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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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Tod.
    Das Wort hallt nach in der Susann. Bis zum Glück der Teil in ihr seine Pflicht tut, den es treibt, sich zu retten und zu verteidigen auf Vorwürfe. Nur dass diesmal die Stimme zittert dabei. «Ich hab doch plötzlich das Bluten so schlimm bekommen. Und die Frau Bauerin hat verlangt, dass ich fortgehen soll, aber mir ist so elend gewesen und ich hab so einen Schüttelfrost gehabt, dass ich unmöglich hab gehen können. Da hab ich mich auf die Hinterstiege gesetzt und gewartet, bis es besser wird.»
    In dem Moment betritt auch die Bauerin die Küche, die vorläufig aus dem Bonum nichts weiter herausbekommen hat und die jetzt wirklich sauer ist. «Susann! Warum seid Ihr noch hier! Ich hab Euch doch am helllichten Tag schon gehen heißen!»
    «Ach, Frau Bauerin, mir tut von der Ordinaire alles so weh. Kann ich denn nicht die Nacht noch bleiben? Dann kann ich Euch morgen auch Zinn polieren helfen.»
    «Nein, Ihr könnt nicht bleiben! Heute leide ich Euch nicht mehr im Haus! So, und jetzt geht Ihr, und zwar sofort. Frau Hechtelin, Ihr nehmt sie mit.− Ihr könnt wiederkommen, wenn Ihr gesund seid.»
    So schwerfällig und leidend, wie die Susann jetzt aufsteht und durch Küche und Stube zur Hoftür geht − sagt sich die Bauerin −, wird das Schlimmste wohl noch bevorstehen. Gott sei Dank nicht in ihrem Haus.
     
    Die Schwestern gehen wortlos nebeneinander her. Wo der Weg auf die Predigergass stößt, will die Susann links abbiegen, doch die Hechtelin greift sie fest am Arm. «Kind!», zischt sie. «Was denkst du denn, du weißt doch, dass ich dich dem Hechtel nicht ins Haus bringen darf! Wir müssen hoch zur Ursel.» Das ist weiter, viel weiter, die Susann ist so unendlich müde, sie blutet unentwegt, es tut ihr alles weh, und der Empfang von der Ursel, der wird auch nicht freundlich sein. Sie schleppt sich aber tapfer neben der schweigenden Schwester einher, von der dunklen Prediger- in die helle Fahrgasse, durch die alte Bornheimer Pforte, quer über die Zeil, wo noch vereinzelte Menschen unterwegs sind, ebenso auf der Friedberger Gasse, die es nun hochgeht, an dem riesigen Anwesen vom Schultheißen Textor vorbei, und zu guter Letzt auf die sich anschließende Alte Gasse.
    An deren Ende, kurz vor dem Friedberger Tor, wohnte in einem der älteren Häuser auf der rechten Seite der Tambour König samt Anhang in zwei kleinen Zimmern zur Miete. Zu welcher (nämlich der Miete) der Anhang einen guten Teil beitrug, da der Sold eines Tambours allein wohl kaum weit reichen würde.
     
    Als die Ursel Königin heute Abend von der Dorette die Nachricht bekam, die Susann werde seit etwa acht Uhr aus dem Bauerischen Haushalt vermisst, und das Letzte, was man von ihr wisse, sei, dass sie über Leibschmerzen geklagt habe − da hatte die Ursel natürlich das Schlimmste befürchtet. Nach dem ersten Schrecken hatte sie sich dahingehend geäußert, sie habe es ja schon immer gewusst, und sich im Übrigen aus Scham und Sorge derart erregt, dass sie sich schließlich schwach im Magen mit einem starken Frost ins Bett legen musste. Da lag sie noch immer, und ihr Mann, der Tambour, lag neben ihr, weil es unterdessen Nacht geworden war.
    Die Ursel hatte noch gar nicht so lange geschlafen, als sie von einem Geräusch geweckt wurde. Und zwar kam es, wie ihr erwachend klar wurde, von Kieselsteinen, die gegen das Fenster schlugen. Du lieber Gott. Was denn jetzt? Und dann hört sie die Dorette unten auf der Straße halblaut nach ihr rufen. Neben ihr im Bett grunzt nun auch schlaftrunken der Mann, worauf die Ursel ihn mit einem «Schscht!» am Arm fasst und zischt: «Wir schlafen, wir machen nicht auf!»
    Sie will gar nicht wissen, was für ein Unheil sich da entwickelt haben mochte mit der Susann, dass die Dorette um kurz vor elf noch zu ihr gelaufen kommt und unterm Fenster randaliert. Was die Dorette sich dabei wohl denkt! Sie, die Ursel, braucht ja ihren Schlaf nach dem Schrecken von heut Abend und ganz bestimmt nicht noch weitere Hiobsbotschaften mitten in der Nacht. Und die Vermieter unten wollen auch ihre Ruhe, die würden ihr noch Vorhaltungen machen. Zum Glück hatte die Dorette ziemlich bald ein Einsehen und ließ ab.
    Dachte jedenfalls auf ihrem weichen Kissen zunächst die Ursel, bis sie am Hauseck die kaputte Hoftür quietschen hörte. Also so was! Mit einem Husch ist die Ursel aus dem Bett und am Fenster, aus dem sie vorsichtig herausspäht und niemand anderen als die Susann entdeckt, die mit um sich geschlungenen Armen auf der

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