Greywalker
alles. Ich kauerte auf dem kalten Boden und rang nach Luft. Tränen der Erleichterung und der Erschöpfung stiegen mir in die Augen und mir war übel.
Nach einer Weile stellte ich fest, dass ich mich in einem Lagerraum befand. Irgendwo klingelte ein Einbrecher-Alarm, den ich erst jetzt bemerkte.
Ich fluchte und schwor mir, dass Albert für diesen Scherz büßen würde.
Unsicher stand ich auf und stolperte ein oder zwei Minuten lang durch die Dunkelheit, bis ich schließlich eine Tür fand, die nach draußen führte. Als ich den Lichtkegel einer Straßenlaterne sah, atmete ich erleichtert auf. Da verdunkelte auf einmal ein Schatten mein Blickfeld. Ich blieb abrupt stehen.
»Polizei! Heben Sie die Hände und rühren Sie sich nicht von der Stelle.«
Meine Erleichterung verwandelte sich auf einen Schlag in Frustration, während ich wie angewiesen die Hände hob.
Die Polizeibeamten waren sehr höflich, bis sie meine Pistole fanden. Schlagartig änderte sich ihr Umgangston. Sie brachten mich zur Polizeistation, ohne mir auch nur ein Wort der Erklärung zu geben. Die Beamten, die meine Personalien aufnahmen, waren auch nicht freundlicher, obwohl sie zugeben mussten, dass meine Papiere einwandfrei waren. Trotzdem wurde meine Pistole als Beweisstück beschlagnahmt, bevor sie mich das Telefon benutzen ließen.
Es dauerte nicht lange, bis man Will im Restaurant ausfindig gemacht hatte, der noch immer in der Nische saß, in der ich ihn zurückgelassen hatte.
»Hallo, Will. Hier spricht Harper. Es tut mir wirklich leid, aber ein dringender Auftrag hat es notwendig gemacht, dass ich sofort weg musste. Ich wollte dich nicht einfach so sitzen lassen.«
»Ein dringender Auftrag«, wiederholte er.
»Ja. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich dich absichtlich habe sitzen lassen? Leider hatte ich in diesem Fall keine Wahl.«
»In Ordnung«, sagte er, aber ich hörte deutlich, dass es ganz und gar nicht in Ordnung war.
»Will, bitte sei mir nicht böse. So ist mein Beruf leider. Plötzlich taucht etwas auf und ich muss ihm nachgehen, wenn sich die Gelegenheit ergibt – ganz egal, wann das sein mag. Wenn ich mit dir nicht hätte essen gehen wollen, hätte ich dich sicher nicht angerufen.« Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. »Will, ich bin auf einem Polizeirevier, ich kann also nicht lange telefonieren. Ich weiß auch nicht, wie lange das hier noch dauert. Ich rufe dich später wieder an. Einverstanden?«
»Einverstanden«, antwortete er. »Wir können darüber reden, wenn du mich anrufst.« Dann er legte auf.
Toll – das war es also mal wieder mit der Romantik in meinem Leben. So hatte ich mir den Abend eigentlich nicht vorgestellt.
Die Polizei nahm meine Fingerabdrücke in die Kartei auf, und ich gab noch einmal eine deutlich veränderte Version der Ereignisse zum Besten. Die Besitzer des Gebäudes waren nicht zu Hause gewesen, als der Alarm los ging, und als sie schließlich bei der Polizei auftauchten, wollten sie hören, was eigentlich los gewesen sei.
Also log ich. Ich erzählte ihnen wie zuvor der Polizei, dass ich einem Versicherungsbetrüger vom Restaurant durch einen Tunnel in ihren Keller gefolgt wäre. Den Besitzern des Hauses, das nun als Pension fungierte, sagte die Vorstellung, dass sie ein Gebäude mit einer geheimnisvollen Vergangenheit besaßen, offenbar sehr zu. Die Polizei war allerdings nicht so begeistert von einem maroden Tunnel, den es nun zu sichern galt. Obwohl die Beweislage recht dürftig war, schienen sie meine Geschichte doch zu schlucken. Wie hätte ich ihnen sonst erklären sollen, dass ich in einen von außen abgeschlossenen Keller gelangt war?
Es war schon nach elf, als sie zu der Erkenntnis kamen, mich gehen zu lassen. Sie händigten mir meine Sachen einschließlich der Pistole aus und ich rief mir ein Taxi, das mich zu meinem Wagen brachte.
Ich bezahlte den Taxifahrer und ein Gefühl der Erleichterung überkam mich, als ich bemerkte, dass Wills Transporter inzwischen vom Parkplatz des Restaurants verschwunden war. Gleichzeitig hasste ich mich dafür, dass ich so empfand. Erneut verfluchte ich Albert, stieg in den Wagen und warf die Fahrertür zu. Mindestens zwei Minuten lang saß ich hinter dem Steuer und versuchte mich zu beruhigen, ehe ich den Motor anließ und losfuhr.
Zu Hause angekommen, joggte ich die Treppe im Laufschritt hoch, um meine noch immer vorhandene Wut abzureagieren. Ich riss die Tür zu meiner Etage auf. Da stellte ich fest, dass die Tür zu meiner
Weitere Kostenlose Bücher