Grosseinsatz Morgenröte
symbolhaften Atommodell auf der linken Brustseite hob sich so deutlich von den Kleidungsstücken der Zivilisten und anderen Militärs ab, daß man ihn beim besten Willen nicht übersehen konnte.
Er winkte mir flüchtig zu und steckte das zerbissene Ende seiner Zigarre erneut zwischen die Lippen. Der Alte befand sich seelisch zweifellos in einer extremen Situation. Ich konnte mich nicht erinnern, ihn schon einmal so erregt gesehen zu haben. Dabei hatten wir bereits zahlreiche komplizierte Fälle bearbeitet und erfolgreich beendet.
Die kanadischen Offiziere grüßten betont zurückhaltend. Manches Auge richtete sich spöttisch auf meine Maske.
Für diese durch und durch real denkenden Männer waren wir so etwas wie Supermänner mit leicht mystischem Hintergrund. Was wußten sie schon von den Arbeitsmethoden der GWA, die mit denen eines normalen Geheimdienstes keineswegs vergleichbar waren!
Reling stellte mir die Männer vor.
Meine Blicke richteten sich auf Professor Dr. Emanuel Scheuning, unseren Pechvogel. Er erweckte auch jetzt wieder den Eindruck, als wären ihm sämtliche Felle weggeschwommen.
Guter Gott – was mochte dieser geniale Kern- und Astrophysiker diesmal angestellt haben?
Der Wissenschaftler schien aber auch ständig vom Pech verfolgt! Was er anfaßte, wurde zu einem glänzenden Erfolg – bis schließlich der Pferdefuß zum Vorschein kam.
Ich erinnerte mich gut an den Vorfall mit dem kernchemischen Mikro-Triebwerk. Es war von Scheunings Forschungsteam entwickelt und anschließend auf seine Veranlassung im Prototyp eines neuartigen Jägers der Raumabwehr installiert worden. Testpilot war ein Major der Raumabwehr-Garde; allerdings hatte dieser Mann keine Ahnung gehabt, daß ihm Scheuning ein anderes Triebwerk eingebaut hatte.
Unser Professor hatte zwar beabsichtigt, den Offizier vor dem Start gewissenhaft aufzuklären, aber das war nicht mehr gelungen. Zehn Minuten vor der Besprechung mit dem Major war der Wissenschaftler in seiner Aufregung so unglücklich gestürzt, daß er zwei Tage lang besinnungslos in der Klinik lag. Seine Mitarbeiter waren jedoch der Meinung, der Testpilot wäre längst informiert.
So geschah es, daß der ahnungslose Pilot mit wahnwitziger Beschleunigung in den Raum jagte. Ums Haar wäre unsere geheime Testmaschine ausgerechnet in Nordchina gelandet.
Das ist nur ein kleines Beispiel von Professor Scheunings unglückseligen Unternehmungen.
Jetzt stand der hochgewachsene, hagere Mann in der hintersten Ecke des Raumes. Seine Hände schienen nervös nach einem unsichtbaren Halt zu tasten. Ich mußte meine aufkommende Heiterkeit unterdrücken, als ich seinen melancholisch und verzweifelt klingenden Seufzer hörte.
Der Alte warf ihm einen so erbosten Blick zu, daß unser Professor den Kopf zwischen die Schultern zog. Ich überlegte, warum dieser geniale Wissenschaftler wohl in Kanada war.
Oberst Habcour massierte sein Doppelkinn. Seine wäßrigen Augen schienen mich freundlich zu mustern. Dieser Eindruck wurde aber sofort verwischt, als er sprach. Es war eine befehlsgewohnte, autoritäre Stimme, die gar nicht zu seiner äußeren Erscheinung passen wollte.
»So, General, das ist also der Wundermann Ihrer sagenhaften Organisation. Willkommen, Major. Nehmen Sie doch Platz.«
Ein jüngerer Offizier schob mir dienstbeflissen einen Sessel hin. Ich ließ mich bedächtig in den Poroschaum sinken.
Über den Titel »Wundermann« hörte ich hinweg, zumal dieses Wörtchen bei einigen der Anwesenden ironische Blicke auslöste.
Professor Scheuning lächelte mir verkrampft zu. Von da
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