Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Titel: Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
Anzahl von römischen Schiffen auf die Karthager zu, um allem Anschein nach eine Seeschlacht schlagen zu wollen. Am karthagischen Sieg war eigentlich nicht zu zweifeln, und für den karthagischen Oberbefehlshaber schien klar, die Feinde würden ein leichtes Opfer werden. War es überhaupt nötig, für eine solche Tölpelflottille eine regelrechte Schlachtordnung einzunehmen? Doch groß soll die Überraschung gewesen sein, die bald darauf blankem Entsetzen wich, als man der merkwürdigen Flotte näher kam. Kurz bevor die Karthager die so oft erfolgreich praktizierten Rammstöße ansetzen konnten, polterten plötzlich die langen hölzernen Gebilde von den römischen Masten herab und rammten sich mit einem eisernen Haken so heftig in das karthagische Decksholz ein, als ob eine Riesenklaue beide Schiffe zusammenhalten wollte. Über diese Konstruktionstürmten dann in Zweierreihen schwer bewaffnete Soldaten auf die festgeklammerten Schiffe und kämpften auf den Planken, als ob es um eine Landschlacht ginge. Enterbrücken zum Herunterklappen! Das war es also, was man an den kurzen Masten gesehen hatte.
    Mit dieser Beschreibung eröffnet der griechische Chronist Polybios (um 200 – um 120 v. Chr.) seine Darstellung der ersten richtigen Seeschlacht des Ersten Punischen Krieges, die zudem auch die erste Schlacht gewesen sein soll, die eine römische Kriegsflotte schlug und auch noch gewann. Hören wir wörtlich aus seinem Bericht über das Gefecht: «Kaum sahen die Karthager sie am Horizont auftauchen, als sie voller Freude und Kampfeslust mit hundertdreißig Schiffen ausliefen und alle geradewegs gegen den Feind fuhren, in solcher Geringschätzung der Römer wegen ihrer Unerfahrenheit, dass sie nicht einmal eine Schlachtordnung für erforderlich hielten, als fielen sie über eine Beute her, die ihnen nicht entgehen konnte. Es führte sie Hannibal, […] auf einem Siebenruderer, der einst König Pyrrhos gehört hatte.» Dieser Hannibal Gisko hat übrigens nichts mit dem später so berühmten Feldherrn des Zweiten Punischen Kriegs zu tun. Namen mit «Bal» – Gott – waren in Karthago sehr häufig, und in manchen Quellen nennt man den Flottenführer deshalb auch Hannibal den Älteren. Polybios weiter: «Als die Karthager beim Näherkommen auf allen Vorderschiffen die in die Höhe gezogenen Raben erblickten, stutzten sie zwar ein Weilchen, durch den Anblick der Maschine befremdet, dasie jedoch den Gegner vollständig verachteten, griffen die zuerst Fahrenden unerschrocken an. Da aber die sich in den Kampf verwickelnden Fahrzeuge jedes Mal von den Maschinen festgehalten wurden und die Leute sogleich auf den Raben hinübergingen und auf den Verdecken in den Nahkampf eintraten, wurden die Karthager teils getötet, teils ergaben sie sich ihrem Schrecken über diese Art des Kampfes, denn dieser war vollständig einer Schlacht zu Lande gleich geworden.» Und weil die Römer im Landkampf eben erfahrener und disziplinierter waren, sei es ihnen gelungen, Schiff um Schiff zu erobern.

    Polybios berichtet weiter über die Karthager: «So verloren sie dreißig Schiffe, die, welche zuerst angegriffen hatten, mitsamt der Bemannung, unter ihnen auch das Schiff des Befehlshabers; Hannibal selbst entkam unverhofft und unter großer Gefahr auf einem Boot. Die übrige Flotte der Karthager fuhr zwar heran, um die feindlichen Schiffe zu rammen; da sie aber beim Näherkommen das Schicksal der vorangefahrenen Schiffe sahen, wichen sie aus und vermieden das Entern der Maschinen. Noch hofften sie im Vertrauen auf ihre größere Schnelligkeit, die einen von der Seite, die anderen am Heck, indem sie um den Feind herumfuhren, ohne Gefahr zum Angriff kommen zu können. Da ihnen aber die Maschinen immer und überall entgegentraten und drohend allen ihren Bewegungen folgten, so dass sie beim Näherkommen unvermeidlich festgehalten worden wären, wichen die Karthager zuletzt und flohen, erschreckt über die Neuartigkeit des Vorgangs, nachdem sie fünfzig Schiffe verloren hatten.»[ 1 ]
    Diese Seeschlacht fand im Jahr 260 v. Chr. an der Nordküste Siziliens vor der Stadt Mylae, griechisch Mylai, dem heutigen Milazzo, statt. Karthago, die einstige phönizische Kolonie an der nordafrikanischen Küste, hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt zum unbestrittenen Meereshegemon im westlichen Mittelmeer entwickeln können, dessen Herrschaftsgebiet von Tanger im heutigen Marokko bis Tripolis an der libyschen Küste, ferner über große Teile Siziliens und Sardiniens

Weitere Kostenlose Bücher