Grim - Das Erbe des Lichts
Vampire werden sich mit den Feen einigen, da bin ich mir sicher. Dem Guten Volk lag selten daran, mit der übrigen Anderwelt in Streit zu geraten.«
Da sprang Grim auf. Wut pochte in seiner Kehle, und er spürte, wie seine Augen in schwarzem Feuer loderten. »Das
Gute
Volk will keinen Streit mit den Anderwesen?«, grollte er, und seine Stimme donnerte die Reihen hinab wie ein gewaltiges Gewitter. Übelkeit stieg in ihm auf, als er die sturen Gesichter sah, und er legte eine Verachtung in seine Worte, die bitter auf seiner Zunge schmeckte. »Was ist mit den Schattenflüglern, die getötet und verletzt wurden, als sie gegen die Alben und Feen kämpften? Was ist mit Theryon, der noch immer mit dem Tod ringt?«
Irdas schnaufte verächtlich. »Die Schattenflügler wurden verletzt, weil sie sich in Dinge einmischten, die sie nichts angingen«, sagte er mit einer Gleichgültigkeit, die Grim das Blut aus dem Kopf zog. »Und Theryon — ja, der Feenkrieger mit seinen Thoronmenschen! Schon lange hätten wir diese Kreaturen aus unserer Stadt vertreiben sollen! Was haben die hier zu suchen? Was wird geschehen, wenn sie eines Tages beschließen, an der Oberwelt leben zu wollen? Was, wenn sie den Menschen dann von uns erzählen? Seht ihr nicht die Gefahr, die von ihnen ausgeht? Unser Polizeipräsident sicher nicht — immerhin liebt er eine Menschenfrau, nicht wahr? Und seine Zuneigung geht so weit, dass er bereit wäre, das Leben mehrerer Anderwesen —
unser
Leben! — für sie zu riskieren! Doch das ist noch nicht alles: Er ist selbst ein halber Mensch. Nach den Worten, die er nun zu uns spricht, könnte man sich fragen, auf wessen Seite er eigentlich steht!« Mourier setzte sich auf, ein scharfer Blick glitt über die Köpfe der Anwesenden zu Irdas hinüber. Das genügte, um den Gargoyle die Stimme senken zu lassen. »Jedenfalls wurde auch Theryon verletzt, weil er einer Menschenfrau das Leben rettete, wenn ich mich nicht irre. Da seht ihr es — die Menschen bringen nichts als Ärger und Tod! Nicht die Feen sind das Problem, die Menschen sind es!«
Das Gemurmel, das nun einsetzte, presste die Luft aus Grims Lunge wie ein Schraubstock. Er ließ sich auf seinen Platz sinken. Remis schwirrte auf sein Knie und schaute ihn aus dunklen Augen an. Grim wollte Irdas und seine gleichgültige Überheblichkeit ein für alle Mal in den Erdboden rammen — doch die Gedanken tosten durch sein Hirn, und er rührte sich nicht. Stattdessen schaute er Remis in die Augen und erkannte sein eigenes Gesicht darin, das seine Empfindungen spiegelte: Hinter den hassgeschwärzten und von blinder Angst verfärbten Worten Irdas' lag die Wahrheit. Die Anderwesen waren den Menschen fremd geworden, und die wenigen, die sie nicht hassten, fürchteten sich vor ihnen. Er spürte Framus' Blick auf seiner Stirn und sah auf. Der Kobold legte leicht den Kopf schief, unverhohlenes Bedauern spiegelte sich in seinen Zügen.
»Noch sind es wenige«, sagte Grim und bemühte sich, mit aller Entschlossenheit zu sprechen, die er besaß. »Es wäre ein Leichtes für die Anderwelt, die Feen und die Alben zu bezwingen. Sie sind zwar mächtig, doch wenn wir uns zusammentun, können wir das Zepter zurückerlangen und die Königin töten. Mia wird sterben, wenn wir es nicht tun! Die verfluchte Scherbe in ihrer Brust wandert zu ihrem Herzen und ...«
»Hier geht es um mehr als einen einzelnen Menschen«, drang Irdas' Stimme durch die Reihen. »Wie viele von uns würden fallen in einer Schlacht gegen die Feen? Es heißt, dass ihre magischen Kräfte jede Art gewöhnlicher Magie an Stärke übertreffen, so mancher behauptet sogar, dass sie nur von ihresgleichen zu bezwingen sind! Habt ihr etwa den Feenblick vergessen, die Nacht, die hinter den Masken ihrer Augen liegt?« Ein unheilvolles Raunen ging durch den Raum, und Irdas hob die Stimme, als er fortfuhr: »Erinnert euch an die Mythen, die sich um das Volk der Feen ranken, um die Legenden aus der Ersten Zeit, da die Feenkrieger noch Angst und Schrecken über Ander- und Menschenwelt brachten! Eines haben uns die frühen Kriege zwischen den Völkern gelehrt: Ein einziger Blick in die Schwärze des Inneren einer Fee genügt, um jeden von uns um den Verstand zu bringen! Noch dazu befinden sie sich in diesem Augenblick hoch im Norden, in ihrem Reich, zusätzlich geschützt durch die Schattenalben! Eine Schlacht würde für viele von uns den Tod bedeuten, denn in einem hat unser Polizeipräsident recht: Sie
sind
mächtig.«
Grim
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