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Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Titel: Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Scheitern brachte, war jedoch das Griechische Feuer. Es stellte eine geradezu revolutionäre waffentechnische Neuerung dar, die im Wesentlichen aus einer Pumpe, die man Siphon nannte, und einem chemischen Brandsatz bestand. Der heutige Name Griechisches Feuer ist nicht zeitgenössisch. Von den Byzantinern wurde es als
pyrthalassion
, also «Seefeuer», oder als
pyr thygron
, «flüssiges Feuer», bezeichnet. Die Idee zu dieser Superwaffe wird einem griechischen Architekten und Techniker namens Kallinikos zugeschrieben. Theophanes notierte in seiner
Chronographie
, wohl unter Verwendung heute verlorener syrischer Vorlagen: «Im Jahr der Welt 6165 [= 672/3 n. Chr.] […] Zu dieser Zeit floh Kallinikos, ein Ingenieur aus Heliopolis in Syrien, zu den Rhomäern. Er hatte ein Seefeuer erfunden, das die arabischen Schiffe entzündete und sie mit der ganzen Besatzung verbrannte. So kam es, dass die Rhomäer den Sieg errangen und das Seefeuer entdeckten.» Doch gelang es Kallinikos nicht nur, das Griechische Feuer zu entwickeln, sondern es auch für die praktische Nutzung im Seekrieg anzupassen. Möglicherweise verdankten die Byzantiner dieses System von Neuerungen jedoch nicht nur einer Person, sondern einer ganzen Gruppe von Technikern und Alchimisten, die in Konstantinopel wirkten und auf antikes Wissen aus Alexandria über chemische Zusammenhänge zurückgreifen konnten.[ 14 ]
    Der Einsatz von Brandgeschossen im Seegefecht – etwa brennende Pfeile oder von Katapulten geschleuderte brennbare Flüssigkeiten in Töpfen und Krügen – war zwar schon in der Antike bekannt und weit verbreitet, doch die wesentliche Innovation, die letztlich die Effizienz des Griechischen Feuers ausmachte, bestand in dem Siphon als einer Art vormodernem Flammenwerfer. Um einen Flammenstrahl mit einer Flüssigkeit zu erzeugen, musste man mit Hilfe einer Pumpe einen Behälter unter Druck setzen und den Überdruck im Behälter halten. Schon der Friseur und Techniker Ktesibios aus Alexandria hatte im 3. Jahrhundert v. Chr. für seine Feuerspritze eine doppelkolbenwirkende Druckpumpe erfunden, die einen konstanten Flüssigkeitsstrahl gewährleistete. Derartige Pumpen könnten also in Konstantinopel schon länger bekannt gewesen sein.
    Das Flammenschwert im Einsatz: Die einzige bekannte zeitgenössische Darstellung vom Einsatz des Griechischen Feuers ist in der Madrider Bilderhandschrift des Skylitzes, der sogenannten
Skylitzes Matritensis
enthalten. Sie zeigt den Sieg der byzantinischen Flotte über die Schiffe des Usurpators Thomas zur Zeit Kaiser Michaels II. (820–829). Der byzantinische Chronist Johannes Skylitzes verfasste seine
Synopsis Historion
in den 70er Jahren des 11. Jahrhunderts. Sie stellt die Geschichte der byzantinischen Kaiser von 811 bis 1057 dar und schließt direkt an die Chronik des Theophanes an. Eine mit 574 Miniaturen illustrierte Kopie der
Synopsis
wurde zwischen 1150 und 1175 im Umkreis des normannischen Königshofes in Palermo angefertigt; als Vorlage diente eine Handschrift aus dem kaiserlichen Skriptorium in Konstantinopel.
    Neu jedoch war ihr Einsatz auf See und zu militärischen Zwecken. Der Siphon auf den Dromonen bestand aus Bronze und wurde wahrscheinlich von unten befeuert, um die Brandmischung zu erhitzen, deren Flammpunkt damit sank. Über ein Ventil mit einer Düse verbunden, konnte die an einer Extraflamme entzündete Flüssigkeit in Richtung des Gegners gespritzt werden. Vielleicht funktionierte das System aber auch wie eine traditionelle Lötlampe, die zunächst aufgepumpt werden muss und dann durch die Hitze der eigenen Flamme einen Gasdruck erzeugt, sich somit selbst unter Druck hält. Je nach Größe waren die Dromonen mit bis zu drei Siphonen ausgerüstet. Da die unter hohem Druck zur Verbrennung gelangenden Stoffe einen enormen Lärm erzeugen – wie man noch heute bei Ballonfahrten selbst erfahren kann –, hat wohl neben dem Feuer auch die infernalische Geräuschkulisse als psychologische Waffe gewirkt.[ 15 ]
    Im Geschichtswerk
Alexias
der Anna Komnene aus dem 12. Jahrhundert, das von den Taten ihres Vaters Kaiser Alexios I. Komnenos (1081–1118) handelt, findet sich eine Beschreibung der tierköpfigen Feuerschlünde am Bug der Kriegsschiffe. Der Kaiser ließ «an jedem Schiffbug aus Bronze und Eisen Köpfe von Löwen und allen möglichen anderen Landtieren mit geöffneten Mäulern anbringen und diese vergolden, so dass sie schon allein durch ihr Aussehen Schrecken erregten; er bezwecktedamit,

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