Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
mit dem Vaudeville ausgestorben.«
    Sie seufzte. »Sind die Bannisters schon wieder zugange? Sie sind ein Ehepaar. Es muß doch reizend sein, zusammen dem Ruhestand zu frönen.«
    »Wenn man das Geld hat, äußerst reizend.« Jury saß auf der anderen Seite der grünen Lichtbahn und besah sich ihren Mund und das Kinn. Die Augen lagen teils im Schatten. Sie hatte keine der anderen Lampen angezündet. »Sind sie alle in Behandlung?«
    Sie schüttelte den Kopf und lachte. »Oh, mein Gott, nein. Eigentlich die wenigsten. Wir - Dr. Kingsley und ich - sind für die hier, die ein bißchen über die Stränge schlagen. Außerdem gibt es einen praktischen Arzt, der in Boone wohnt, und noch einen in der Nähe von Wasdale Head; und wir haben zwei sehr gut ausgebildete Schwestern.«
    »Adam Holdsworth wohnt hier, soweit ich informiert bin.«
    »Oh, Adam.« Quietschend schob sie ihren Stuhl zurück, nun war ihr Gesicht vollständig im Schatten. »Er ist einer meiner liebsten >Gäste<. Und ganz bestimmt kein Patient von mir.«
    »Aber sein Enkel war Patient von Ihnen.« Eine plötzliche Stille entstand. Sogar das wellige Meerwasserlicht bewegte sich nicht mehr. »Graham Holdsworth.«
    »Ich weiß, wen Sie meinen, Superintendent.«
    »Erzählen Sie mir von ihm.«
    »Als Freund?«
    »Als Patient.«
    »Nein.«
    Das Wort klang nicht ärgerlich, sondern melancholisch.
    »Dr. Viner. Bei einem Mann, der seit fünf Jahren tot ist, wollen Sie sich doch sicher nicht auf das Arztgeheimnis berufen.«
    »Es gibt aber Betroffene, die noch leben.«
    »Was mir sagt, daß Sie etwas Schmerzliches wissen.«
    Sie atmete tief durch, als hätte sie länger den Atem angehalten. »Verdammt«, sagte sie heiser. »Ich sollte lernen, meinen Mund zu halten.«
    »Das können Sie doch ganz gut.«
    Sie lehnte sich über ihre verkreuzten Arme vor, und obwohl ihr Mund weiterhin fest verschlossen war, schien er dauernd lächeln zu wollen. Die Falten in den Mundwinkeln sprachen dafür, daß sie gern lächelte und Humor hatte. »Ich sollte es aber besser können. Und ich verstehe nicht, was um alles in der Welt das mit Jane Holdsworth zu tun hat.«
    »Sie vermuten, daß ich deshalb hier bin?«
    Wieder quietschte der Drehstuhl, als sie sich zurücklehnte. »Na ja, deshalb waren die anderen jedenfalls alle hier - die Polizei. Obwohl ich ehrlich gesagt überrascht bin, daß ein Beamter von Scotland Yard hier auftaucht. Eigentlich war ich schon überrascht, daß der andere Beamte aus London sich hierher verirrt hat.« Sie rollte mit der flachen Hand auf der Schreibtischauflage einen Stift hin und her. »Ich glaube, Sie meinen alle, daß es kein Selbstmord war. Sie meinen, es war Mord.«
    »Und was meinen Sie?«
    Eine Zeitlang antwortete sie nicht. Sie steckte den Stift in ein Marmeladenglas, das ihre Sammlung Filzschreiber, Füllfederhalter und Bleistifte enthielt. Dann legte sie die Hände übereinander auf ein Buch und senkte den Kopf, als wolle sie die verwirrenden Feinheiten ihrer blaßbläulichen Adern studieren. Sie nahm einen anderen Stift, zog einen Rezeptblock heran, kritzelte ein wenig herum, schob den Block beiseite. Er fragte sich, warum sie so lange schwieg.
    Keine ihrer Bewegungen wirkte nervös oder zögerlich, sondern eher, als mache sie eine Bestandsaufnahme.
    Schließlich richtete sie sich auf, legte die Hände in den Schoß, zog die Schultern leicht nach vorn und sah Jury an: »Nein.«
    »Auf welche Frage ist das jetzt die Antwort?«
    »Eigentlich auf beide.« Wieder Schweigen. Ihr Schweigen war so tief wie die Schatten, die sich in den Ecken sammelten und mit den Bewegungen der Zweige des großen Baumes am Fenster immer neue Formen bildeten. Ein Windstoß rüttelte an den Fensterflügeln, wirbelte die Papiere auf ihrem Schreibtisch durcheinander und ließ die kleineren Zweige an den bleiverglasten Scheiben schaben. In seiner Einsamkeit war es Jury, als höre er Finger klopfen, als versuche jemand hereinzukommen.
    Beim Sprechen schüttelte sie den Kopf. »Daß jemand, den sie kannte, ihr eine Überdosis gegeben hat, ist schwer zu glauben. Soweit ich weiß, hatte sie keine Feinde. Aber wenn Sie eine eindeutige Antwort wollen ... und es muß ja entweder das eine oder das andere gewesen sein -« Sie sah mit äußerst traurigem Gesichtsausdruck zu ihm auf. »Selbstmord war es nicht. Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube einfach nicht, daß sie sich das hätte antun können, weder sich selbst noch Alex. Ihrem Sohn.«
    »Sie kannten sie ja

Weitere Kostenlose Bücher