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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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noch dazu nur aus Sagen und Legenden kannten. Aber sie hatten keine andere Wahl gehabt, und daran hatte sich bis jetzt nichts geändert. Grim warf Mia einen Blick zu, die schweigend neben ihm herging, die Arme um den Körper gezogen, als würde sie frieren. Er hatte gesehen, wie die Offenbarungen Aldrirs sie getroffen hatten. Sie war es gewesen, die die Hoffnung auf den Krieger des Lichts angefacht und am Leben erhalten hatte. Jetzt musste sie erkennen, dass diese Hoffnung auf sehr wackligen Beinen stand. Er schob Remis beiseite, der auf seiner Schulter hockte, und legte den Arm um Mia. Sie lächelte ein wenig, und Grim sah den Funken in ihren Augen, den er an ihr liebte: das Licht in der Dunkelheit. Vielleicht hatte sie recht. Vielleicht würden sie in dem jetzigen Krieger des Lichts tatsächlich einen Helden finden, der die Hoffnung erfüllen konnte, die sie in ihn setzten.
    Langsam wurde es heller in dem düsteren Gang, und nach einiger Zeit gelangten sie in einen ovalen Raum, dessen Decke von Steinblöcken getragen wurde. Ein mit Schlachtszenen reich verzierter Sarkophag stand auf einem kleinen Podest, und in Nischen, die in den Stein der Wände geschlagen worden waren, lagen Reliquien und Grabbeigaben aus lang vergangener Zeit.
    »Willkommen in meiner Gruft«, sagte Aldrir mit einem Lächeln. Er schob mühelos den Deckel des Sargs beiseite, um einen alten Dolch und einige Münzen daraus zu entnehmen. Mit einer Geste bedeutete er der Gruppe, sich auf dem Boden neben dem Podest niederzulassen, und begab sich in die Mitte des Raumes. Leise murmelnd sprach er einen Zauber über seinem Dolch, beugte sich vor — und schnitt mit der Waffe durch den steinernen Boden wie durch Butter.
    Grim presste die Zähne aufeinander. Es war nicht leicht, Metall und Stein zu bezwingen, zumal dann nicht, wenn beides ein hohes Alter erreicht hatte. Aldrir schien sein Zauber jedoch keinerlei Anstrengung zu kosten, und das bedeutete, dass dieser ehemalige Krieger des Lichts über beträchtliche magische Fähigkeiten verfügte — für einen Menschen. Allerdings wäre es nicht das erste Mal gewesen, dass Untote mit der Zeit, die sie existierten, ungeheuer stark wurden.
    Aldrir schnitt einen großen Drudenfuß in den Boden und umgab diesen mit verschlungenen Zeichen, ehe er einen Kreis ringsherum zeichnete. Dann stellte er sich in die Mitte seines Pentagramms, legte den Kopf in den Nacken und hob den Dolch vor seine Augen, um ihn gleich darauf loszulassen. Die Waffe blieb regungslos vor dem Gesicht des Kriegers stehen. Aldrir streckte die Arme zu beiden Seiten vom Körper aus. Die Handflächen wiesen nach oben, in jeder erkannte Grim eine Münze.
    »Ich begebe mich nun auf eine Reise in die Vergangenheit«, sagte Aldrir mit feierlicher Stimme. »Auf der Fährte meines Blutes werde ich die Spuren meiner Nachfahren verfolgen bis zum heutigen Tag. Und am Ende wird der stehen, den ihr sucht — der letzte Krieger des Lichts.«
    Mit diesen Worten umfasste er den Dolch mit seinem Blick. Die Klinge der Waffe begann in fahlem Licht zu glühen. Grim hörte ein Geräusch wie von berstendem Metall, das die Stille durchdrang und die Luft in unangenehmer Vibration erzittern ließ. Die Töne wurden heller und schriller, sie drangen in Grims Gehör ein wie Speere. Schmerzerfüllt presste er sich die Hände gegen die Ohren, doch gerade als er meinte, die Klänge nicht mehr ertragen zu können, riss Aldrir den Mund auf und brüllte. Der Schrei zerriss jedes andere Geräusch. Der Dolch schoss mit einem gleißenden Schweif aus Licht in die Höhe, umkreiste Aldrir, der die Hände zu Fäusten ballte, und blieb für den Bruchteil einer Sekunde hinter dessen Rücken stehen. Grim hörte das Zischen der Münzen, die sich glühend heiß in Aldrirs Handflächen versenkten, und roch den Gestank von verbranntem Fleisch. Dann fuhr der Dolch durch die Luft und bohrte sich von hinten in das Herz des Kriegers.
    Die Spitze der Waffe ragte blutverschmiert aus Aldrirs Leib, doch nur für einen Moment. Dann wurde ihr Licht heller, silberne Strahlen schossen aus Aldrirs Brust und aus seinen Händen. Sein Körper wurde von innen erhellt, das Licht dehnte sich aus, schon zogen Risse über Gesicht und Arme wie über eine halb zerbrochene Figur aus Stein — und aus ihnen brach sich das Licht seinen Weg. Grim zog Mia an sich, doch er konnte sich nicht von dem Anblick abwenden. Da hob Aldrir den Kopf und sah ihn an. Sein Körper erstrahlte in silbernen Farben, es war, als wäre er

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