Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)
und ziehen von dannen.
Kapitel 20
Auch ich mach mich auf den Weg zu meinem Auto. Der Rudi tippelt neben mir her. So kann er unmöglich heimfahren. Also hiev ich den gepeinigten Sheriff in den Beifahrersitz und wir machen uns auf den Weg nach Niederkaltenkirchen.
»Ein Wahnsinn, wozu Weiber so fähig sind«, sag ich allein schon, um mein Mitgefühl zu erwähnen.
»Von Männern erst gar nicht zu reden«, sagt der Rudi und schaut seitwärts durch das Fenster. »Den Hausladen, den hätte ich auch über die Treppe entsorgt. Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Denk doch mal: mit seiner eigenen Tochter! So ein Schwein. Und dann der Barschl …«, fasst er sich lachend an die Stirn. »Der Barschl, der hätte sowieso dringend weg müssen. Klapse, verstehst’? Und da … da hätten sie ihn ziemlich rund gemacht. Die anderen Psychos. Ja, komm da mal rein und sag: ›Ich bin Bulle, und in meiner Freizeit trag ich bevorzugt Röcke und Nagellack.‹ Da bist du doch fällig, oder?«
Er ist jetzt direkt erregt, mein Freund Rudi. Ja, bei solchen Themen tickt er gern mal aus. Das hat ihm auch damals seine Entlassung bei der Polizei beschert. Weil er halt so nullkommanull Verständnis hat für jegliche Art von Perversionen.
Daheim macht die Oma einen Eisbeutel und haut ihn dem Rudi aufs Gemächt. So geht es gleich besser. Er liegt völligkraftlos in der Hängematte und sendet dankbare Blicke in Omas Richtung. Im Schaukelstuhl daneben residiert der Paul, und wieder eins weiter hockt der Papa auf einer Decke am Boden und raucht einen Joint. Ganz gespannt lauscht er unseren Schilderungen, und fast glaub ich, so was wie Stolz in seinen Augen funkeln zu sehen. Aber nur kurz. Dann kommt der Leopold samt Familie, und das Interesse vom Papa verlagert sich schlagartig. Der Zwerg Nase findet zielstrebig den Weg zu mir rüber und kraxelt auf meinen Schoß. Die Panida hat eine Tupperschüssel dabei. Eine riesige sogar.
»Die Panida hat uns was Feines gekocht. Thailändisch. Ein Tomka Gai. Da wirst du Augen machen, Papa«, sagt die alte Schleimsau und zerrt diese fremde Kostbarkeit in Kunststoffverpackung aus den Armen der Gattin. Die Oma schleppt Teller und Besteck aus der heimatlichen Küche, und gleich setzen sich alle ganz gespannt an den Esstisch. Es schmeckt gut. Relativ wenigstens. Wenn man auf Gewürze steht wie Curry, Koriander und Schlagmichtot, dann wahrscheinlich sogar göttlich. Mir schmeckt’s eher mäßig. Was zum einen an diesen ganzen unbekannten Nuancen liegt. Da kommen ja Geschmacksnerven zum Einsatz, wo ich gar nicht wusste, dass ich die hab. Zum anderen liegt’s natürlich wieder mal am Leopold seiner Anwesenheit. Aber der Sushi, der schmeckt es prima, und so bin ich ohnehin pausenlos beschäftigt, diesen winzigen Schlund zu füllen. Sie strahlt mich an. Bei jedem einzelnen Happen. Unglaublich.
Nach dem Essen geh ich zum Wolfi, und freilich hab ich den Rudi im Schlepptau. Die Herren Simmerl und Flötzinger sind auch anwesend, hängen wie verreckt über den Biergläsern und werfen trübsinnige Blicke hinein.
»Irgendwie miese Stimmung hier«, sag ich mit Blick auf die trostlose Runde.
»Ja«, sagt der Wolfi und stellt erst mal Bier auf den Tresen. »Wenn das so weitergeht, verklag ich die zwei sowieso noch auf Schadensersatz. Die vertreiben mir ja direkt die ganzen Gäste mit ihren grantigen Lätschn.«
Wobei das natürlich übertrieben ist. Weil, seien wir einmal ehrlich: so wahnsinnig viele Gäste hat der Wolfi jetzt auch wieder nicht. Und die meisten kommen ohnehin nur, um ihren Grant zu ersäufen. Ihren Grant wegen Kohle. Oder Weibern. Oder beidem. Beim Flötzinger sind es heut Weiber. Ganz klar. Beim Simmerl tipp ich erst mal auf BMW. Erfahre dann aber, dass es ebenfalls Weiber sind. Genau genommen ein Weib. Die Gisela. Die macht ihm nämlich momentan das ganze Leben zur Hölle. Und das, bloß weil’s der Simmerl halt gut gemeint hat mit seinem Buben und ihm ein anständiges Auto gekauft hat. Weil aber der Depp keinerlei Ahnung hat von hochwertigen Fahrzeugen, liegt er jetzt lädiert im Krankenhaus. Deswegen: trübe Stimmung im Hause Simmerl.
»Die Gisela«, sagt der Simmerl, »die behauptet jetzt, ich bin ein ganz mieser Vater. Der mieseste, den man sich überhaupt vorstellen kann.«
»Tzzz«, macht der Flötzinger, ein bisschen abfällig vielleicht. »Die Mary sagt, ich bin die größte Enttäuschung ihres Lebens. Die allergrößte sogar. Der totale Versager halt.« Er nimmt einen großen Schluck
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