Grosseinsatz Morgenröte
eventuellen Angriffen hatte man es vorgezogen, wertvolle Fabriken zwischen die Riesenberge Tibets zu betten. Hier waren auch die stärksten Truppenkonzentrationen des Großasiatischen-Staatenbundes, von den vielen Abwehrstationen aller Typen ganz zu schweigen.
Vielleicht läßt sich dieser kurzen Schilderung entnehmen, in welchen Hexenkessel wir geraten waren. Unsere »Betreuer« waren noch immer liebenswürdig, aber längst nicht mehr so nett wie eine Woche zuvor. Sie hatten uns endgültig in der Mausefalle. Als intelligente Menschen mußten wir ja auch erkannt haben, daß es für uns nur zwei Möglichkeiten gab:
Entweder schöpferische Arbeit mit den damit verbundenen Annehmlichkeiten, oder die Weigerung mit der zwangsläufig folgenden Qual.
Wir spielten mit. Ich spielte besonders hoch. Es war ein Kunststück gewesen, Raum-Marschall Lung-Yen zu überzeugen, daß ich Hannibal im Interesse meiner Tätigkeit unbedingt in Reichweite haben mußte. Ursprünglich hatte er in eine andere Abteilung des Werkes abgeschoben werden sollen. Das wäre einer Katastrophe gleichgekommen.
Der Marschall fungierte als militärischer Chef von Kangdikar. Außerdem war er für die Verteidigung Tibets verantwortlich, falls das notwendig sein sollte.
Wir waren im Hauptteil von Kangdikar stationiert. Man hatte uns ein Fertighaus mit modernen Robotmaschinen zur Verfügung gestellt, das wir allein bewohnten. Schon diese Tatsache verschaffte uns bei den »Kollegen« größten Respekt. Man wußte im I. Bezirk, daß wir besonders wichtige Persönlichkeiten waren.
Hier lagen die wichtigsten Labors und Abteilungen der kernphysikalischen Forschungsteams. Könner aus allen Teilen Asiens, Europa, Afrika und Amerika waren versammelt. Es entzog sich einer Kenntnis, wie diese Männer und Frauen nach Asien gekommen waren. Ihre Einstufung geschah nach Leistung.
Wirklich fähige Köpfe hatten schöne Häuser, allerbeste Verpflegung und sonstige Vergünstigungen. Niedriger eingestufte Leute lebten bereits in Wohnblocks und relativ unbedeutende Menschen in Massenquartieren.
Wir besaßen sogar einen erstklassigen Fernsehempfänger, der aber die unangenehme Eigenschaft hatte, nur auf einen einzigen Kanal eingestellt zu sein. Es durfte nur das gesehen werden, was die Werksleitung wünschte. Also bekamen wir die Programme der asiatischen Raumstation in die Antennen gestrahlt. Wenn sie sich unter dem Horizont befand, übernahmen die Hochsender auf den Bergen die Unterhaltung. Nebenbei dienten die Geräte auch noch zur werkseigenen Nachrichtenübermittlung.
Gelegentlich wurde eine Exekution oder ein peinliches Verhör durch die Geheimpolizei unter der Leitung von Schui-Tung übertragen. Das war eine gute Abschreckungstaktik, logisch betrachtet aber verkehrt. Die Menschen wurden nur noch vorsichtiger, noch mißtrauischer und noch raffinierter.
Ich wußte aus den GWA-Unterlagen, daß wir in Kangdikar einige Agenten hatten. Es waren Männer und Frauen aus allen Berufszweigen und aus allen Ländern Groß-Asiens.
Acht Agenten kannte ich genau. Der Chef hatte sie über den Bildschirm marschieren lassen. Das war eine sehr ungewöhnliche Maßnahme, die aber durch den Großeinsatz gerechtfertigt war, zumal mein Gehirn nicht mehr so reagierte, daß man mich gewaltsam hätte befragen können.
Das war mein großer Vorteil. Es war ein ungemein beruhigendes Gefühl.
Bereits vor sechs Tagen hatte ich über meinen Sender die Nachricht durchgegeben. Es stand außer Zweifel, daß TS-19 verstanden und die Anweisungen befolgt hatte. Wenn
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