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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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der Dämon ausspucken würde, so übermächtig stand der Ekel in seinem Gesicht. Doch dann lächelte Verus, und mit diesem Lächeln flog jede Grausamkeit, jede Niedertracht aus seinem Antlitz davon.
    »Grim«, flüsterte er, und seine Stimme war so kalt, dass die Flammen des inneren Kreises für einen Augenblick erzitterten. »An deinen Klauen klebt mein Blut. Eines Tages, das schwöre ich, werde ich es vergelten.«
    Grim stieß so verächtlich die Luft aus, wie er es vermochte. »Und auf was willst du schwören, Kreatur der Finsternis? Auf das Nichts deines Daseins oder lieber auf die Leere in deinem Inneren?«
    Verus lachte leise wie über einen gelungenen Scherz, ehe er wieder ernst wurde. »Ihr braucht meine Hilfe«, stellte er fest. »Worum geht es?«
    Vraternius griff nach der Glasglocke und hielt sie gegen das Feuer. »Löse die Magie dieses Fleisches aus ihren Fesseln, sodass wir die Spur desjenigen aufnehmen können, dessen Kind sie ist.«
    Einen Moment war es still. Verus verbarg jeden Gedanken, jede Emotion hinter seinem schönen Gesicht, und Grim musste sich mit aller Kraft zusammenreißen, um seine Unruhe nicht zu zeigen. Als hätte Verus seine Anstrengung bemerkt, lächelte er. »Warum sollte ich das tun? Ihr habt mich in ewiges Feuer geworfen — mit welcher Strafe wollt ihr mir drohen, wenn ich mich weigere, euch zu helfen?«
    Grim presste die Zähne aufeinander. Er wollte gerade etwas erwidern, als Verus die Hand hob. »Nein«, sagte der Dämon bestimmt. »Es kümmert mich nicht, ob ihr die Dosis meiner Qualen erhöht oder meine Zeit im Feuer verlängert, falls ich mich weigere. Die Zeit der Strafen ist vorbei. Jetzt ist die Zeit des Lohns gekommen.«
    Für einen Moment überlegte Grim, ob der Dämon sich mit Gewalt von seinem Standpunkt abbringen ließe. Doch er kannte Verus — mit Drohungen und Schmerzen konnte man ihn nicht brechen.
    »Was verlangst du?«, fragte er daher und hätte Verus am liebsten sein arrogantes Lächeln vom Gesicht geschlagen. Vermutlich wollte er befreit werden — sicher, was auch sonst. Das Diamantfeuer war nicht gerade angenehm, und offensichtlich hatte Verus Besseres zu tun, als sich Jahr für Jahr das Fleisch von den Knochen lecken zu lassen. Gerade wollte Grim hinzufügen, dass eine Freilassung nicht infrage kam, als Verus das Wort ergriff.
    »Ich kehre in mein Gefängnis zurück«, sagte er langsam. »Denn ich sehe ein, dass ihr mich nicht entlassen könnt, ohne das Gesicht zu verlieren. Doch ich verlange, dass ihr das Feuer von mir nehmt. Zieht es in die Grenzen meines Kerkers zurück, sodass ich mich nicht befreien kann — aber lasst mir meine Zeit ohne Schmerzen, wenn ich mich ihnen nicht nähere.«
    Grim wartete einen Moment. Dann erwiderte er: »Wir sind einverstanden. Als Gegenleistung für deine Hilfe ziehen wir das Diamantfeuer in die Grenzen deines Kerkers zurück.«
    Verus neigte den Kopf, um den Vertrag zu besiegeln. Ein düsteres Lächeln lag auf seinen Lippen, und für einen Augenblick hatte Grim das Gefühl, dass der Dämon mehr wusste, als er sagte — viel mehr. Doch schon wandte Verus sich ab und nahm die Glasglocke von Vraternius in Empfang.
    Schwungvoll riss er die Glocke zurück und griff nach dem Fleischstück, dessen Funken wie tanzende Lichter über seine Finger sprangen. Ein Lächeln glitt über Verus' Gesicht, als er das Fleisch vor seinen Mund hob. Lautlos flüsterte er etwas, doch kaum, dass das letzte Wort über seine Lippen gekommen war, peitschte ein Sturmwind durch den Saal, schoss auf die Regale zu und ließ zahlreiche Zauberutensilien zu Bruch gehen, ehe düstere Schatten aus ihm entsprangen und den gesamten Raum in nebelhafte Wirbel hüllten. Plötzlich hörte Grim Verus' Stimme so klar und deutlich, als würde der Dämon direkt neben ihm stehen — und er war nicht allein. Andere Stimmen klangen durch den Sturm, Grim hörte lockende Gesänge, er spürte, dass ihn etwas wie Sehnsucht ergriff und das unbestimmte Gefühl, den Stimmen folgen zu wollen, ganz gleich, wohin sie ihn führen mochten. Verloren stand er in dem Sturm des Dämons, den Kopf in den Nacken gelegt, und ließ die Stimmen ihn umtosen, bis ihn eine Kälte ergriff, so durchdringend und schmerzhaft, dass er auf der Stelle zu sich kam. Worte klangen durch den Sturm, eine eiskalte, grausame Stimme, die ihm nur zu gut bekannt war: Es war die Stimme des Mörders.
    Mit einem Schlag legte sich der Sturm. Er sog die Schatten in sich auf, fuhr noch einmal durch die zerbrochenen

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