Griechisches Feuer
die Hände und drückte ihre Finger gegen die schmerzenden Schläfen. Sie hatte das Gefühl, jemand hätte ihr ein Band aus Stahl um den Kopf gelegt und würde immer fester zudrücken.
"Ich verstehe nicht, was du meinst."
Constantine gab einen Laut der Verärgerung von sich, drehte sich um und ging zum Erkerfenster. Er blickte in die dunkle Nacht hinaus - genauso, wie er es getan hatte, als er ihr eröffnet hatte, dass er sie nie zur Frau nehmen würde.
"Ich habe mich entschlossen, die Liebe, die ich für dich empfinde, zu verdrängen", antwortete er ihr schließlich, ohne sie anzusehen. "Ich lasse es nicht zu, dass mein Herz noch einmal davon beeinflusst wird."
"Das ist unmöglich!" Grace war fassungslos.
Langsam drehte Constantine sich um und blickte sie an.
Grace erschrak. Er schien eine Maske aufgesetzt zu haben - so unnahbar und ausdruckslos war sein Gesicht. Und das sagte ihr alles. Hinter der Maske war der eiserne Wille verborgen, mit dem er die Kontrolle aufrechterhielt.
"Meine Gefühle gehören genauso zu meinem Leben wie die Tatsache, dass ich Grieche bin, dunkles Haar, dunkle Augen und von der Sonne gebräunte Haut habe. So ist es nun einmal, ich kann es nicht ändern. Aber ich muss damit leben, also denke ich nicht weiter darüber nach, sondern akzeptiere es, wie es ist. Ich habe zum Beispiel Angst vor Fahrstühlen, aber ich gebe ihr nicht nach."
"Du hast was?"
Einen Moment lang war Grace von ihrem Schmerz abgelenkt.
Hatte er eben eine Schwäche zugegeben? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er überhaupt vor irgendetwas Angst hatte.
"Du hast Angst vor Fahrstühlen?"
"Ja." Constantine nickte.
"Das hätte ich niemals gedacht!"
"Siehst du, genauso soll es sein. Ich habe Angst, aber ich lasse sie nicht an mich heran."
"Und so machst du es auch mit den Gefühlen, die du für mich hast?"
"Ich fühle nicht, ich weiß es."
"Tatsächlich?"
Wie schon vorher beim Abendessen auf Skyros gewann ihr Trotz die Oberhand und ließ Grace Angst und Unsicherheit vergessen. Mit schnellen Schritten ging sie auf ihn zu.
Argwöhnisch beobachtete Constantine sie, aber er machte keine Anstalten, zur Seite zu gehen.
"Also fühlst du nichts, wenn ich das hier mache ..."
Grace hob Hand, legte sie kurz auf Constantines Schulter und ließ sie dann langsam und betont verführerisch über seinen Arm bis zu den Fingern gleiten. Sie strich über die warme Haut und die harten Muskeln. Sie fühlte, wie er einmal seine Finger bewegte, sich dann aber nicht mehr rührte.
"Oder das hier ..."
Grace umfasste sein Gesicht und liebkoste Wangen und Mund sanft mit den Lippen. Dann glitten ihre Finger weiter zu seinem Nacken und in sein Haar. Sie schob die Hände hinein und spürte die seidige Fülle.
Schweigend ließ Constantine sie gewähren. Nicht ein Muskel zuckte in seinem Gesicht.
"Oder vielleicht das hier ..."
Grace legte die Arme um ihn und presste sich an ihn. Und jetzt reagierte er. Grace spürte seine Wärme und Härte und hörte, wie sein Atem schneller ging. Diesmal konnte er nichts vor ihr verbergen.
"Constantine ..." flüsterte sie ihm ins Ohr. "Wie willst du jemals deine Gefühle unter Kontrolle bekommen, wenn du schon bei der leisesten Berührung so auf mich reagierst?"
Langsam und aufreizend küsste sie seine Wange, seinen Mundwinkel und dann seinen Mund. Plötzlich schreckte sie fassungslos zurück.
Er reagierte nicht! Und das war wie ein Schlag ins Gesicht, denn Grace war sicher gewesen, in ihm heiße Leidenschaft und forderndes Verlangen wecken zu können. Aber mit dieser unerschütterlichen Starre hatte sie nicht gerechnet. Sie fühlte sich verraten und verkauft.
Bloß weg! dachte sie. Sie konnte es nicht länger ertragen, ihn zu berühren, ihm nahe zu sein und seine Ablehnung so deutlich zu spüren.
"Gewonnen!" sagte Grace heiser und wich zur Sicherheit noch weiter zurück. "Du weißt wirklich, wie man jemanden schachmatt setzt."
"Ich möchte nur nicht, dass du dir irgendwelche Illusionen machst."
"Oh, sei unbesorgt. Illusionen mache ich mir schon seit langem nicht mehr."
Wenn ihre Worte bloß stimmen würden! Wenn sie doch ihre Wunschträume ein für alle Mal vergessen könnte! Es lag nicht an Constantine, denn er hatte ihr ja schonungslos mitgeteilt, was er von ihr erwartete. Warum also wollte es ihr einfach nicht gelingen?
"Und deshalb bin ich der Meinung, dass wir die Sache jetzt und hier beenden."
Damit hatte Constantine nicht gerechnet. Er zuckte zurück und kniff die Augen
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