geplant» nunmehr abgearbeitet haben.
    Ob sie denn während der Schwangerschaft ihren Schwängerer nicht ein einziges Mal wiedergesehen habe, erkundigt sich der Siegner.
    «Nein», antwortet die Susann und spürt Tränen in den Augen. Sie hat das Gefühl, die Herren verstehen wirklich überhaupt nichts. Das war ja eben ihr Unglück, dass der Schwängerer fort war und nicht erreichbar.
    «Warum hat Sie ihm denn nicht wenigstens brieflich Nachricht gegeben von der Schwangerschaft?», begehrt Siegner zu wissen.
    So als hätte sie es nicht schon gesagt, dass es sich um einen Reisenden handelte, von dem sie nicht einmal den Namen weiß. (Bis auf den Vornamen, aber der geht die Herren nichts an.) Also erklärt sie es diesmal ganz genau: Dass der Nachtzettel schon weg war bei Ankunft des Holländers im Einhorn und daher Name und Adresse nicht eingetragen wurden, dass sie, nachdem sie mit ihm geschlafen hatte, für die letzten Tage seines Aufenthalts jeden Kontakt vermieden und also auch nach seinem Namen nicht mehr gefragt habe, dass sie im Übrigen selbst gar nicht schreiben könne und dass sie, ohne Namen und Adresse zu wissen, natürlich auch niemand anderen mit Schreiben beauftragen konnte.
    Der Lindheimer rümpft ein bisschen die Nase, weil er sich solche Verhältnisse nur schwer vorstellen kann.
    Und dann gehen die Herren alles penibelst durch, was sie von anderen schon gehört haben über die Zeit der Schwangerschaft der Angeklagten. Wann sie von wem und unter welchen Umständen der Schwangerschaft bezichtigt worden sei. Ob es stimme, dass sie frech geleugnet und den Himmel zum Zeugen angerufen habe, dass sie nicht schwanger sei. Und warum sie sich eigentlich den Aderlass habe machen lassen, wohl wissend, dass sie nicht krank, sondern schwanger war. Wann genau ihr die Bauerin den Dienst aufgesagt habe. Etc., etc.
    Bis man irgendwann, endlich, mit der Befragung an jenem Abend angelangt ist. Bei dem Albtraum.
    Über den muss sie jetzt reden und kann auch reden, denn man lässt sie jetzt plötzlich frei erzählen. Keine Fragen mehr, keine Unterbrechungen. Nichts.
    Ganz still sitzen die Herren und lauschen der Gruselgeschichte, die tatsächlich noch schlimmer ist, als man sie erwartet hat.
    Und die Susann erzählt wie im Fieber. Wie sie die Asche zur Waschküche getragen hat. Wie ihr bei der Waschküchentür die Wehen so heftig gekommen sind, dass sie gerade noch hineintorkeln konnte. Dass sie absichtlich die Tür hinter sich zugemacht hat mit letzter Kraft, damit niemand etwas hören konnte. Wie sie sich, stehend, am Fass festhielt, wie es dann plötzlich ganz schnell ging, wie es zwischen ihren Beinen hervor auf die Steinplatten gefallen ist, das Kind, und wie sie sich draufgestürzt hat, eine Furie, nicht sie selbst, verstört im Kopf, wie sie dem Kind an die Kehle gegangen ist, die Rechte und die Linke über sein Gesichtchen gekrallt hat, damit es nur schnell geht, so schnell wie möglich, dass es gar nicht erst anfängt zu leben. Und dann erzählt sie endlich auch das Schlimmste, das Allerschlimmste. Wie

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