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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Decken mit stabilem Metallgeflecht versehen waren, um Geröll zurückzuhalten. Überhaupt kam es Grim so vor, als wäre er in einem Bergbau gelandet. Überall hingen Lampen herum, Schienen verliefen auf dem Boden, und je weiter sie über Treppen und metallene Aufzüge ins Innere des Zwergenreichs vordrangen, desto mehr fühlte er sich in ein gewaltiges Netzwerk aus Höhlen, Stollen und Schächten versetzt. Mitunter drang das dumpfe Klopfen eines Hammers durch die dicken Steinschichten, doch nach und nach veränderten sich die Gänge, wurden prunkvoller und größer, und schließlich nahm Grim den geheimnisvollen, kühlen Duft jener uralten Gesteine wahr, die in den tieferen Regionen der Erde vorherrschten.
    Bald tauchten zu beiden Seiten der Gänge die ersten Wohnungen mit bunt bemalten Türen auf. Grim roch den Duft von gebratenem Fleisch, der aus gemütlichen Restaurants drang, und das Aroma wilder Blumen. In einer Höhle, aus der verschiedene Schächte hinausführten, überquerten sie einen lebhaften Basar, auf dem alles feilgeboten wurde, was auch auf den Märkten Ghrogonias zum Verkauf stand, und unzählige Kinder liefen zwischen den Ständen herum. Sie spielten mit merkwürdig altertümlichen Gegenständen wie Reifen und Stöcken, aber auf den ersten Blick hätten sie fast als Menschenkinder durchgehen können. Doch sie waren etwas stämmiger gebaut, und in ihren Augen lag eine Weisheit, die auch in den Blicken der alten Zwerge wohnte und die kein Mensch jemals erlangen konnte.
    Kurz darauf durchquerten sie die Gänge des Handwerksviertels, in denen sich hinter prunkvollen Türen die Betriebe verbargen. An jedem Geschäft prangte das Wappen einer der Gilden, welche die Gesellschaft der Zwerge gliederten. Steinmetze waren besonders zahlreich vertreten, und Grim erinnerte sich daran, dass das Volk der Zwerge die größten Steinbildhauer der Anderwelt hervorgebracht hatte. Noch heute verdankten einige sehr alte Gargoyles ihre steinernen Körper der Hand eines Zwergs. Grim dachte an den Apollo von Belvedere, der von den Menschen für eine antike Marmorstatue gehalten wurde, in Wahrheit jedoch Gargoyleblut in den Adern trug und seine herausragend schöne Gestalt einem Zwerg aus den Pyrenäen verdankte. Inzwischen würde kaum ein Zwerg mehr auf die Idee kommen, einem Gargoyle einen Körper zu schenken. Zu viele Zerwürfnisse hatten die Völker in den vergangenen Jahrhunderten entzweit.
    Nicht ohne Ehrfurcht ließ Grim den Blick über die unzähligen Handwerksbetriebe gleiten, die sie passierten. Er hatte zwar gewusst, dass die Zwerge keineswegs nur Steinmetze und Krieger waren, sondern sich allgemein als ausgezeichnete Handwerker verdingten — doch die Fülle der Gilden, die er hier sah, hätte er nicht erwartet. Barbiere fanden sich neben Buchbindern (in der Tat hatte Grim bereits einiges über Philkombra gehört, die sagenhafte Bibliothek der Zwerge in den Alpen, die jedes Buch beherbergen sollte, das jemals geschrieben worden war), Gerber neben Goldschmieden, und nicht nur einmal begegneten Grim Tischler und Sattler in ihrer traditionellen Kluft.
    Ein seltsamer Zauber lag über der Stadt und ihren Bewohnern, die emsig durch die Gänge eilten und sich sogar von den merkwürdigen Gästen nicht in ihrem Tagewerk aufhalten ließen, eine Klarheit, die Grim noch nie auf diese Art erlebt hatte. Er hatte einmal gelesen, dass es kein ehrlicheres Wesen gab als einen Zwerg, und nun, da er durch die Gänge und Stollen dieser Stadt ging, begann er zu begreifen, dass die Einfachheit und der Stolz, den diese Wesen in sich trugen, mit keiner Eitelkeit der Welt aufzuwiegen waren. Grim seufzte leise. Er hätte gern ein freundliches Wort, einen herzlichen Blick von diesen Geschöpfen empfangen, denen er sich plötzlich auf so seltsame Art verbunden fühlte. Aber sobald sie ihn ansahen, wurden ihre Augen kälter als der Granit, aus dem zahlreiche ihrer Gänge bestanden. Für sie war er ein Koloss aus Stein mit einem menschlichen Herzen. Er gehörte nicht hierher.
    Endlich blieb Theryon vor einer Tür aus weißem Marmor stehen. Ein junger Zwerg in grüner Uniform stand davor und verschwand durch die Tür, nachdem Theryon ihm etwas zugeflüstert hatte. Kurz darauf kehrte er zurück und rief aus Leibeskräften: »Baron Folpur der Siebte, Sohn des Amas, auch genannt Flamme der Luft, Herrscher der Zwerge Irlands seit dem Zeitalter der Roten Glut, heißt die Besucher Imradols willkommen!«
    Sie traten ein und fanden sich in einer Höhle

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