Griffin, Forrest u. Krauss, Erich
wie er es sagte, klang es, als wäre es bereits geschehen oder als hätte er in die Zukunft geschaut und das Ergebnis des Kampfes erfahren. Die Hälfte der Anwesenden nickte auch gleich bestätigend mit dem Kopf. Die andere Hälfte schaute zu Babalu hinüber, und dessen Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war auch er dieser Meinung. Er sprach es zwar nicht laut aus, aber man sah, dass er dachte: Ja, wahrscheinlich schlägt er mich k.o. Es war psychologische Kriegsführung vom Feinsten. Wahrscheinlich wäre es weniger wirksam gewesen, wenn Liddell noch nie einen Kampf gewonnen hätte, aber zu der Zeit war er ganz groß darin, Leute k.o. zu schlagen. Wenn es euer erster Kampf ist, lasst das Gelaber. Ihr macht euch nur lächerlich, wenn ihr dann nach vier Sekunden besiegt am Boden liegt. Euer Gegner wird dann höhnisch gackernd um euch herumtanzen. Keine schöne Szene für euer Demoband.
Was man vor einem Profikampf nicht sagen sollte:
Ich tret ihm in den Arsch.
Ich schlag ihm den Schädel ein.
Ich hau ihm so die Fresse ein, dass ihn seine Mutter nicht mehr wiedererkennt.
Ich werd ihn so verdreschen, dass seiner Freundin die Eierstöcke rausfallen.
Ich werd’s euch allen zeigen.
Ihr versteht, worauf ich hinauswill – ich meine die ganzen Angeberklischees. Wenn ihr noch mehr abschreckende Beispiele braucht, schaut euch WEC-Kämpfe an. Die WEC-Kämpfer sind Meister im schlechten Scheißelabern.
Wenn der Reporter unbedingt etwas von euch hören will, bitte keine Scheiße labern, sondern handelsübliche Sportlerphrasen verwenden:
Ich werde 110 Prozent geben. Keine Ahnung, wie das möglich sein soll, aber ich versuch’s.
Ich werde mein Bestes geben, werde alles geben.
Ich werde nicht aufgeben, ehe die Glocke läutet.
Es wird einen harter Kampf – und das wird er zu spüren bekommen.
Und jetzt bitte mal mit dicker Hose schlendern
MMA ist aufgrund seiner Komplexität schwer zu beurteilen. In jeder Runde müssen die Kampfrichter eine ungeheure Menge an Informationen aufnehmen und verarbeiten, unter anderem Treffer, Takedowns, versuchte Submissions und Oktagonbeherrschung, was ein vornehmer Ausdruck für Aggressivität ist. Wenn der Kampf sehr eng ist, kann ein unerfahrener Punktrichter (und von denen gibt es viele) unter Umständen die Informationsmenge nicht verarbeiten, sodass er beim Ausfüllen des Punktzettels das Erscheinungsbild und das allgemeine Auftreten der Kämpfer mit berücksichtigt. Daher müsst ihr genau darauf achten, wie ihr euch nach dem Ende jeder Runde benehmt .
Ich persönlich setze eine Methode ein, die der berühmte Runningback Jim Brown von den Cleveland Browns entwickelt hat. Während des Footballspiels stand er nach jedem Spielzug gemächlich auf, händigte dem Schiedsrichter ganz lässig den Ball aus und schlenderte dann zu seiner Position zurück. Egal, ob am Anfang oder gegen Ende eines Spiels – immer schlenderte er mit dem gleichen Gesichtsausdruck und der gleichen Geschwindigkeit. Irgendwann fragte ihn sein Trainer, ob er nicht aufspringen und etwas zackiger gehen könnte, aber Jim hatte eine einfache Erklärung.
»Und was, wenn ich den Ball schon 30-mal gespielt habe und nicht mehr so zackig gehen kann? Pass auf, ich sag’s dir: Das gegnerische Team sieht dann, dass ich nicht mehr zackig gehe, dass ich geschwächt bin, dass ich völlig fertig bin. Dann hätte ich doch mein Ass verspielt.« (An dieser Stelle fragte mich mein Lektor, ob Jim Brown das exakt so gesagt habe, und ich antwortete: »Keinen blassen Schimmer.« Ich wollte einfach nur eine Geschichte erzählen. Ich meine, mich zu erinnern, dass er etwas in der Art gesagt hat, aber in meinem Kopf geht es oft ein bisschen drunter und drüber. Danke schön, Adam Korn, dass du dieses nette Anekdötchen kaputtgemacht hast. Nur weiter so.)
Wenn man darüber nachdenkt, ist das ziemlich genial. Indem er seine Energie und seinen Enthusiasmus verbarg, solange sie noch vorhanden waren, konnte er Energie und Enthusiasmus vortäuschen, wenn er beides nicht mehr hatte. Wer ihn zum ersten Mal spielen sieht, könnte ihn aufgrund seiner lahmarschigen Bewegungen für faul oder erschöpft halten, aber wenn man ihn Dutzende Male ruhig und gesammelt aufstehen sieht, gewöhnt man sich an sein Tempo. Es erscheint einem normal.
Jim Brown hat diese Taktik zwar für das Footballspiel erfunden, doch sie lässt sich genauso gut bei MMA anwenden. Man kann damit seine Schwäche vor dem Gegner und seiner Ecke, vor den Fans und – was das Wichtigste ist
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