Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht
hatte Ambleside und die Straße, die ihn zur anderen Seite der Seen und nach Boone bringen sollte, verpaßt. Er hatte dann bei der Touristeninformation in Grasmere angehalten und sich von der hilfsbereiten Dame dort erzählen lassen, daß der Wasdale Pass und der Hard Knott in der Tat ein direkterer Weg nach Wasdale Head und Wast Water seien; aber doch eine recht »unsichere« kleine Straße. Zum Glück war das Wetter schön; er und sein Auto würden es nicht mit Eis und Schnee aufnehmen müssen.
Melrose hörte das nicht allzu gern, aber da als Alternative nur in Frage gekommen wäre, zurück nach Windermere zu fahren und von dort eine umständliche Route zu nehmen, entschied er sich für die »unsichere« Straße.
Er verließ die Touristeninformationsstelle um kurz nach eins und dachte, es sei vielleicht hilfreich, ein bißchen in Grasmere, Wordsworths altem Dorf, herumzuschnüffeln, aufzuschnappen, was er aufschnappen konnte, und das, was er sah, auf sich einwirken zu lassen. Obwohl ein wenig touristisch, war es ein reizender Ort. Die Parkplätze waren zusammen fast so groß wie das Dorf selbst. Er ging in eine Parfümerie und schickte Agatha und Ada Crisp Eau de Toilette. Er sorgte dafür, daß Adas etwas größer war als Agathas, für den Fall, daß sie sich trafen. Die Herrenversion schickte er Marshall Trueblood. Die diversen Düfte würden in der Hammerschmiede vielleicht die des Geparden und von Mrs. Withersby überdecken.
Er ging in die Buchhandlung und kaufte ein Exemplar der Tagebücher Dorothy Wordsworths.
Er ging in einen winzigen Laden, der Gingerbread herstellte, ließ eine kleine Portion an Agatha und eine größere an seine Köchin Martha schicken. Marthas Sendung ließ er ein Päckchen Rumtoffee beilegen.
Er ging in ein kleines Café und kaufte sich ein Brötchen, das er im Stehen aß, während er einen Ausschnitt aus einer Ausgabe des The Kendal Weekly Courant von 1733 las: »Mein Herr, obgleich nur ein Weip (und dieserhalben forchtsam, dasz ich ausgelacht werde, weil ich mich an Euer Blatt wende), muß ich doch dem Autor, ohnerachtet, wer es ist, der letzten Verse, die Ihr publizirt habt, sagen, daß er QUADRILLA in sehr skandalöser Manir critisirt hat. «
Melrose kaute sein Brötchen und dachte schläfrig über den Brief nach. Er hatte auf der anstrengenden Fahrt von Northants hierher keine Pause gemacht und kam zu dem Schluß, daß er zur Wiederherstellung seiner Leibeskräfte mehr brauchte als ein Brötchen. Er ging zum Auto und fuhr zurück zum Swan.
Nachdem er nun im altehrwürdigen Swan seinen Lunch verzehrt hatte, wußte er, daß er die Weiterfahrt sofort in Angriff nehmen mußte, wenn er Boone am späten Nachmittag erreichen wollte. Als er aber auf der Straße zurück nach Ambleside das Dove Cottage sah, befand er, daß er es besuchen müsse. Bei einer Führung konnte er sich eine schnelle Dosis Informationen über diese Tümpeldichter verpassen, und außerdem verspürte er Wam gegenüber allmählich eine gewisse Kameraderie.
Dove Cottage war einmal ein Pub namens The Dove and Olive Branch gewesen. Das erfuhr er von dem jungen Mann, der seinem Häuflein Touristen in einem sehr kleinen Raum mit dunkel glänzenden Dielen und Balken gegenüberstand. Es war der Hauptraum. Insgesamt, dachte Melrose, glich Wordsworths und Dorothys Heim eher einer Puppenstube als einem echten Haus. Und der Dichter war wahrlich nicht klein gewesen. Aber obwohl es so winzig war, empfand Melrose das Häuschen als Inbegriff des englischen Cottage, mit dieser typischen Mischung aus Gegensätzen: Wie konnte ein Haus gleichzeitig zugig und behaglich sein? Karg möbliert und trotzdem angenehm vollgestopft?
... ach, du lieber Himmel, der junge Mann erzählte ihnen gerade, daß nicht nur der Dichter und seine Schwester das Haus bewohnt hatten; die Coleridges, die Southeys und ihre diversen Kinder hatten alle hier logiert, und zwar gleichzeitig.
Melrose sah sich um. Dieses kleine Haus hatte kurze Zeit dreizehn Menschen Unterkunft gewährt? Dreizehn? Und eine gewisse Zeit auch noch De Quincey? Der hatte ganz bestimmt hier gesessen und sich mit Opium bedröhnt.
Dann dachte er, na gut, es war wahrscheinlich auch nicht beengender, als mit Agatha in Plague Alley Tee zu trinken.
Seine rudimentären Kenntnisse über einen der größten Dichter seines Landes waren ihm peinlich. O ja, er bewunderte Das Vorspiel und die »Ode, Ahnungen der Unsterblichkeit«. Da mußte man schon ein völliger Ignorant sein, wenn man das
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