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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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heran.
    »Der Rest ist Sache der OGP«, raunte er Lyskian zu. »Dieser Kerl ist gefährlich.«
    Da lachte der Vampir hinter seinem Tuch auf. Sein Lachen klang hell und klar, doch die Finsternis war nicht aus seinem Blick gewichen. »Du weißt nicht, welche Feste die Vampire dort unten feierten, damals, als die Welt noch jünger war und das Fleisch der Menschen im Todestaumel mich noch berühren konnte. Du ahnst nichts von den Schluchten, die ich in meinem Selbst durchreisen musste, und nichts von den Wüsten, in die ich meine wehrlosen Opfer verschleppte, um sie ihrem Schicksal zu überlassen. Mein Freund ...«, Lyskian hielt inne und für einen Moment erkannte Grim den uralten Vampir hinter dem Gesicht des jungen Mannes. »Ich gäbe viel darum, einer Gefahr zu begegnen, die mir das Herz durchbohren würde.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, eilte er in rasender Geschwindigkeit die Treppe hinab.
    Grim seufzte und bedeutete den anderen, ihm zu folgen. Er musste aufpassen, wo er hintrat, denn die Treppenstufen waren verflucht klein und von einem schmierigen, dunklen Film überzogen, der ihn nicht nur einmal beinahe von den Füßen gerissen hätte. Remis klammerte sich an seine Schulter und schwankte, als würde er selbst auf dem rutschigen Boden das Gleichgewicht halten müssen. Immer wieder bewahrte Grim sich selbst in letzter Sekunde durch einen raschen Griff ins Mauerwerk der Treppe vor einem Sturz — bis sein Blick auf einen faustgroßen Fleck fiel, der sich dicht über einer Stufe an der Wand befand. Grim beugte sich nieder, er fühlte den Schreck kommen, noch ehe er deutlich erkannt hatte, was es war. Mit einem Stöhnen fuhr er zurück, sodass Remis beinahe den Halt auf seiner Schulter verloren hätte. Es war der Abdruck einer Hand — einer menschlichen Hand, geformt durch ihr eigenes Blut. Grim betrachtete die Treppenstufen genauer und sah, dass sie von Schleifspuren und Abdrücken nackter Füße und Hände übersät waren. Offensichtlich hatten Menschen versucht zu fliehen und waren mit Gewalt die Treppe wieder hinabgerissen worden.
    Grim beschleunigte seinen Schritt. Schon konnte er das Ende der Treppe erkennen, die in einem groben Torbogen mündete. Lyskian war darin stehen geblieben. Grim sah sein Gesicht nur von der Seite, und doch erkannte er deutlich zwei Empfindungen darin: die gewohnte Kälte der Gleichgültigkeit — und Entsetzen.
    Mit einem Satz sprang Grim die letzten Stufen hinab und schaute in beinahe undurchdringliche Finsternis. Schemenhaft erkannte er gewaltige unterirdische Gewölbe, die an das Mittelschiff einer Kirche erinnerten. Mächtige Steinsäulen hielten die Decke, an der Kronleuchter mit ausgebrannten Kerzen hingen. Halb verbrannte Teppiche bedeckten die Wände mit den zahlreichen Kerzenhaltern. In der Mitte des Raumes war ein magischer Kreis gezeichnet worden, der in schwarzem Feuer stand. Kaum hatte Grim ihn bemerkt, flackerten die Flammen des Kreises auf.
    Grim zog die Brauen zusammen. Langsam schob er sich ins Innere des Gewölbes und schritt — von den Schattenflüglern gesichert — durch die geisterhafte Dunkelheit auf den brennenden Kreis zu. Ein beißender Verwesungsgeruch stieg ihm in die Nase, die Flammen flackerten auf, als er vor dem Kreis stehen blieb. In dessen Inneren war mit Blut ein Zeichen auf den Boden gemalt worden, das nun in magischem roten Feuer stand: der Hornvalknutr Odins, ein altes Zeichen aus keltischer Zeit, das drei Trinkhörner zu einem Dreierwirbel verband. Grim streckte die Klaue aus, um den Bann des Kreidekreises von außen zu durchbrechen und sich das Zeichen genauer anzusehen, als Remis auf seiner Schulter japsend nach Atem rang.
    Grim wandte den Blick von dem brennenden Wirbel und schaute auf die Stelle, an der er den Kreis durchbrechen wollte. Er spürte, wie ihm das Blut aus dem Kopf wich. Es war nicht Kreide, die den Kreis bildete — es waren die Augen toter Menschen, die in magischem Feuer standen. Schwarze Flammen loderten aus ihren Pupillen, überzogen die weiße Lederhaut der Augäpfel und leckten über den Sehnerv, der blutigrot auf dem fleckigen Boden lag.
    Grim wich zurück, und als hätte diese Bewegung den Befehl dazu gegeben, sprangen in diesem Moment zwei glühende Funken aus dem Kreis in die Dunkelheit. Mit einem Zischen stürzten sie sich auf die blutigen Linien weiterer Augen, die sich in der Finsternis der Gewölbe verloren, und setzten diese in schwache schwarze Glut. Rasend schnell liefen die Funken über die Bahnen aus Augen

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