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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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beobachtete. Mr. Hawkes’ Lampe brannte; solange er drinnen Licht anhatte, konnte er draußen nichts sehen.
    Das Gras war lang, der Boden matschig. Am Waldrand ließ sie den Lichtkegel der Taschenlampe an den Bäumen entlanggleiten und sah Hexer die baufällige Leiter hinaufklettern, die zum Baumhaus führte.
    Alex hörte, wie sie hochkletterte, und sah dann ihre Augen über die Kante der Bodenbretter spähen. »Ich bin’s, Millie«, sagte er.
    Sie machte den Mund auf, aber kein Laut drang heraus. Millie neigte nicht dazu, Gefühle durch irgendwelche Bewegungen auszudrücken, aber jetzt war sie sprachlos und hopste von einem Bein aufs andere, als müßte sie zur Toilette, und preßte die kleinen Fäuste gegen die Schläfen. Endlich setzte sie sich in die Ecke ihm gegenüber, immer noch ohne ein Wort zu sagen, und schlang die Arme um die hochgezogenen Knie.
    Dann sagte sie: »Die Polizei sucht dich. Sie sind hier gewesen und haben Fragen gestellt. Sie haben sogar mir Fragen gestellt. Ich hab ihnen gesagt, du littest an Gedächtnisverlust. Du würdest in London herumlaufen und wüßtest nicht, wo du wärst. Ich hab ihnen gesagt, das hättest du früher auch schon mal gemacht. Du hättest Gedächtnisverlust.«
    Alex lachte. Ihr schien der Klang des Wortes zu gefallen. Sie hatte bestimmt gehört, wie es jemand benutzt hatte -vielleicht sogar in Zusammenhang mit Alex’ Verschwinden -, und es übernommen. Millie liebte Worte, bestimmte Worte. Wenn sie eins hörte, das ihr gefiel, benutzte sie es bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. Enthemmung war eins ihrer Lieblingsworte. Als sie endlich in der Lage gewesen war, über ihr Verschwinden nach dem Tod ihrer Mutter zu sprechen, sagte sie, sie habe die Osterglocken in einem Anfall von Enthemmung ausgerissen.
    Jetzt wollte Alex ihr über seine Mutter sagen, sie hat es nicht getan , aber das wäre grausam gewesen, denn Annie Thale hatte es getan. Sie mußte sich von dem grasbewachsenen Vorsprung gestürzt haben, sie wollte, daß ihr zerbrochener Körper im See lag. Wast Water war der tiefste See in England. Millie bezeichnete die Seen immer als »trügerisch blau«.
    Sie sagte: »Ich glaube es nicht.« Nicht nötig zu präzisieren, was sie mit »es« meinte. »Du kannst weinen, wenn du willst«, fügte sie in ihrer geschäftsmäßigen Art hinzu, die die Leute auf die falsche Fährte brachte und sie veranlaßte zu glauben, das kleine Mädchen sei ungewöhnlich kühl und erwachsen.
    »Hab ich schon. Weißt du, ich muß mehr als einen ganzen Tag hier geschlafen haben. Was ist los? Was haben die anderen der Polizei erzählt - über Mum?«
    »Daß sie es nicht glauben könnten und daß sie es nicht verstünden und daß sie ... >neurotisch< war.« Millie fummelte an dem Rucksack herum.
    »Ich wette, noch Schlimmeres. Das übliche. Daß sie keine gute Mutter war und unfähig, eine Arbeit zu behalten, und so weiter und so fort.« Die Frage hätte er sich wirklich sparen können. »Welche Polizei war hier?«
    »Ach, der Polizist aus dem Dorf. Der ist bloß mit dem aus London gekommen. Cramer oder so was. Er sah ausländisch aus.«
    »Kamir?«
    »Richtig, mit seinem Sergeant. Und dein Großvater war hier«, sie meinte den Urgroßvater Adam, »und der hat der Polizei gesagt, daß die anderen alle verrückt sind; daß deine Mum gar nichts hätte und warum sie überhaupt fragten, als ob sie -«
    Sie hielt inne.
    »Schon in Ordnung. Als ob sie wirklich Selbstmord gemacht hätte, meinst du. Was haben sie gesagt?«
    »Nichts. Sie haben nichts gesagt, außer daß es vielleicht kein >natürlicher Tod< war. Ich glaube, das ist was anderes als ein plötzlicher. Dann mußte jeder sagen, wo er am Montag abend war. Wußtest du, daß deine Tante Madeline und sie« (sie meinte Genevieve, die sie verabscheute) »in London waren und es zugeben mußten? Sie sind am Sonntag hingefahren.« Millies Lächeln war richtig gemein.
    »Wozu?« Alex setzte sich auf, das stählerne Band um seine Brust lockerte sich. »Warum?«
    »Deine Tante mußte Leute treffen, um jemanden zu finden, der sich mit Büchern auskennt und Mr. Holdsworth hilft. Sie ist aus demselben Grund gefahren wie immer: um Klamotten zu kaufen. Würde mich wundern, wenn in den Läden noch was übrig ist.«
    »Waren die anderen alle hier? Francis?«
    Millie zuckte mit den Schultern. »Er geht immer nach dem Abendessen weg, wenn er überhaupt dabei ist. Ich habe ihn nicht gesehen. Nur dein Onkel George und Mr. Holdsworth haben zu Abend

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