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Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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genau konnte man das wirklich erst am Rütteltisch wissen.
    Der Rüttler wurde etwas leiser, die Fuhre war durch, und im Jigg erschien die 49er-Baseballcap von Andy. Er musste sie auf das Förderband gelegt haben, als Gruß.
    Ray grinste, obwohl er so etwas als Boss eigentlich nicht durchgehen lassen sollte, aber Humor hatte der Junge. Er mochte ihn, Andy erinnerte ihn ein bisschen an sich selbst, nur hatte er in seinem Zwanzigern nicht gleich Gold geschürft, er war auf den Fischtrawlern rausgefahren und war wochenlang durch den Pazifik gekreuzt. Das war so ähnlich wie Goldschürfen, weil das Einkommen mit dem Fangerfolg zusammenhing.
    Ray nahm die Mütze aus dem Sand. Sie war klatschnass, aber sie würde auch wieder trocknen. Das machte dem Jungen nichts aus, morgen wäre ein neuer Tag.
    Es fehlte ein Stück vom Schirm und ein großer Fetzen Stoff, und innen klebte ein Stück Kopfhaut mit Haaren daran.
    »Gott«, er ließ sie fallen.
    Er nahm das Gewehr auf, das er gegen den Jigg gelehnt hatte, und entsicherte es. Gerne hätte er sich mit dem Rücken gegen eine Wand gestellt, aber hinter ihm gab es nur die blasse Zeltplane. Sein Atem ging stoßweise. Er horchte, doch das Rattern des Rüttlers überlagerte alles.
    »Andy!«
    Keine Antwort.
    »Scheiße. Andy!«
    Vorsichtig machte er zwei Schritte zur Seite, bis er die Siebtrommel sehen konnte. Keine Spur von Andy, auch nicht beim Rüttler oder beim Radlader. Nichts.
    Ihn störte der Lärm, trotzdem versuchte er ihn noch einmal zu übertönen, »Andy!«
    Ray schlich an dem Jigg vorbei und folgte dem Förderband. Daneben lag die Browning am Boden, ebenso ein Stiefel. Blutstreifen am Gestell des Förderbandes.
    »Gott, nein, nein, nein.«
    Er drehte den Lauf seines Gewehrs hektisch in alle Richtungen und erkannte gerade noch die neongelbe Weste am Waldrand und ein Stück weißes Fell, Bärenfell, bevor er mit dem Jungen im Wald verschwand.
    Ein Albino, dachte sich Ray, ein Albino Grizzly, nicht die Bärin von gestern! Aber er hatte nur ein Stück seiner Schulter gesehen. Einen Albino Grizz hatte er noch nie gesehen, nur davon gehört.
    Ray lief auf die Stelle zu, wo Andys Körper in den Wald gezogen worden war. Der beste Läufer war er nie gewesen, wegen seiner untersetzten Körperlänge, aber im Baseball hatte er die erste Base immer geschafft.
    »Lucky! Lucky!«, rief er, aber sein Hund war nirgends zu sehen, und er wollte nicht auf ihn warten. »Scheiße. Wenn man dich mal braucht.«
    Ihm fiel das Satellitentelefon ein. Er verlangsamte seinen Schritt, hielt das Gewehr in der linken Hand und telefonierte mit der rechten.
    Die Rangerstation in Whitehorse meldete sich nach dem zweiten Tuten.
    Er ließ den Mann gar nicht ausreden, »Hier Ray Potborsky vom Seashore Claim«, erst jetzt spürte er, wie erschöpft er schon war, aber er ließ die Stelle zwischen den Bäumen nicht aus den Augen.
    Die Pause nutzte der Officer, »Hi Ray, Noel Winger hier, ich habe ihnen doch gestern gesagt, ich schicke die Mannschaft zum Erdrutsch, sobald es geht. Gedulden ...«
    »Scheiße, Erdrutsch, wir haben hier einen wild gewordenen Grizzly, Albino, zwei meiner Männer hat er geholt, schicken Sie einen Hubschrauber, sofort!«
    Ray durchquerte den Bach, als existierte der nicht.
    »Warten Sie mal ...«
    »Nicht warten, ich gehe jetzt in den Wald. Er hat Andy, kommen Sie sofort!«
    »Ein Hubschrauber ist nicht da, und ich weiß nicht ... das Flugboot kommt erst am Abend rein, danach ... wie? Zwei Männer ... wie ... geholt?«
    »Getötet, verletzt mindestens, schwer, kommen Sie, kommen Sie, hier sind Frauen und Kinder, es ist ernst. Sofort, ach, Scheiße«, er drückte das Gespräch weg, schaltete das Telefon aus und ließ es in der Tasche verschwinden.
    Er stand vor den Büschen und richtete die Mündung seiner Shotgun darauf, hielt die Luft an, als ihn der Wald verschluckte.
     
     
Endlich betraten Jon und Marten das Lager, gleich hinter Rays Wohnwagen. Der Weg aus dem Wald war schwieriger gewesen als hinein, sie waren Luftlinie auf die Trailer zugegangen, und weil sie etliche umgestürzte Bäume passieren mussten – wobei sie sich stets gegenseitig sicherten – dauerte es länger, als hätten sie einfach den gleichen Weg zurückgenommen.
    »Ich schalte die Anlage ab und werde den beiden Idioten in den

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