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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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volkstümlich genug aufführte.) Als nun auch noch der Doktor Metz sich anmaßte, die, wie man hörte, hämorrhoidenbehaftete Weibsperson den Goethes mit den Worten vorzustellen, sie sei Gastwirtin, ganz wie seine, des Herrn Rats verblichene Frau Mutter, da konnte der Herr Rat nicht umhin mitzuteilen, es widerspreche selbst einer mäßig entwickelten Intelligenz, jede düstere Altstadtspelunke mit dem weltweit renommierten Weidenhof zu vergleichen. Im Übrigen müsse man jetzt eilig weiter, man sei gewiss nicht zum Rumstehen und Worte machen hierhergekommen, Adieu, Dr.   Metz, bis demnächst einmal.
    Im Gehen hörte man noch, wie die volkstümliche Person den Dr.   Metz aufforderte, in den nächsten Wochen einmal im Einhorn vorbeizusehen, es liege so das eine oder andere an, einer ihrer Gäste habe es so arg mit den Blasensteinen, und ob man da nicht mit einer Medizin etwas machen könne, man höre ja allerlei munkeln von wegen seinem wunderbaren Universalsalz …
    Das Einhorn also. Da hatte der Herr Rat ja ganz richtig gelegen. Das war doch diese mäßig appetitliche Fußherberge an der Staufenmauer, gleich neben dem Judenbrücklein, wo man zu Messezeiten ständig in ihrer unangenehmen Sprache konversierende Juden aus- und eingehen sah. Gastwirtin wie seine Mutter! Das Einhorn und den Weidenhof gleichzusetzen! Was dachten sich die Leute! Also wirklich, unerhört.

EINE WOCHE SPÄTER
    DIE FRAU BAUERIN hatte am letzten Sonntag auf den Schanzen noch andere Gespräche geführt. Und die hatten ihr die Laune langanhaltend verdorben. Noch von den entferntesten Bekannten war sie nämlich, hinten- oder vornherum, genüsslich oder entrüstet, auf ihre Magd angesprochen worden, von der es heiße (so hieß es): Sie sei schwanger! – Das Gerücht ging also wirklich in der Stadt herum. Dank der Christiane wahrscheinlich. Aber ehrlich gesagt, wenn die Frau Bauerin sich die Susann so ansah, wozu sie diese Woche verstärkt Gelegenheit fand, da konnte sie es den Leuten gar nicht mehr verdenken. Grad bei so einem langen, dünnen Mädchen sticht es ins Auge, wenn plötzlich der Bauch vorsteht. Sie selbst, die ja die Susann täglich vor Augen hat, hatte die fortschreitende Schwellung erst gar nicht richtig bemerkt. Aber inzwischen …
    Die Frau Bauerin gestand sich ein, dass sie vielleicht neulich einen kapitalen Fehler begangen hatte. Sie hätte der Susann nicht einfach unbesehen glauben dürfen. Sie hätte das Gerede von der Christiane ernster nehmen müssen. Für die reine Taktik hatte sie es gehalten, um die Susann auszubooten. Was ja auch nahe lag, nach allem, was sie von beiden Mädchen wusste. Wenn die Susann sich mit Männern abgeben würde, das wär ihr doch aufgefallen. Und die Christiane versuchte doch schon seit ewigen Monaten, ihre Kameradin auf diese oder jene Weise bei ihr schlechtzumachen. Unberechtigt, wie sich jetzt doppelt und dreifach erwies, seit die Susann allein im Haus arbeitete und alles reibungslos klappte wie am Schnürchen. So ein verlässliches, unermüdlich fleißiges Mädchen. Außerdem glaubte die Frau Bauerin nicht, dass die Susann der Christiane oder sonst jemandem so naiv von ihrer ausgebliebenen Regel erzählt hätte, falls sie tatsächlich eine Schwangerschaft befürchtete und dies verheimlichen wollte.
    Aber der Bauch − der sprach für sich. Den konnte sie nicht mehr stillschweigend übergehen, und mochte ihr die Susann auch dreimal wert und teuer sein. Zum einen, weil das heißen würde, sie dulde Hurerei in ihrem Haus. Was sie natürlich schon amtlicherseits nicht durfte, dafür konnte man ja im schlechtesten Fall sogar belangt werden. Andererseits konnte sie eine schwangere Magd auch aus praktischen Gründen nicht gebrauchen. Wer sollte denn dann die Arbeit tun, wenn es in die schweren letzten Wochen und ans Gebären ging? Womöglich noch während der Messe? Nein, bei aller Freundschaft, und so leid es ihr tat: Wenn die Susann schwanger war, dann musste sie gehen.
    Wenn sie schwanger war. Und eben das sollten die Schwestern aus ihr herausbringen. Die waren ja ohnehin verantwortlich für das Mädchen, mehr als sie jedenfalls. Und mit ihnen hatte sie sich, wollte sie die Susann feuern, so oder so auseinanderzusetzen.
    Die Frau Bauerin hielt die ganze Woche über noch an sich. Geradezu wartete sie auf ein Wunder, wie dass die Susann plötzlich von selbst wieder flach würde. Das Mädchen arbeitete so fleißig, und sie war hin- und hergerissen. Aber nein, so ging es nicht weiter.
    Heut

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