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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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geben. In solchen Fällen war er höchstens zweite, dritte oder vierte Wahl, doch momentan war er alles, was sie hatten.
    »Mein Bruder und ich wissen es wirklich zu schätzen, dass Ihr versucht, ein paar tröstende Worte zu finden und uns in Schutz zu nehmen. Aber so wie ich die Sache sehe, konnte es für uns gar nicht besser laufen. Wir haben diesem Pack gezeigt, wo es langgeht, hatten unseren Spaß und haben die Quittung dafür bekommen. Der Tod macht uns keine Angst. Am meisten Sorgen haben wir uns darüber gemacht, dass es nach unserem Ableben nicht so gut weiterläuft. Jetzt aber muss ich sagen, wir hätten es nicht besser treffen können. Kaum sind wir tot, finden wir uns in einer Schenke wieder. Das muss man sich mal vorstellen, eine richtige Schenke voll mit Wein und Bier. Und das Beste daran ist, wir haben einen Spielmann zur Unterhaltung, ein paar Schwachköpfe an den Nebentischen, die wir auf den Arm nehmen können, und eine Wirtin, die durch ihr Aussehen nicht vom Saufen ablenkt, wenn ihr versteht, was ich meine?« Bonne lachte dreckig und zwinkerte Bocco Talis zu. »Wenn wir das früher gewusst hätten, hätten wir sicherlich einen Zahn zugelegt. Bleibt nur noch eines zu klären.« Er machte eine kurze Pause. »Der Keller, aus dem Ihr gekrochen seid, sind dort auch die Weinfässer, anderes richtig starkes Zeug und ein paar Vorräte gelagert? Sollte mich wundern, wenn wir hier nicht ein bisschen Stimmung in den Laden bringen können. Dies ist schließlich keine Gruft.«
    Hagrim spielte eine fröhliche Melodie, die alles von ihm und seinem Instrument abverlangte.
    »Ihr widerlichen kleinen verzogenen und bösartigen Mistkerl!«, brüllte Bocco Talis und schlug im Takt dabei mit ihrer Krücke auf die Tischkante ein. »Ihr habt es nicht verdient, dass sich jemand eurer annimmt. Sollt ihr doch in der Hölle schmoren! Mein Vieh wird euch das Fleisch von den Knochen nagen und eure Überreste im Sand verscharren, auf dass die Götter euch auf ewig verfluchen! Macht, dass ihr rauskommt auf den Hof. Ich will euch nicht mehr sehen.«
    Sie zeigte mit dem Krückstock auf die Wand der Schenke, und im gleichen Moment rissen die Bretter auseinander und zeigten einen Ausgang, der entfernt an das klaffende Maul einer Bestie erinnerte.
    »Raus, habe ich gesagt«, schrie die Hexe erneut, während die Halblingsbrüder sichtlich empört, aber innerlich jubelnd auf ihre Gastgeberin starrten. Bonne und Milo ließen sich kein drittes Mal bitten. Schnell hatten sie ihren Kram zusammengepackt und flüchteten durch die Tür ins Freie.
    Hagrim spielte eine Polka. Dann schlug die Tür hinter ihnen zu.
    Von einem Moment zum anderen war es still geworden. Aus dem Inneren der Schenke drang kein Geräusch, und auch die beiden Halblinge waren verstummt. Erst nach einigen Augenblicken brach Bonne das Schweigen.
    »Puh, die war ganz schön hässlich, die Alte.«
    »Und unheimlich«, fügte Milo hinzu.
    »Wenn du meinst«, erwiderte Bonne, »ich muss aber zugeben, dass du mir mehr Angst gemacht hast als die Hexe. Brennende Schafe – wie kommst du auf so kranke Sachen?«
    Milo hätte seinem Bruder gern eine passende Antwort gegeben, doch ein weit entferntes Hundebellen ließ ihn innehalten. Es war nicht diese Art Bellen, wie es der kleine Haushund der Fuhrtfuß’ von sich gab, wenn man an ihrem Zaun entlangschlich, und auch nicht das müde Kläffen vom altersschwachen Wachhund der Butterblums. Es war ein tiefes, dunkles bösartiges Bellen, wie es nur eine Bestie von sich geben konnte.
    »Nenn mich ruhig einen unverbesserlichen Optimisten«, stöhnte Milo, »aber ich hatte tatsächlich auf die Hühner gehofft.«
    »Na ja, wer nicht«, sagte Bonne. »Was machen wir jetzt? Rein lässt sie uns bestimmt nicht wieder.«
    Milo hätte gern gelächelt, doch danach war ihm jetzt wirklich nicht zumute. Unvermittelt rannte er los und gab seinem Bruder ein Zeichen, ihm zu folgen.
    »Du rennst ihnen genau entgegen«, versuchte Bonne zu warnen, doch Milo stürmte einfach weiter.
    Schnell hatten sie die Höhle mit der verkohlten Eiche erreicht. Milo stieg auf die Bank und machte eine Räuberleiter. »Beeil dich«, rief er Bonne zu. »Hier oben sind wir erst einmal in Sicherheit vor den Biestern.«
    Das Bellen kam schnell näher.
    Bonne verlor keine Zeit. Er sprang auf die Bank, setzte seinen Fuß in die gefalteten Hände seines Bruders und packte einen der unteren Äste der Eiche, die ein Stück weiter oben in der rußgeschwärzten Decke

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