Griechisches Feuer
erstaunlicher Schnelligkeit packte Les sie und riss sie an sich.
Grace reagierte sofort, ohne lange nachzudenken. Sie versetzte ihm einen harten Tritt, und zu ihrer großen Freude schrie er voller Schmerz auf. Er war lange genug abgelenkt, so dass sie sich aus seinem Griff befreien konnte. Aber sie kam nicht ungeschoren davon. Der große Siegelring, den Les trug, hinterließ eine Schürfwunde, und ein reißendes Geräusch zeigte ihr, dass ihre Freiheit sie ein Kleid gekostet hatte.
Aber das war Grace egal. Sie wollte nur weg, weit weg von diesem widerlichen Kerl. Sie lief los, doch er hatte sich in der Zwischenzeit erholt und die Verfolgung wieder aufgenommen.
Wütend beschimpfte er sie. Die Panik verlieh ihr Flügel, und sie verdoppelte ihre Anstrengungen.
Grace wusste nicht, wie lange sie gelaufen war. Allmählich ließ die Panik nach, und ihr Atem beruhigte sich wieder.
Offensichtlich hatte sie ihren Peiniger abgehängt - jedenfalls war nichts mehr von ihm zu sehen. Sie glaubte, sich zu erinnern, dass er irgendwann einmal gestolpert und bäuchlings hingefallen war. Das geschah ihm recht!
Aber wo war sie? Wohin war sie so blindlings geflohen?
Ängstlich sah Grace sich um. Zu ihrer Erleichterung war ihre Angst unbegründet. Sie wusste genau, wo sie sich befand, denn sie war früher sehr oft hier gewesen. Das Gebäude am Ende der Straße war ihr nur allzu gut bekannt - dort hatte Constantine seine Wohnung, und dort hätte sie damals nach der Hochzeit auch einziehen sollen.
Constantine! Allein der Name war Zauber und Rettung in einem. Es war wohl kein Zufall, dass sie gerade hierher geflüchtet war. Wie ein gehetztes Tier wollte sie instinktiv dort Schutz suchen, wo ihr niemand etwas anhaben konnte.
Jetzt war ihr alles egal. Dann heiratete er sie eben nicht! Sie wusste nur, sie brauchte Constantine. Nur er konnte die Leere, die sie fühlte, vertreiben. Sie wollte seine Arme um sich spüren und sich an seine starke Brust lehnen. Wenn er nicht bereit war, mehr zu geben - auch gut, sie würde damit zufrieden sein. Ohne ihn konnte sie nicht leben, das musste sie sich ein für .alle Mal eingestehen.
"Bitte sei da", flehte Grace, als sie den Hauseingang erreicht hatte und auf die Klingel drückte. "Bitte, bitte, bitte."
"Ja?" Erleichtert hörte sie seine Stimme über die Gegensprechanlage. Constantine war offensichtlich über die späte Störung verärgert. Aber es kümmerte sie nicht. Seine Stimme war für Grace in diesem Augenblick das Wundervollste auf der Welt.
"Constantine, ich bin's, Grace."
Sogar auf die Entfernung hin spürte sie seine Zurückhaltung.
Hoffentlich machte er ihr auf!
"Bitte", sagte sie flehentlich. "Lass mich rein. Ich brauche dich."
Keine Reaktion. Grace wartete eine kleine Ewigkeit - so kam es ihr jedenfalls vor -, aber schließlich hörte sie zu ihrer Erleichterung, wie er ergeben seufzte.
"Komm hoch", sagte er nur und öffnete ihr die Tür.
Der Weg zu seinem Penthaus kam Grace trotz des schnellen Fahrstuhls unendlich weit vor. Und plötzlich fiel ihr wieder ein, was Constantine an ihrem letzten gemeinsamen Abend gesagt hatte. Er hatte Angst vor Fahrstühlen, Angst vor der Enge.
Wie, um alles in der Welt, kam so ein Mann auf die Idee, sich ein Penthouse in einem mehrstöckigen Gebäude zu kaufen?
Hatte er sich beweisen wollen, dass er seine Angst im Griff hatte? Daus nie sein Leben nicht beeinflusste? War das der einzige Grund gewesen?
Als der Fahrstuhl mit einem Ruck zum Stehen kam, rätselte sie immer noch. Die Tür öffnete sich, und sie betrat benommen den hell erleuchteten Flur. Constantine wartete schon auf sie. Er trug - für ihn ganz untypisch - ein weißes T-Shirt und Jeans.
"Was willst...?" fragte er böse, unterbrach sich aber sofort, als er ihr blasses Gesicht und das zerrissene Kleid sah.
"Um Himmels willen, Grace, was ist passiert?" Seine Sorge um sie war ehrlich und aufrichtig, und genau das brachte das Fass zürn Überlaufen. Alle bis dahin ungeweinten Tränen strömten plötzlich über Grace' Gesicht. Wie blind streckte sie die Hände aus und tastete verzweifelt nach ihm.
Sofort nahm Constantine ihre Hände, und gleich darauf lag Grace in seinen Armen. Nur er konnte ihr Trost und Sicherheit geben. Ihr Traum schien wahr geworden zu sein. Alle ihre Träume schienen wahr geworden zu sein. Und Grace wusste nicht, ob sie eigentlich vor Angst oder vor Freude weinte.
Freude darüber, endlich nach Hause gekommen zu sein.
Sie bemerkte kaum, dass Constantine sie ins
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