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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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träge, steinerne Katze gewesen war. Seinen Hang zu albernen Uniformen und seltsamen Feierlichkeiten hatte Mourier sich bewahrt, aber er war ein hervorragender König geworden, und seine Worte legten sich steinschwer auf die Köpfe der Anwesenden. Irdas zog die Schultern an und nickte kurz. Grim konnte den Groll hinter seiner Stirn beinahe fühlen, so brennend war er, doch der Senator senkte den Blick und setzte sich. Auch Mourier nahm wieder Platz und erteilte Morl erneut das Wort.
    »Die Gargoyles brauchen die Menschen, das steht außer Frage«, fuhr dieser fort. »Aber das ist doch nicht alles! Wir alle hier streben nach einem Ideal — gerade hat unser König uns daran erinnert: das Ideal einer freien Welt. Und zu dieser Welt gehören auch die Menschen. Wollt ihr etwa so sein wie die Schlimmsten unter ihnen und auslöschen, was euch nicht gefällt?«
    Nachdenkliches Murmeln ging durch die Reihen, doch da erhob sich ein Hybrid aus dem extremen Lager. Er trug schmutzige schwarze Kleidung und erinnerte Grim an die Zeiten, in denen die Hybriden in der Kanalisation und in den unerforschten Gebieten der Katakomben gehaust hatten. Grim kannte ihn, es war Tulor, ein früherer Rebell aus den Katakomben Ghrogonias, dessen Hass auf die Gargoyles nie abgeklungen war, der jedoch ebenso die Menschen der Oberwelt mit glühender Verachtung betrachtete. Sein helles, schulterlanges Haar wurde von einem Lederband zusammengehalten, und sein Kinn war von Bartstoppeln übersät.
    »Unser Misstrauen ist groß«, begann er mit rauer Stimme »Die Gargoyles haben uns als Sklaven gehalten, noch immer begegnen uns viele von ihnen mit Geringschätzung, und wir Hybriden können kein Vertrauen haben zu Kreaturen, die uns über Jahrhunderte behandelten wie den letzten Dreck. Immer stand mein Volk zwischen den Welten: Von den Gargoyles wurden wir kleingehalten, von den Menschen jedoch wurden wir gehasst. Sie haben mein Volk ausgeschlossen und verbannt, weil wir nicht so waren wie sie — weil sie alles fürchten, was anders ist. Ja, sie hassen Geschöpfe wie uns. Und jetzt trifft unser Hass sie. Die Erinnerungen der Besucher des Louvre wurden gelöscht, oder nicht? Die Menschen werden die Anderwelt niemals finden — dafür sind sie viel zu verbohrt. Natürlich verändert die Feenmagie die Welt — die Menschen werden schon Erklärungen dafür finden, sie können immer alles erklären, was sie nicht in ihre winzigen Köpfe kriegen. Bis sie so weit sind, dass sie wahre Magie dahinter vermuten, ist die Grenze gefallen, und sie werden alle tot sein. Wir, die unbeugsamen Hybriden, werden ihnen gegen die Feen nicht beistehen. Die Anderwelt hat kein Interesse an den Menschen, mit Ausnahme der Gargoyles — und diese werden ein Auskommen finden mit den Feen, denn sie brauchen die Menschen.«
    Irdas lächelte boshaft. »Keine
freien
Menschen. Vielleicht könnte man sie in Käfige sperren, wie sie es selbst mit ihren Tieren tun — eine Art Traumlegefabrik, wie wäre das?«
    Eiskaltes Lachen glitt durch die Reihen, als hätte jemand einen gelungenen Scherz gemacht. Aber Grim spürte die Boshaftigkeit in jedem Ton, und er sah, wie Mia sich auf ihren Platz sinken ließ.
    Da ergriff erneut Morl das Wort. »Die Gargoyles sind nicht die Einzigen, die auf die Menschen angewiesen sind«, rief er gegen das Gelächter an und brachte es zum Verstummen. »Was ist mit den anderen Kreaturen unserer Welt, die nur existieren können, solange es die Menschen gibt?«
    Wie auf einen unsichtbaren Befehl hin wandten sich die Köpfe der Anwesenden dem Eingang zu, und auch Grim betrachtete Lyskian, den Prinzen der Vampire, der sich nun langsam erhob. Grim zog die Brauen zusammen. Lyskian wirkte bleich und ausgezehrt, und als er Grims Blick erwiderte, wurden seine Augen noch eine Spur dunkler. Ein seltsamer Ausdruck lag darin, eine fühl- und haltlose Dämmerung, die Grim noch nie in dieser Intensität im Blick des Vampirs gesehen hatte und die sie voneinander trennte wie eine durchsichtige Mauer.
    »Ich bin ein Vampir«, sagte Lyskian und richtete den Blick auf alle.
    »Und als solcher habe ich vor langer Zeit meinen Respekt vor den Menschen verloren. Zu oft habe ich in die Abgründe ihrer Seelen geschaut, zu intensiv ihre Gedanken gelesen und zu viele von ihnen getötet, ohne dass es mir noch etwas bedeutet hätte, sie in meinen Armen sterben zu sehen. Und doch gab es immer wieder Ausnahmen auf meinem Weg, schillernde Figuren wie aus einem Märchen, die in mein Leben traten

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