Großstadtvampire (German Edition)
nicht finden. Um sicher zu gehen legte er schnell seinen Kopf auf ihre Brust und lauschte. Da, ganz leicht, vernahm er einen schwachen Herzschlag. Viel Zeit blieb ihr nicht mehr. Was sollte er tun? Was konnte er tun? Johannes richtete sich auf und blickte verzweifelt gen Himmel. Es war die einzige Möglichkeit, sie zu retten. Aber er wusste auch, dass es verboten war. Sehr verboten sogar! Er schien mit sich zu ringen. Doch dann fasste er einen Entschluss.
"Halt noch einen Moment durch!", flüsterte er Caroline zu und krempelte hektisch seinen linken Ärmel nach oben.
Da blendete ihn auf einmal der Lichtstrahl einer Taschenlampe.
"Da ist er!" Es war Grischa, der sich an der Mauerkante hochgezogen hatte und zu Johannes hinüberblickte. Doch dann verlor er den Halt. Er fiel wieder rückwärts von der Mauer herab und das Licht der Taschenlampe erlosch. Johannes konnte hinter der Mauer Schritte und die wütenden Stimmen von Yevgeni und seinen Schlägern hören. Er musste sich beeilen. Er brauchte etwas Spitzes oder Scharfes. Hektisch tastete er den Boden in seiner Nähe ab. Ein Biss alleine würde nicht ausreichen. Da ertastete er plötzlich eine kleine Glasscherbe. Das war der Vorteil einer dreckigen und vermüllten Stadt wie Berlin, dachte er kurz und untersuchte die grüne Glasscherbe. Sie stammte vermutlich von einer Bierflasche und war nicht besonders groß. Aber es sollte ausreichen. Ohne zu Zögern setzte Johannes die Scherbe an seinen Unterarm und ritzte damit entlang seiner Arterie. Es musste ein langer tiefer Schnitt werden, sonst würde nicht genug Blut herauskommen.
"Halt durch, Caroline. Halt bitte durch", flüsterte er atemlos und hoffte dabei, dass die Zeit noch ausreichen würde. Er hielt seinen Unterarm über ihren halb geöffneten Mund. Nur langsam rann das dunkle und zähflüssige Vampirblut aus Johannes' Wunde und es schien Ewigkeiten zu dauern, bis es endlich in Carolines Mund tropfte. "Schlucken! Du musst schlucken!"
Erneut wurde Johannes vom Strahl der Taschenlampe getroffen.
"Du Schwein! Was machst du da?" Diesmal war es Yevgeni, der auf der Mauer saß. Vladimir war gerade dabei, sich ebenfalls an der Mauer hochzuziehen.
Johannes wendete sich wieder Caroline zu. "Caroline?! Hörst Du mich?", redete Johannes auf sie ein. "Schlucken! Du musst schlucken!" Er hatte Caroline an den Schultern gepackt und schüttelte sie kräftig. Sie rührte sich nicht. Leblos hing sie in seinen Armen. Johannes blickte sie verzweifelt an. Doch da schien sich plötzlich etwas in ihr aufzubäumen. Die Augenlider flackerten und sie machte eine Schluckbewegung.
"Ja! Richtig so!", rief Johannes enthusiastisch. Er hatte seinen Unterarm bereits wieder über Carolines Mund platziert und ließ einen weiteren Tropfen aus der Wunde in ihren Mund fallen. Wieder schluckte Caroline.
Auf einmal ging ein Zittern durch ihren Körper und sie wurde von heftigen Krämpfen durchgeschüttelt. Ein sirenenartiges Stöhnen, langgezogen und wimmernd, kam aus ihrer Kehle und ihre Arme wirbelten unkontrolliert durch die Luft. All dies hielt nur ein paar wenige Sekunden an. So plötzlich es aufgetreten war, so plötzlich verschwand das erschreckende Beben in Carolines Körper wieder. Ihr Gesichtsausdruck erschlaffte endgültig, die Arme fielen schlagartig zurück und ihre Augen drehten sich nach hinten und sie sackte wie tot zu Boden.
"Du Schwein! Wir kriegen dich!" Yevgeni und seine Männer hatten es über die Mauer geschafft und stürmten auf Johannes zu. Johannes sprang auf und rannte, so schnell er konnte, Richtung Tordurchfahrt. Die Russen sprangen achtlos über Carolines Leiche und hasteten ihm hinterher. Als Johannes an der Tür ankam, drückte er die Klinke herunter und knallte mit der Nase voran gegen das alte Holz. Abgeschlossen!
"Verdammt!", fluchte Johannes, doch es half keine Schütteln und kein Rütteln, die Tür öffnete sich nicht. Yevgeni und seine Schläger hatten Johannes fast eingeholt. Johannes wollte gerade seine Vampirkräfte einsetzen, um die Tür aufzubrechen.
Da flammte plötzlich ein über der Tür angebrachter Halogenstrahler auf und tauchte den ganzen Hinterhof in gleißendes Licht. Überrascht blieben die Russen stehen und hielten sich schützend die Arme vor ihre Augen.
"Was zum Teufel!", entfuhr es Yevgeni. In der Ferne hörte man plötzlich die Sirene eines Polizeifahrzeuges näherkommen. "Nichts wie weg!", wies er noch seine Leute an, bevor er sich umdrehte und zur Mauer zurücklief. Die beiden
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