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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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hoch. «Frau Königin, glaubt mir, wenn die Susann tatsächlich unschuldig ist, dann will ich die Letzte sein, die ein sonst braves Mädchen wegen einem bloßen üblen Gerücht auf die Straße schickt. Aber davon, dass sie unschuldig ist, muss ich mich erst überzeugen, gelle! Und wenn nicht … dann sind mir die Hände gebunden, Ihr versteht. Ich kann mich also drauf verlassen, dass Ihr und Eure Schwester heut Nachmittag vorbeikommt und die Sache klärt mit der Susann?
    Da könne sie sich fest drauf verlassen, erwidert die Königin düster.
     
    Auf der anderen Seite der geschlossenen, aber keineswegs schalldichten Tür zur Küche, da steht die Susann, das Ohr am Türblatt. Sie hat hier auch schon länger gestanden, mucksmäuschenstill, die Hand zitternd vor dem Mund, blass im Gesicht. Diesen speziellen Ton in der Stimme ihrer Schwester Ursel kennt sie, und sie weiß bestens Bescheid, was die Ursel jetzt denkt von ihr und was sie hinterher der Dorette sagen wird, von wegen sie habe es schon immer gewusst, und sie habe eine solche Schwester nicht verdient, und die Dorette habe sich versündigt auch an ihr, der Ursel, indem sie gemeinsam mit der Mutter die Susann verzärtelt und zu einer pflichtvergessenen, liederlichen Person erzogen habe, und wie solle sie jetzt nur der Frau von Stockum und dem Fräulein du Fay unter die Augen treten, und sie wünsche sich, die Susann wär gestorben damals als Kind an der Gelbsucht, vor all ihren schweren Sünden, dann wäre sie jetzt im Himmel und da wäre sie zweifellos besser aufgehoben als hier auf Erden.
    Das kommt der Susann allerdings heut auch so vor.
     
    Seit dem Mittag braute sich was zusammen. Der Himmel über Frankfurt war schon fast schwarz. Just in dem Augenblick, als die Dienstmagd Susann von der Küche aus die Stimmen ihrer Schwestern auf dem Hof hörte, krachte der erste Donner los. Und was für einer.
    Es wird eingeschlagen haben irgendwo in der Nähe, denkt die Susann, schwach im Magen. Sie hat weder gegessen noch getrunken heut Mittag, damit der Bauch wenigstens ein bisschen dünner wirkt. Fast wünscht sie sich, ein Blitz würde herabsausen vom Himmel und sie treffen, dass sie tot umfiele. Dass es vorüber wär und sie nur jetzt nicht den Schwestern gegenübertreten müsste. Dann gibt sie sich einen Ruck, beugt sich über den Zuber mit kleiner Wäsche und schrubbt drauflos, als hätte sie keine andere Sorge auf der Welt.
    Nach einer ganzen Weile, die ihr lang und länger wird, öffnet sich die Tür, und die Frau Bauerin steckt den Kopf herein.
    «Kommt einmal mit, Susann. Eure Schwestern haben mit Euch zu reden.»
    Sie warten im Hof, die Königin blickt grimmig, die Hechtelin todtraurig, von oben grollt Donner. Die Bauerin, die eigentlich die ganze unlustig schweigende Versammlung die Hinterstiege hoch in ihr eigenes Schlafgemach führen wollte, kommt plötzlich auf die Idee, dass es in Wahrheit ganz dumm wäre, den Kriegsrat im Verborgenen abzuhalten. Sie will ja nicht als Mitwisserin einer heimlichen Schwangerschaft dastehen. Lieber soll es bekannt werden, dass sie nun etwas unternimmt in der Sache, über die ohnehin längst die halbe Stadt tratscht. «Wir gehen doch lieber in die Wohnstube, gelle», dekretiert sie kurzentschlossen. «Ich bin nicht gern oben bei so einem Gewitter.» Was nicht gelogen ist. Die Bauerin wirft, während sie den anderen die Hoftür der Wohnstube aufhält, nochmals einen besorgten Blick hoch in den dunklen Himmel. Dann tritt sie selbst ein und schließt die Tür.
    Die Königin legt fast im selben Moment los. «Was muss ich heute Morgen von der Frau Bauerin hören?», faucht sie, leise wegen der Bierstube nebenan und so entsetzt, als hätte sie tatsächlich von dem Verdacht heute zum ersten Mal erfahren. «Du hättest deine Ordinaire nicht mehr, und dein Bauch wär dick geworden, und die Nachbarsleute täten schon reden, du wärst schwanger! Was du deinen Schwestern zumutest! Wenn das die Mutter wüsste!»
    «Susann», greift die Hechtelin ein, «sprich die Wahrheit, bist du schwanger?»
    «Nein», sagt die Susann, trocken in der Kehle. Es fühlt sich an, als ob jemand anderer für sie das Wort sagt. Der Teufel vielleicht, der ihr zu lügen eingibt. Fast ist sie selbst erstaunt, dass ein Nein und kein Ja aus ihrem Mund gekommen ist. Und dann fügt sie an, was sie so oft schon geübt hat und was leichter von den Lippen geht, weil es nicht einmal gelogen ist: «Ich hab einen bösen Zorn auf die Christiane gehabt, da ist mir mitten in

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