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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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hat, dachte Melrose): »Sie haben einst dem König von Babylon gehört, der richtige Gesetze für sie machte. Sie durften nicht getötet oder geärgert werden. Lange vorher hatte der Sommerkönig sie gezüchtet. Mein Hund ist ungarischer Abstammung und heißt King.«
    Abby Cable verzog bei dieser Auslegung von Kings Stammbaum gequält das Gesicht: »Hab ich dir nicht schon tausendmal gesagt, daß es gar keinen Sommerkönig gibt? Es hat nie einen gegeben. Und er heißt Tim, nicht King. Jedenfalls hieß er Tim, als du ihn gekriegt hast.«
    Melrose lächelte von einem Ohr zum anderen. »Aber du mußt zugeben, daß es ganz wunderbar klingt. Der König des Sommers.« Als ihn die Furie anblickte, merkte er, daß er einen taktischen Fehler gemacht hatte. »Andererseits muß ich dir recht geben. Ich meine, in Wirklichkeit hat es einen solchen König wohl nicht gegeben.« Wen oder was hatte Ethel wohl mit »Sommerkönig« durcheinandergebracht? Einen sumerischen König? Ja, das mußte es sein.
    »Ha, er ist gar nicht so blöd, sag ich doch«, meinte Abby und schleifte den Futtereimer zum Esel hinüber.
    Melrose wußte nicht, ob er nun geschmeichelt sein sollte, weil sie Ethel offenbar von ihm erzählt hatte, oder ob er lieber noch etwas darüber nachdenken sollte, wie blöd er war, wenn er gar nicht so blöd war.
    Abby kam aus der Box und verriegelte die Tür. Als sie geschlossen war, erblickte Melrose ein weiteres Poster. Anscheinend hatte jedes Tier seinen Favoriten. Das der Kuh konnte er nicht erkennen, aber der Esel hatte ein altes Dylan-Poster und das Pony eines von einem amerikanischen Sänger, der, soweit Melrose wußte, tot war. Ricky Nelson.
    Als das Pony friedlich vor sich hinmampfte, trat Abby von der Box zurück, stützte die Hände in die Seiten und betrachtete die Box. Dann sagte sie: »Ethel, wir müssen das Poster abnehmen.«
    Ethel fuhr mit dem Messer in der Hand herum. »Es ist mein Poster.«
    »Und meine Scheune.«
    Ethel jammerte: »Wo ich ihn doch so mag.«
    »Selber schuld«, sagte Abby fest. Und als sie anfügte: »Er ist tot«, meinte Melrose das Echo jener Worte zu hören, die sie der Sprechstundenhilfe des Tierarztes an den Kopf geworfen hatte.
    Stranger setzte sich auf, er witterte Streit.
    »Dann ist er im Himmel«, greinte Ethel. »Und singt jetzt da oben. Und ich kann ihn heiraten, wenn ich reinkomme.« Ihr helles Stimmchen posaunte so triumphierend wie wohl der Erzengel Gabriel.
    Abbys Antwort war prosaisch. »Wer sagt, daß es einen Himmel gibt?« Und damit stapfte sie mit einem Futtereimer, der offenbar für den Hühnerhof bestimmt war, zur Tür.
    Diese ketzerische Antwort verschlug Ethel die Sprache. Sie konnte nur noch die Tassen auf den Sägebocktisch knallen. Dann schleppte sie den wackligen Schemel an, der offenbar für Melrose gedacht war, und ließ ihn am Tischende niederplumpsen.
    Abby warf Ethel einen gequälten Blick zu. »Der ist zu klein für ihn. Er kann den Stuhl haben. Ich hol mir den anderen.«
    Doch ehe sie den Stuhl herantrug, stellte sie sich darauf, griff in ihre Tasche und zog einen Kaugummi heraus. Sie kaute ihn durch, klebte den Gummi auf die Steine und drückte die Ecke des Posters dagegen.
    Ethel war rot angelaufen und streckte Abby hinter deren Rücken die Zunge heraus, doch als sie Stimmen an der Tür hörte, nahm sie rasch wieder ihr Prinzessinnengehabe an. Er merkte jedoch, daß sie krampfhaft nach einem letzten vernichtenden Wort suchte. »Aber mein Versteck, das findest du nie. Ich wollte es dir ja verraten -«
    Sie log. Selbst Melrose merkte das.
    Abby stand stocksteif. »In meiner Scheune hat keiner ein Versteck.«
    Offensichtlich eine Dauerfehde, die aber durch Stimmen von draußen unterbrochen wurde. Ein langgezogener Schatten fiel auf die Tenne und verdoppelte sich, als nacheinander ein Mann und eine Frau eintraten.
    »Hallo, Abby.«
    »Hallo.«
    Der Herr und die Dame, die dort standen, redeten beide zur gleichen Zeit, die Frau etwas bestimmter als der Mann, der zwar lächelte, sich aber nicht so sicher schien, ob er willkommen war.
    Abby hielt immer noch das Poster fest, drehte sich wieder um und machte sich erneut an ihre Klebearbeit.
    »Hier wird wohl gerade Tee getrunken, ja?« sagte die Dame und blickte von Melrose zu Ethel und zu dem Tisch und dann wieder zu Melrose und schlug dabei gleichzeitig die Kapuze ihres Mantels zurück. Bronzefarbenes Haar mit ein paar weißen Strähnen, ob nun vom Alter oder vom Friseur, war schwer zu sagen; sie schien in den

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