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Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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Jamaika fliegen. Beach, Fünf-Sterne-Hotel, Longdrinks unter Palmen, Ganja und Sex. Nichts anderes.
    Das Leben meinte es gerade verdammt gut mit ihm, und er genoss es in vollen Zügen, jeden Tag, jede Nacht, jeden Hit und jeden Kuss. Darüber musste er selbst den Kopf schütteln. Aber er empfand das auch als fair, nach der Geschichte mit seinem Stief vor zwei Jahren, der ihn zuhause rausgeworfen hatte und seine Mum, die das einfach so hinnahm. Er telefonierte mit ihr gelegentlich, aber nur auf ihrem Handy, auf Festnetz rief er nicht mehr an. Da konnte sein Stief drangehen.
    »Vielleicht aus Jamaika«, sagte er grinsend zu dem vorbeisausenden Sand und stellte sich das blöde Gesicht von diesem Penner vor und wie er zu ihm sagt: Tja, ich hab's geschafft, und weißt du, was du davon hast? Nichts!
    In dem Moment blinzelte ihn etwas Goldenes auf dem Laufband an, er sprang zwei Meter zur Seite und pickte den Nugget heraus. Er konnte es nicht glauben, diese Schaufel alleine müsste sie alle sanieren, den ganzen Sommer finanzieren. Dieser Nugget war zwar nicht so groß wie der von der Schaufel, aber bestimmt Dreiviertel von ihm. Das war doch was!
    Offen ließ er ihn in seiner Hand liegen, betrachtete ihn von allen Seiten. Hier lag seine Zukunft, in seiner eigenen dreckigen Hand, deren Linien braun zerfaserten. Aus den Augenwinkeln linste er zum Jigg, Ray konnte ihn nicht sehen, und obwohl er es nicht vorgehabt hatte, überlegte er nicht lange und steckte den Nugget in seine linke Hosentasche. Er fühlte den Druck auf seiner Haut.
    Der Himmel strahlte blau, und die Bergkuppeln auf der anderen Seite des Sees glänzten weiß, während unter seiner Nase die goldhaltige Erde entlanglief.
    Diesen Nugget würde er sich rahmen lassen, oder noch besser, in Glas einschließen lassen und in seinem zukünftigen Büro ausstellen als Erinnerung daran, wie alles begann und als Anreiz für seine Angestellten – denn wenn es so weitergehen würde, wäre er nächstes Jahr sein eigener Chef. Sein eigener Chef. Sein Magen knurrte.
    Nein.
    Hinter ihm knurrte es.
    Lucky?
    Es knurrte schräg über seinem Hinterkopf, mehr ein Schnaufen.
    Nein.
    Er hielt den Atem an, bewusst oder unbewusst. Seine Browning in seiner Hosentasche. Seine Hand kilometerweit weg vom Griff, vom Abzug.
    Schnaufen. Ein feuchtes Röcheln.
    Er traute sich nicht einmal zu schlucken.
    Der tierische Atem so dicht an seinem Kopf, dass er ihn auf seinem Nacken spürte und die feuchte, animalische Wärme roch.
    Links von ihm drehte sich die Trommel, vor ihm sauste der hilflose Sand vorbei, und seine Hand tastete mit den Fingerspitzen in die Hosentasche mit der Browning.
    Er könnte versuchen aus dem Stand über das Fließband zu springen.
    Wieder das Schnaufen, tief und kehlig, gurgelnd.
    Ein Schieben an der Schulter wie von einer Bowlingkugel.
    Tränen rannen aus seinen Augen, unkontrolliert, unangekündigt.
    Er war dran, ihm wurde bewusst, dass er schwer verletzt werden würde, vielleicht wie dieser Mann, in der Fernsehdokumentation, der entstellte Mann ohne Gesicht, der einen Grizzly-Angriff überlebt hatte, das gesamte Gesicht mussten sie pixeln im Fernsehen, während er mit einem künstlichen Kiefer unverständlich und daher mit Untertiteln im Bild berichtete, wie er überlebt hatte, mit Faustschlägen gegen eine Bestie, die einen von oben nach unten zerfleischt, immer von oben nach unten, vom Kopf abwärts.
    Schnaufen.
    Ein Gewicht drückte nun schwer in seinen Rücken, groß wie ein Schrank.
    Er ließ es geschehen, er pinkelte sich ein, warm rann es die Beine hinunter.
    Andy hielt es nicht mehr aus, er zog die Browning aus der Tasche, und weiter kam er nicht. Nicht mal ein Schrei, es riss am Kopf, es knackte im Hals, und alles wurde wild und böse.
     
     
Ray stand am Ende des Jigg unter der Zeltplane, die sie als Regenschutz aufgebaut hatten. Müde knisterte das herunterhängende Plastik im seichten Wind. Die Plane war zu klein gewesen, um ein richtiges Zelt zu errichten, eine Armlänge über dem Boden war Schluss.
    Er drehte den Nugget in seinen Fingern. Ein Wunder der Natur, der Grund für all die Arbeit, all die Jahre. Er öffnete seine Jacke und steckte ihn wieder zurück in die Brusttasche seines Hemdes. Soweit er sehen konnte, handelte es sich bei dem Sand, der ankam, um nichts Ungewöhnliches, aber

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