Grosseinsatz Morgenröte
Keinesfalls vergleichbar mit den zur Zeit eingesetzten Typen.«
»Morgen wird ein Offizier der GWA eintreffen, den Sie bitte genauestens unterweisen wollen. Es tut mir leid, Captain, aber auch für Sie muß der Ausnahmezustand gelten.«
Der Mann neigte stumm den Kopf. Ich folgte einer spontanen Vermutung und warf ein:
»Ist das Triebwerk dieser Maschine identisch mit den Aggregaten der Marsrakete?«
»Ja, bis auf einige konstruktive Veränderungen«, erklärte Scheuning. Seine Nervosität klang langsam ab. »Die ALPHA verfügte über einen neuartigen Plasma-Reaktor, der zur Erhöhung der ohnehin vorhandenen Schubleistung noch zusätzlich zur Aufheizung eines Strahlmediums verwendet wurde. Als schubstarkes Arbeitsmedium diente destilliertes Wasser. Notfalls hätte der Reaktor auch ohne den Plasmastrahl arbeiten können. In dem Fall hätte er sich nicht von den allgemein bekannten kernchemischen Triebwerken unterschieden. Sie erinnern sich, daß die Besatzung der ALPHA Marsschnee als Medium aufnahm. Natürlich hat der Reaktor trotzdem mit dem Plasmastrahl gearbeitet.«
Scheuning schien nicht zu bemerken, daß wir drei GWA-Leute die Luft angehalten hatten. Mit seinen Worten hatte er eine neue Epoche der Raumschiffahrt eingeleitet. Das schien er aber nicht zu bemerken.
Scheuning gehörte zu den außergewöhnlichen Wissenschaftlern, die mit ihrem Denken dem bereits Vorhandenen grundsätzlich um drei bis vier Schritte voraus waren.
»Plasma-Reaktor?« wiederholte ich überrascht. »Wollen Sie damit etwa sagen, es wäre Ihnen gelungen, eine überkritische Brennkammer zu schaffen, in der anstelle chemischer Treibstoffkomponenten Kernspaltungs-Plasmen atomar verbrannt werden? Ich meine, haben Sie ein Spaltstoff-Plasma erzeugt, das in die Reaktorbrennkammer eingespritzt wird und dort in den Kernprozeß tritt? Oder …«
Mir stockte der Atem, als ich nur an die Möglichkeit dachte.
»Oder haben Sie ganz und gar mit fusionsfreudigen Elementen experimentiert?«
»Soweit sind wir noch nicht«, erklärte er sachlich und betont gleichmütig. Seine Ruhe zerrte an meinen Nerven.
Dozierend fuhr er fort:
»Immerhin verwenden wir bereits ein Spaltstoffplasma, das in der Tat in einer überkritischen Reaktorbrennkammer zum Prozeß gezwungen wird. Damit ist das reine Atom-Strahltriebwerk erschaffen, da dieses Aggregat keineswegs mit einem chemischen Hilfsmedium zu arbeiten braucht! Der eingepumpte Spaltstoff wird nach dem Kernprozeß in der Form eines heißen Plasmastromes mit hoher Strahlgeschwindigkeit emittiert. Die Werte liegen bei einer Ausströmgeschwindigkeit von zehntausend Kilometer pro Sekunde. Wir wissen, daß atomar aufgeheizte chemische Verbindungen im günstigsten Falle eine Strahlgeschwindigkeit von fünfundfünfzig Kilometer pro Sekunde erreichen. Die Schubleistung des ALPHA-Triebwerks wurde mit achtunddreißigtausendzweihundert Megapond ermittelt. Das Startgewicht des Raumschiffes belief sich auf achttausendvierhundertfünfzig Tonnen.«
Diese Angaben waren nicht nur grandios, sondern auch epochal. Scheunings Team war endlich einem langgesuchten Geheimnis auf die Spur gekommen. Nun aber lag die ALPHA mit dem Triebwerk in Ostasien, wo es genügend Fachkräfte zur Beurteilung und theoretischen Auswertung des Aggregates gab.
»Fragen Sie schon weiter«, forderte mich der Alte auf. Er schien genau zu wissen, wie ernst unser Problem war.
»Wie haben Sie die extrem hohen Temperaturen und den Druck des reagierenden Plasmas gebändigt?« erkundigte ich mich. »Es dürfte kein Material geben, dem Sie es
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