Große Liebe Desiree
»Danke, Miss, daß Sie das gesagt haben! Er ist ein strammer Junge für seine drei Wochen. Ich hab’ ihn im Hafen von Halifax geboren, während wir auf den Käpt’n warteten.«
»Sie haben ihn hier an Bord der Aurora zur Welt gebracht?« fragte Désirée verblüfft. »Ohne eine Hebamme?«
»Warum nicht?« Mary zuckte die Schultern, so gut sie es mit dem Baby auf dem Arm vermochte. »Mein Samuel hat mir gut geholfen. Die Aurora ist mein Zuhause, mehr als jeder Ort an Land. Ich hab’s hier besser als alle anderen, die ich kenne. Ich kümmere mich um die jungen Gentlemen, wenn sie Heimweh kriegen oder ihnen ein Knopf fehlt, ich seh’ was von der Welt und diene bei der Gelegenheit auch noch dem König.«
Sehnsüchtig blickte Désirée auf das schläfrige Baby. »Aber wie können Sie glauben, auf einem Kriegsschiff wie diesem ein Kind großziehen zu können?«
Mary lachte. »Oh, mit einer Mama und einem Papa und zweihundertsechzig Onkeln, die es verwöhnen, geraten sie recht gut. Ich frage mich schon, warum nicht noch mehr Frauen das tun. Ich habe zwei andere Jungs aufgezogen, und keine Mutter könnte stolzer sein. Beide dienen auf der Persophine, dem Schiff ihres Vaters. Gott sei seiner Seele gnädig.«
Désirée schob die Hände unter den Umhang. Es war kalt hier unten, und sie hoffte, daß das Baby sich nicht erkältete. »Mr. Clegg ist nicht ihr erster Ehemann?«
»Nein, das war Jemmy Burke«, entgegnete Mary traurig. »Er bekam einen Splitter ab bei einem Kampf gegen die Spanier unten bei Finisterre. Er starb in meinen Armen, der gute Jemmy, und wie viele Frauen können das schon sagen, he?«
Désirée war sich nicht sicher, wie viele Frauen das wollten, und ihre Skepsis war ihr anzusehen.
»Ah, Sie denken zuviel an die Gefahr, Miss«, erklärte Mary, während sie das schlafende Baby fester in seine Decke wickelte und es neben sich auf der Hängematte ablegte. »Mein Bruder lehnte es ab, zur See zu fahren, er meinte, es sei zu gefährlich. Dann brach er sich das Genick, als er das Dach vom Gemeindehaus ausbesserte.«
Désirée seufzte. »Wie sollte ich nicht an die Gefahr denken? Mein Vater starb, als eine Fregatte sein Schiff angriff.«
»Und mein Vater segelte mit Käpt’n Cook nach Tahiti und zurück und starb mit siebzig in seinem Bett. Die Hand Gottes wird nach dir greifen, wenn deine Zeit gekommen ist, und wenn du dich fürchtest, wird das überhaupt nichts ändern.«
Sie beugte sich zu Désirée vor, und ihre Stimme klang verschwörerisch, als sie hinzufügte: »Aber es ist nicht Ihr Vater, an den Sie jetzt denken, stimmt’s, Lämmchen? Es ist unser feiner, gutaussehender Käpt’n, um den Sie sich sorgen, nicht wahr?«
Désirée fühlte auf einmal, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. »Er wird sterben, ich weiß es, und ich muß ihn verlieren, ehe er mir überhaupt gehört hat!«
»Also so ist das.« Mary legte ihre rauhe Hand auf Désirées. »Ich wußte gleich, daß das hier was Ernstes ist, so.
wie Käpt’n Herendon Sie ansieht. Es ist sein Herz, das nach Ihnen verlangt und nicht - nun ja, sein Körper.«
»Nichts davon wird mehr viel wert sein, wenn er tot ist«, sagte Désirée verloren. »Er hat mir selbst gesagt, wie sehr er den Kampf liebt.«
»Nun machen Sie sich mal keine Sorgen, Miss. Manche Männer kämpfen aus Spaß, manche wegen des Prisengeldes, einige nur, weil man sie dazu erzogen hat, und ich weiß nicht, aus welchen Gründen sonst noch. Aber unser Käpt’n Herendon, der kämpft, weil er kämpfen muß. Sie können es in seinen Augen sehen, wann immer er einen Degen in der Hand hält. Er kämpft, um irgendwem irgend etwas zu beweisen, und wenn es nur er selbst ist. Sie sagen, er hat noch nie ein Schiff oder eine Prise verloren, und ich glaube es. Diese Sorte Mann ist zu verzweifelt, um sich leicht töten zu lassen.«
Désirée war nicht so sicher. Jack hatte alles, was ein Engländer nur begehren konnte. Reichtum, Macht, und den Titel eines Lords. Was konnte er jemandem beweisen wollen? »Aber die Lieutenants haben gesagt, die Fregatte sei größer und stärker als die Aurora , mit mehr Männern und Kanonen, und daß wir von Glück sagen können, wenn wir siegen.«
»Ach, das ist Gerede, damit sie sich wichtig Vorkommen. Diese Fregatte ist wie alle anderen mit französischem Gesindel bevölkert«, erklärte Mary verächtlich. »Diese Franzosen haben nicht nur dem armen Ludwig den Kopf abgeschlagen, sondern haben dasselbe auch mit den meisten ihrer verdienten
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