Großer-Tiger und Christian
gehöriger Entfernung
ein Feuerchen gemacht hatte. Er war ungeduldig geworden; aber als er sah, dass der Mongole Wasser brachte, nickte er zufrieden.
Mondschein schob den Hut in die Stirn, und dann begrüßte er Glück und Grünmantel mit einem: »Habt ihr eine gute Reise gehabt?«
Glück sagte, bis jetzt sei es leidlich gegangen, und er habe nur eine Laterne am Wagen eingebüßt.
»Man sieht auch mit einem Auge allerlei«, tröstete Mondschein. Grünmantel schwieg, und mit Ausnahme von zwei »Gut, gut!«,
die er als Begrüßung unter dem Bart hervorbrachte, tat er, als ob der Mongole nicht vorhanden wäre.
»Ich hörte mit Vergnügen«, wandte sich Mondschein an ihn, »dass Ihr der berühmte Kaufherr Grünmantel seid.«
»Der bin ich. Was willst du von mir?«
»Oh, nichts. Ich wüsste nicht. Nein, wahrhaftig, ich glaube, ich will wirklich nichts von Euch haben.«
»Dummes Zeug!«, rief Grünmantel ärgerlich; »weshalb redest du da mit mir?«
»Euer Ruhm schallt bis zu den Wolken«, behauptete Mondschein, »da wollte ich die Gelegenheit nicht versäumen, zwei Begrüßungsworte
mit Euch zu wechseln.«
»Freilich, freilich«, knurrte Grünmantel und blickte zum Himmel, als ob es bald regnen würde.
Mondschein kniff die Augen zusammen und grinste: »Ein wortkarger Herr, Euer Herr Grünmantel«, sagte er leise zu Glück. Dann
hieß er das Kamel mit den Wasserfässern niederknien, und sobald Glück zwei Eimer gefüllt hatte, verabschiedete sich Mondschein
und stieg in den Sattel. »Ich wünsche Behaglichkeit zu allen Stunden«, rief er; »lebt wohl!«
»Auf Wiedersehen!«, riefen Großer-Tiger und Christian.
Glück schaute dem Davonreitenden lange nach; er kratzte sich den Kopf und schob die Mütze nachdenklich von einem Ohr auf das
andere. Aber dann wurde er plötzlich geschäftig; er setzte den Kochtopf auf das eiserne Dreibein über das Feuer und rief:
»Bring das Nudelbrett, Kompass-Berg! Hol den Nudelwalker, Großer-Tiger!«
Während sie zum Wagen liefen, begann er den Teig zu kneten, und Grünmantel setzte sich neben ihn und schaute zu.
»Höre«, sagte Glück leise: »den Kerl vorhin habe ich schon einmal wo gesehen.«
»Ich nicht«, erwiderte Grünmantel abweisend und blickte wieder zum Himmel.
Allein der Himmel war blau, die Sonne schien, und das Wasser im Kochtopf begann zu summen.
Einundzwanzigstes Kapitel, mit bedenklicher Nachricht über den ehrenwerten Mondschein, und von der Audienz beim König der
Sunit-Mongolen
»Gefällt es euch in der Mongolei?«, fragte Glück, als sie um den Kochtopf saßen und die langen Nudeln, die Glück zubereitet
hatte, aus dem Salzwasser fischten.
»Es gefällt uns, befehlender Herr«, sagte Großer-Tiger.
»Die Nudeln sind gut«, fügte Christian hinzu.
Glück hörte das gern. Man merkte aber auch, dass er ein begabter Koch war. Wenn er Feuer mit Kamelmist machte, brannte es
sogleich hell; wenn er den Teig mit dem Wellholz bearbeitete, wurde er dünn wie Reispapier. Dabei war das Wellholz nur ein
runder Prügel, und das Messer, mit dem Glück die Nudeln schnitt, war ein gewöhnliches Messer; aber es war wie mit dem Lineal
geschnitten. Für Kenner machte das einen gewaltigen Unterschied.
Grünmantel achtete auf nichts dergleichen. Er aß die guten Nudeln hastig wie immer, legte die Essstäbchen weg und saß verdrießlich
da.
»Die Mongolei«, sagte Glück, »ist wie das Meer. Das Herz wird eng, wenn man nicht da ist, und das Herz sagt Freude über Freude,
sobald es das Grasland sieht und die Steine der Wüste.«
Christian und Großer-Tiger schauten verwundert, und Glück wurde verlegen, als hätte er etwas gesagt, was er lieber hätte für
sich behalten sollen.
»Du musst sagen: die ›roten Steine‹ der Wüste«, bemerkte Grünmantel anzüglich, und Glück wurde noch verlegener.
»Merkst du jetzt«, höhnte Grünmantel, »was für dummes Zeug du sprichst?«
»Kein dummes Zeug«, sagte Großer-Tiger mutig. »Herr Glück hat zwei sehr schöne Worte über das Grasland und über die Wüste
gesprochen.«
»Wie«, schrie Grünmantel, »du freches Stück Mensch drängst dich in meine Rede, die du nicht verstehst! Ich sollte dich nach
Gebühr bestrafen!«
»Tu das nicht«, warnte Glück gereizt.
»Ich sehe schon, mit wem du es hältst«, entgegnete Grünmantel und zog die Mundwinkel abwärts.
»Denke ein bisschen nach, vielleicht fällt dir ein, an welchem Stein du dem Kerl mit den Wasserfässern begegnet bist.«
Als
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