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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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schon Dichter? Ich kann Ihnen versichern, daß der Staatsanwalt überhaupt keine Ader für Poesie hat, wenn Sie erst auf der Anklagebank sitzen.« Er stellte sich vor sie, so daß sie ihn anschauen mußte. »Hängt Ihr Schweigen, Ihre Abneigung zu reden, etwa damit zusammen, daß Sie sich einbilden, Sie könnten auf eine verborgene Wahrheit stoßen, falls Sie dafür nur die richtigen Worte fänden? Daß die Welt sich taub und dumm stellt und es daher sinnlos ist, zu ihr durchdringen zu wollen?«
    Die Worte waren kaum heraus, da wußte er schon, daß er einen Fehler gemacht hatte, aber er konnte nicht mehr zurück. Er ärgerte sich über sie. Als sie sich wieder dem Weg zuwandte, sagte er: »Tut mir leid. Es steht mir nicht zu, überhaupt mit Ihnen zu reden, geschweige denn ... Ihnen Vorhaltungen zu machen.« Er lächelte ein wenig; er hatte die richtigen Worte finden wollen und war in seine eigene Falle getappt; er hatte Worte gewählt, die sich in diesem Zusammenhang sehr seltsam anhörten. »Ich bin jedoch überzeugt, daß mehr dahintersteckt. Vielleicht haben Sie es Ihren Anwälten erzählt; vielleicht wäre ich der letzte, dem Sie es erzählen würden. Und doch glaube ich nicht, daß Sie denen mehr erzählt haben als mir. Ich weiß, es gibt irgendeinen anderen Grund, warum Sie Ihren Mann erschossen haben.«
    Das Schweigen zog sich in die Länge wie die Schatten auf dem Pfad. Sie standen jetzt schon so lange hier, daß es beinahe dunkel geworden war. Ein mattgoldener Streifen unterteilte den dunkelblauen Himmel. Sie hob die Arme, ihre Finger formten eine kleine Brücke, auf die sie ihr Kinn legte. Ein großes Repertoire an Gesten stand ihr nicht zur Verfügung; sie waren knapp, und sie geizte mit ihnen wie mit ihren Worten. Während der ganzen Unterhaltung hatte sie sich kaum einen Zentimeter vom Fleck gerührt. »Warum glauben Sie das?« Mehr sagte sie nicht.
    Er zögerte. Und sagte etwas anderes: »Für eine rachedurstige Frau sind Sie mir zu beherrscht vorgekommen.«
    Ihre Arme fielen herunter, doch die Hände lösten sich nicht. Sie runzelte die Stirn. »Was Sie nicht alles in den paar Sekunden gesehen haben wollen.«
    »Es waren keine paar Sekunden. Wissen Sie denn nicht, daß wir beide zur selben Zeit im Speisesaal gesessen haben?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe ein Buch gelesen.«
    »Und was für ein Buch. Wenn ich etwas Aufmunterung brauche, greife ich immer zu Camus.«
    Darauf erwiderte sie nichts, sondern betrachtete den blauschwarzen Himmel. Zwei Brachvögel kreisten über ihnen und stießen ihre eigenartig störrischen Rufe aus.
    »Und vorher, im Bronte-Museum.«
    Sie sagte stirnrunzelnd: »Ich habe Sie nicht gesehen.«
    »Ich weiß. Sie waren mit Ihren Gedanken irgendwo, nur nicht bei den alten Manuskripten. Und im Spielzeugmuseum habe ich Sie auch gesehen.«
    Die Falten auf ihrer Stirn vertieften sich. »Sie sind mir gefolgt?« Jury nickte. »Warum?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Das schien sie eher zu amüsieren als zu verärgern, doch dann schüttelte sie wieder den Kopf und sagte langsam: »Aber Sie haben nichts gesagt.«
    Und er sagte auch jetzt nichts, denn einerseits verstieß er gegen seinen Ehrenkodex und schämte sich dafür; andererseits redete sie mehr, wenn er schwieg. Es schien, als hätte man ihnen nur wenige Worte zugestanden, und die reichten nicht für zwei gleichzeitig. Jetzt war die Reihe an ihm, den Blick abzuwenden und das Tor und die Bäume dahinter zu betrachten.
    »Ich verstehe das nicht.« Es schien ihr aber ziemlich gleichgültig, ob sie ihn nun verstand oder nicht.
    Schließlich sagte er, was er, wie er sehr wohl wußte, nicht sagen durfte, es sei denn vor Gericht. Und dort würde es alle Hoffnung - wenn es überhaupt eine gab - auf einen Freispruch Nell Healeys zunichte machen. »Ich weiß, daß Sie die Unwahrheit sagen. Sie und Ihr Vater. Und Ihr Mann hat auch die Unwahrheit gesagt.«
    Da fuhr ihr Kopf jäh herum, und auf ihrem Gesicht lag echtes Erstaunen. Ihre Augen weiteten sich. Im schwindenden Tageslicht konnte man die Farbsprenkel nicht mehr sehen. Die Iris schien zu einem Goldgrün verschmolzen. »Die Unwahrheit gesagt?«
    »Über Ihr Motiv. Sie haben sich zwar ausgeschwiegen, aber protestiert haben Sie eben auch nicht. Rache, weil Roger Healey, oder er und Ihr Vater, den Rat der Polizei von Cornwall befolgt und sich geweigert haben, das Lösegeld für Billy zu zahlen. Und was ist mit Ihrem Vater? Wollen Sie den auch aus Rache umbringen?« fragte Jury

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