Grosseinsatz Morgenröte
sichtbar.
Waffen waren überall zu sehen. Ständige Abwehrbereitschaft in allen Kampfstationen täuschten eine Sicherheit vor, die es nicht wirklich geben konnte.
Es kochte und brodelte in dem Werk, das inmitten unzugänglicher Berge errichtet worden war. Die Geheimnisse Tibets schienen sich hier ein Stelldichein zu geben.
Man hatte sich in Schluchten, Tälern und ewig finsteren Canons verkrochen. Sogar in die Flanken des 6.280 Meter hohen Kangdikar hatte man sich wie Maulwürfe hineingewühlt, um dort die wertvollsten Anlagen installieren zu können.
Atomsichere Bunker waren bis in zweitausend Meter Tiefe vorgetrieben worden. Alles diente der Sicherheit; immer herrschte die Angst vor, es könnte eines Tages soweit sein.
Dazu kam eine andere Furcht, doch die peinigte nur die dreißigtausend Menschen beiderlei Geschlechts, die in diesem Labyrinth der engen Hochtäler und Schluchten arbeiten mußten.
Es war die dumpfe Angst vor dem brutalen und herrischen Muß. Dieses und jenes Programm mußte zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen sein. Es war eine klare und unmißverständliche Forderung aus Peking, und der kommandierende Offizier des Werks war dafür verantwortlich. Er stand wieder unter der Geißel des allmächtigen Geheimdienstes, also sorgte der Werkskommandant für das größte Tempo bei den Arbeiten.
Kangdikar war die Hölle. Die vielen Täler lagen durchwegs in einer Höhe von 3.500 Metern. Einige Schluchten reichten sogar an die 4.000-Meter-Grenze heran. Dort wurde der Sauerstoff schon knapp.
In anderen Teilen der Welt war bereits der Frühling angebrochen, aber hier herrschte noch Winter.
Eisige Schneestürme heulten über die wilden Berge. Sie rüttelten an Tarnnetzen, weitgespannten Kunststoffdächern und brachten die Heißluft-Gebläse zum Donnern. Unablässig stiegen die Luftmassen nach oben. Der Boden mußte grundsätzlich schneefrei und erträglich warm gehalten werden. Ein Atomkraftwerk war nur zu dem Zweck errichtet worden, die Riesengebläse mit Energie zu versorgen.
Mit den politischen Zwangsarbeitern gab es in dieser Ecke des Hochlandes von Tibet sogar mehr als fünfzigtausend Menschen.
Die Schluchten waren numeriert. Es gab über zwanzig Hochtäler, in denen die weitverzweigten Anlagen des Atomwerks für experimentelle Forschungen standen. Unersteigbare Felswände sperrten sie voneinander ab, was jedoch kein Hindernis gewesen war. Man hatte Tunnel gebrochen, in denen mächtige Elektroloks mit schweren Wagen über die Schienen donnerten. Wenn man die Genehmigung hatte, konnte man innerhalb weniger Minuten jeden Teil des Werks erreichen. Ein normaler Mensch erhielt sie niemals.
Eine unterirdische Bahn von erstaunlicher Transportkapazität lief bis hinüber zum Charguk-See. Dort war das Gebirge nicht mehr so schroff, sondern lief in einer großen Hochebene zwischen den himmelhohen Bergketten aus. Wir wußten, daß die Versorgung des Werkes zu neunzig Prozent über diese Bahnlinie erfolgte. Am Ostzipfel des Sees lag die schnell gewachsene Stadt Darhoi mit ihrem großartigen Verkehrsknotenpunkt. Flugplätze und Bahnhöfe nahmen alles auf, was für Kangdikar bestimmt war.
Die Organisation war beeindruckend, sie hatte etwas Beklemmendes.
Seit genau sechs Tagen waren wir auf dem Dach der Welt, wie man Tibet unter den Einheimischen noch immer nannte. Diese ehemals primitiven Menschen hatten sich grundlegend gewandelt. Die Macht der Priester war gebrochen. Von dem Dalai-Lama sprach man nur in den Unterrichtsstunden.
Das Land war zu einem Industriestaat ersten Ranges geworden. Bedacht auf Sicherheit vor
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